Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.3. AUTRICHE-HONGRIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 109
volume linkBern 1985
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| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
| Archival classification | CH-BAR#E1007#1995/533#76* | |
| Dossier title | Juli - September 1867 (Nr. 2800-4141) (1867–1867) | |
| File reference archive | 7.1.1 |
dodis.ch/41642
Ihrem Schreiben vom 2. dss.2 entnehmen wir, dass in Folge einer Interpellation im Reichsrathe die Unterhandlungen mit der Schweiz, England und dem Zollverein über einen Handelsvertrag eine unerwünschte Unterbrechung erlitten haben.
Mit Schreiben vom 3. u. 7.3 dss. sodann erstatten Sie unserm Handels- und Zolldepartement einlässlichen Bericht über die am 2. Juli mit den österreichischen Bevollmächtigten gepflogenen Vorbesprechungen, in Folge deren Sie verschiedene weitere Auskünfte und Instruktionen zu verlangen im Falle gewesen sind.
Wir haben die Ehre, Ihnen nach den von Ihnen angedeuteten Richtungen folgende Erwiderung zugehen zu lassen.
In formeller Beziehung müssen wir Sie zunächst einladen, Ihre Korrespondenzen und Anträge nicht zu trennen, sondern sie alle an den Bundesrath zu richten, da ja jedenfalls von hier aus die weitern Instruktionen ertheilt werden müssen.
Ferner wünschen wir, dass über die Konferenzen mit den österreichischen Bevollmächtigten ein gutes und klares Protokoll geführt und dass dasselbe mit den darauf sich beziehenden Aktenstüken möglichst rasch hieher geleitet werde.
Wir wissen nicht, in welchem Umfange und mit welcher Einlässlichkeit diese Unterhandlungen gepflogen werden. Wir vermögen daher auch nicht zu beurtheilen, ob die vorhandenen Kräfte unserm Wunsche entsprechen, oder ob Sie, um uns zu genügen, noch etwa einer besondern Aushilfe bedürfen. Sollte lezteres der Fall sein, sollten Sie noch Jemandes bedürfen, der Ihnen, sei es bei Abfassung oder bei Ausarbeitung dieser Protokolle an die Hand ginge, so wären wir bereit, Ihnen dafür eine angemessene Entschädigung zu bewilligen, indem es uns wesentlich darauf ankommt, von den Verhandlungen ein klares und treues Abbild zu gewinnen.
Was nun die Sache selbst betrifft, so bemerken wir zunächst, dass der Handelsvertrag mit dem Zollvereine, wie er gedrukt vorliegt, zwar von allen Abgeordneten unterzeichnet und paraphirt, jedoch noch nicht von den betreffenden Staatsregierungen ratifizirt worden ist.
Das geschäftsleitende königlich württembergische Ministerium bemerkte nämlich seiner Zeit, dass bei Preussen, Sachsen u. Hessen über einige Tarifansäze Bedenken entstanden wären, welche nun zum Gegenstände von Verhandlungen zwischen den Zollvereinsstaaten geworden seien. Inzwischen aber einigte man sich dahin, dass die Schweiz, wie die am meisten begünstigte Nation behandelt, d.h. dass ihr diejenigen Zollansäze gewährt werden sollten, welche mit Frankreich vereinbart worden sind.
Dieses Verfahren ist seit dem 1. Juli 1865 in voller Ausführung und hat unsern provisorischen Zolltarif gleichen Datums zur Folge gehabt, der vom allgemeinen Tarife vom 27. August 1851 vielfach abweicht. Dieser allgemeine Tarif ist, da zwischen der Schweiz und Italien ähnliche Begünstigungen wie mit d. Zollverein bestehen, von allen Grenzstaaten nur noch Österreich gegenüber in Kraft, dem wir zwar schon damals die gegenseitige Gleichstellung mit den am meisten begünstigten Nationen angeboten haben, ohne jedoch zum Ziele zu gelangen.
Ein Verzeichniss dieser Differenzialzölle befindet sich bereits in Ihren Händen. Sie werden nicht ermangeln, davon gegenüber den K.K. Bevollmächtigten angemessenen Gebrauch zu machen.
Auf welche Bedenken unser Handelsvertrag mit dem Zollverein gestossen sei, ist uns nie in ganz bestimmter Weise eröffnet worden. Wir glauben nur annehmen zu dürfen, dass die Ermässigung des Zolles auf Absynth Anstoss erregt habe, weil man besorgen mochte, dass die Ermässigung Frankreich bestimmen dürfte, auf weitere Zollermässigungen für geistige Getränke im Allgemeinen hinzuarbeiten.
