Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
1. Bilaterale Verhandlungen
1.3. Die Verhandlungen mit Italien
1.3.1. Die Handelsverträge
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 232
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E13#1000/38#268* | |
Old classification | CH-BAR E 13(-)1000/38 62 | |
Dossier title | Korrespondenz des Handels- und Landwirtschaftsdepartements, u.a. mit der Schweizer Gesandtschaft in Rom; Konferenzprotokolle; Anträge des HLD an den Bundesrat; Notizen; Verlängerung der temporären Handelskonvention vom 28.01.1879 durch Erklärung vom 30.06.1883 [AS, 7, 139]; Bundesratsbeschlüsse; Akten der Bundesversammlung und Bundesbeschluss (21.12.1883) betr. Genehmigung des Handelsvertrages (1881–1884) |
dodis.ch/42211
Wir sind gestern Nacht in Besitz Ihres chiffrirten Telegramms2 gekommen und erlaubten uns heute Morgen auf gleichem Wege unsere Antwort3 zuzusenden, indem wir Ihnen nach innerster Überzeugung unsere Ansicht über den Stand der Dinge betreffend unsere Unterhandlungen mit der italienischen Regierung klar zu machen suchten.
Wir haben von Anfang an die Hauptpunkte von den Nebenpunkten zu unterscheiden gesucht. Als Hauptpunkte mussten wir nach unserer Instruction4 ansehen:
1°. Ein Vertrag mit Conventional Tarif auf Grundlage der Reciprocitaet.
2°. Die Einräumung der gegenseitigen Meistbegünstigungs Clausel.
3°. Die Abweisung des von Italien verlangten Zoll-Cartels.
Als Nebenpunkte betrachteten wir die Tarifpositionen, mit Ausnahme einerseits der «Baumwolle» und anderseits des «Kaese» für welche Producte wir theils Concessionen auf dem Generaltarif, theils den Vortheil des Conventionaltarifs zu verlangen trachten müssen.
Wir glauben nun, dass trotz den trüben Aussichten, welche sich auf das Schreiben der ital. Regierung vom 35. August 18826 und die anfänglich gestellten Bedingungen der ital. Minister stützten, wir mit grossen Anstrengungen die sämmtlichen drei Hauptpunkte glauben erlangt zu haben. Des fernem scheint es uns, dass die von Italien im projectirten Conventional Tarif uns bewilligten Concessionen sich neben denjenigen, welche wir Italien zugestehen müssen, ganz gut sehen lassen dürfen. Man eröffnet damit einigen unserer Industrien die Aussicht auf einen loyalen und möglicherweise bedeutenden Verkehr mit Italien, während abgesehen von fiscalischen Gründen wir uns durch die gemachten Concessionen einige Lebensmittel billig zuführen können.
Wenn unsere Anschauung richtig ist, so glauben wir, was die Hauptpunkte anbelangt uns auf dem gewünschten Boden zu befinden und mit Ausnahme von Baumwolle ein unter jetzigen Umständen befriedigendes Resultat erlangt zu haben; wir müssten desshalb bedauren, wenn wegen einiger Nebenpunkte die ganze mühevolle Arbeit nochmals zu beginnen wäre ohne jegliche Aussicht auf Besserung unserer Lage. Wir haben in unserm Telegramm hervorgehoben, wie durch die Presse und durch Petitionen und Deputationen die Minister beeinflusst werden und dadurch die Geneigtheit neue Verträge abzuschliessen täglich kleiner wird. Unsere Ohmgelder sind den Leuten ein Dorn im Auge und die Frage des Cartels kann wieder auftauchen.
Wenn wir nun kurz auf die in Ihrem Telegramm erwähnten Punkte eintreten, so wollen wir vorerst bemerken dass was «Kaese» anbelangt wir das Binden dieser Position in unserm Vertrag selbst zu f 8.– als selbstverständlich ansehen, da erstens der oestr. Vertrag schon per Ende 1887 abläuft, und zweitens diese Position nur in diesem einten Vertrag gebunden ist. Wir haben übrigens die wenigen Positionen, welche für uns von Wichtigkeit sind und nicht gleichzeitig im oestr. und franz. Vertrage gebunden sind, vorgemerkt, um zu verlangen, dass sie unserm Conventionaltarif einverleibt werden.
Mit Ihrem Telegramm verlangen Sie nun
1°. Insistez encore pour réduction sur coton:
Wir haben früher Gesagtem noch beizufügen, dass wir unterm 26l. Februar an Minister Mancini ein Memorial abgegeben haben, wovon wir Ihnen beiliegend eine Copie7 zuzustellen die Ehre haben. Ein grosser Theil der Schuld an dem Misslingen unserer Bemühungen Concessionen für die Baumwolle-Artikel zu erhalten, liegt erstens in dem Mangel von zu leistenden Gegen-Concessionen unsererseits und zweitens in dem verhältnissmässig unbedeutenden Import der Schweiz gegenüber ändern Staaten, besonders England. Selbstverständlich würden sämmtliche der Schweiz gemachten Concessionen auch den ändern Vertrags-Staaten zu gut kommen und dadurch die Zollintrade Italiens ohne jegliche Gegenconcession bedeutend geschädigt werden.
Folgendes ist die genaue Aufstellung des Importes in Baumwolle. (Die Statistik für 1882 erscheint erst im Juny).
Filati 1880 total Import 57583 qm. von der Schweiz 4502 qm.
Filati 1881 total Import 112336 qm. von der Schweiz 6257 qm.
Tessuti 1880 total Import 89751 qm. von der Schweiz 8223 qm.
Tessuti 1881 total Import 131480 qm. von der Schweiz 9921 qm.
Würde man also auf den Filati eine Reduction von f 2.– erhalten, so hätte die Schweiz 1881 allerdings f 12,514.– an Zöllen erspart; die Zollintrade Italiens wäre aber um f 224,672.– kleiner gewesen. Erhielten wir bei den Tessuti die energisch verlangte Abänderung des Classement bezüglich der Erhöhung der Fadenzahl von 27 auf 35, was ungefähr einer Zolldifferenz von f 2.– entsprechen würde, so gewönne wiederum die Schweiz f 19,842.–, dagegen hätte die Zollintrade Italiens f 262,960.– weniger auszuweisen.
Zusammengezogen würde also der Gewinn der Schweiz von f 32,356.– Italien f 487,632.– gekostet haben. Da die ändern Länder diese Concession gratis erhalten, so frägt es sich welche Concessionen wir zu bieten haben, um Italien einigermassen zu befriedigen.
2°. Demandez que taxe sur emballage filés soit fixée à 18 et 5 %
Wir hatten in dieser Beziehung nichts versäumt und das Begehren mündlich und schriftlich gestellt, gestützt auf den Bericht von Zürich Seite 178; aber ablehnenden Bescheid erhalten.
Bei der ersten Gelegenheit werden wir dieses berechtigte Begehren wiederholen.
3°. Dans tous les cas insistez pour que droits sur broderies, tulles, mousselines, bonneterie, coton et fromages soient liés aux taux actuels.
Auch hier gilt die gleiche Bemerkung wie vorstehend und werden wir gerne nochmals darauf zurückkommen. Dagegen herrscht auch hiebei in der Schweiz einige Übertreibung bezüglich des Importes dieser Artikel nach Italien.
Der Import der Stickerei betrug im Jahr 1880 total qm 419, von der Schweiz qm 71 – im Jahr 1881 total qm 666, von der Schweiz qm 90 –
für tulle, gaze & mousseline erzeigt die Statistik folgende Importe
1880 total qm 651 von der Schweiz qm 39.–
1881 total qm 861 von der Schweiz qm 40.–
4°. Demandez également forte réduction sur lait condensé avec sucre et chocolat.
Es ist dies geschehen, jedoch ohne Erfolg, da Italien betreffend Zucker strenge Vorschriften hat und davon alle Artikel berührt werden, welche Zucker enthalten. Deshalb hat sich auch Italien gegenüber Frankreich und Ostreich freie Hand behalten und kann sich auch mit der Schweiz nicht binden.
Der Absatz von lait condensé avec sucre wäre jedenfalls höchst unbedeutend, dagegen ist Chocolade wichtiger und wenn es möglich gewesen wäre Concessionen zu erhalten, so hätten wir nicht verfehlt hier darauf zu dringen.
Im Übrigen ist Ihnen nicht unbekannt, dass beantragt ist den Zoll von Chocolade von f 8 5. – auf f 100..– zu erhöhen, und zwar weil auch Cacao erhöht werden soll. Aussicht auf eine Reduction ist in keiner Weise vorhanden.
5°. Demandez que dénomination au tarif des tuyaux à gaz parmi ouvrages fonte polis.
Es ist auch dies geschehen und nicht abweisend beantwortet worden, und ist dies ein zurückgestellter Punkt.
Sie ersehen also aus Vorstehendem, dass sämmtliche Begehren entweder unmöglich zu erhalten sind – es sei denn, dass man ernstlich die Frage des Cartels in ausgedehnter Weise in Überlegung ziehen wolle – oder, dass dieselben nicht von derjenigen Bedeutung sind, welche ein Scheitern der Vertragsunterhandlungen rechtfertigen dürften.
6°. Quant à durée traité acceptons art. 18 franco-italien, mais avec modification six mois avertissement au lieu douze.
Wir werden nicht ermangeln dieser Instruction nachzukommen, und über den Erfolg zu berichten.
7°. Si ces propositions sont acceptées vous pouvez offrir à l’Entrée en Suisse Oranges et Citrons f 5.– fruits du midi autres f 10.– riz en grains perlés f 1.– Pâtes d’Italie f 7.– Vous tiendrez ferme à ces taux nécessaires pour équilibre financier.
Es ist unbedingt dieser Gegenstand, welcher uns am meisten überrascht hat.
[...]9
Nach unserer Überzeugung müssen wir die Idee eines Convent/zona/1 Tarifs mit gegenseitigen Concessionen aufgeben, wenn der hohe Bundesrath an diesem Theil der Instructionen festhält.10
- 1
- Bericht: E 13 (B)/213.↩
- 2
- Nicht abgedruckt.↩
- 3
- Nicht abgedruckt.↩
- 4
- Vgl. Nr. 228, sowie die Anträge von Drozan den Bundesrat vom 6.11.1882 und ll. 1.1883 (E 13 (B)/213) und die Bundesratsprotokolle vom 23. und 28. 2.1883 (E 1004 1/132, Nrn. 940 und 1043).↩
- 5
- Dieser Bericht existiert doppelt (No 3 und No 6). Hier wird die Fassung idem rectifié abgedruckt, welche Geigy seinem Schreiben an den Bundesrat vom 3. 3.1883 beilegte (E 13 (B)/ 213).↩
- 6
- Nicht ab gedruckt.↩
- 7
- Nicht abgedruckt.↩
- 8
- Gutachten der vom Regierungsrathe des Kantons Zürich bestellten Expertenkommission für die Revision des Handelsvertrages mit Italien. Januar 1882 (E 13 (B)/214).↩
- 9
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/42211. Pour le tableau, cf. dodis.ch/42211. For the table, cf. dodis.ch/42211. Per la tabella, cf. dodis.ch/42211.↩
- 10
- Der Bundesrat antwortete mit Telegramm vom 1. 3.1883: Nous ne pouvons modifier nos instructions. Les concession offertes par Ellena sont loin de valoir celles demandées entrée Suisse. Vous savez que concessions sur cartel et ohmgeld sont impossibles. Tenez ferme à nos instructions et référez sans rompre négociations (E 13 (B)/213).↩
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