Natürlich war das Jahr 1866 nicht geeignet, die Verhandlungen mit dem Zollvereine wieder aufzunehmen und noch in lezter Zeit wurde unserm Gesandten in Berlin eröffnet4, dass vorerst der deutsche Zollverein wieder neu gestaltet sein müsse, bevor mit der Schweiz neuerdings verhandelt werden könne.
Diess ist der Stand, in welchem sich unsere Unterhandlungen mit dem Zollvereine befinden, wobei wir nur noch bemerken, dass in der Zwischenzeit die Weinbau treibenden Kantone mit aller Entschiedenheit darauf gedrungen haben, dass auf eine erhebliche Herabsezung der deutschen Eingangszölle auf Schweizerweine hingewirkt werde, widrigenfalls sie veranlasst wären, gegen den Vertrag sich in Opposition zu sezen.
Anderseits, und was den Vertrag mit Österreich betrifft, so verlangen die Gränzbewohner, namentlich Landwirthe und Weinbauer, möglichst grosse Erleichterungen im Gränzverkehr.
In dieser Beziehung wollen wir nicht unterlassen, Sie anzufragen, ob es Ihnen vielleicht angenehm und förderlich sein könnte, wenn Ihnen unter dem Namen von Experten einer oder zwei mit den Gränzverhältnissen vertraute Landwirthe beigegeben würden, welche diese speziellen Verhältnisse bei den Unterhandlungen näher entwikeln und verfechten könnten. Erachten Sie eine solche Unterstüzung als erspriesslich, so belieben Sie uns davon in Kenntniss zu sezen.
Indem wir auf die einzelnen Abänderungen des projektirten Vertrages eingehen, so wollen wir nicht verhehlen, dass wir hinsichtlich des ersten Artikels im neuen Vertrage die Vereinbarung, wie Sie solche in Ihrem Schreiben vom 3. Juli mittheilen, allerdings vorgezogen hätten. Der Zusaz I, den Sie im Einverständnisse mit den österreichischen Abgeordneten in den ersten Artikel aufgenommen, lautet nämlich:
«In Bezug auf die Durchfuhr sichern sich die vertragenden Theile in jeder Beziehung die Behandlung der am meisten begünstigten Nationen zu.»
Wir sind nun allerdings bereit, auf die Erhebung von Durchfuhrgebühren zu verzichten, aber nur insofern, als der Vertrag mit dem Zollverein, welcher im Art. 4 diese Verzichtleistung gleichfalls enthält, wirklich in Kraft tritt. Würde hinwieder diese Befreiung im österreichischen Vertrage unbedingt zugesichert, so liesse sich der Fall denken, dass ausnahmsweise nur für Österreich eine Befreiung von Transitgebühren eintreten würde, so dass wir dem österreichischen Vertrage erst nach Abschluss des Vertrages mit dem Zollverein die Ratifikation ertheilen könnten.
Die Aufschlüsse über die dem Zusaze I beigefügten Vorschriften an. b erachten wir für befriedigend, dagegen wäre der Zusaz II – Verzichtleistung auf Ursprungsscheine – sehr erwünscht.
Ihre Anfrage, ob bei den im Artikel I der Anlage A zum Art. 2. Absaz 2. des Vertrages mit dem Zollverein bezeichneten Artikeln 1–7 die gegenseitige Zollfreiheit auch auf den Ausfuhrzoll auszudehnen sei, können wir nur bejahend beantworten, wie diess übrigens aus dem schon Gesagten sich ergeben dürfte.
Die Abtheilung II a und b bezieht sich nur auf die Ermässigungen in den Eingangszöllen, die erst nach Ratifikation des Vertrages in Kraft treten werden und in den vorliegenden Unterhandlungen mit Österreich nicht besonders erwähnt zu werden brauchen, weil bereits der Mitgenuss desjenigen, was die am meisten begünstigten Nationen anzusprechen haben, gegenseitig zugesichert ist.
In Betreff der Anlage A I so wünschen die österreichischen Bevollmächtigten die Aufnahme dieser ziemlich weitschweifigen Liste in dem Vertrag zu vermeiden, weil nicht nur die Mehrzahl dieser Gegenstände, sondern überdiess noch viele andere in Österreich bereits Zollfreiheit geniessen.
Hierauf ist den österreichischen HH. Abgeordneten zu erwidern, dass man hierseits mit der Weglassung eines Verzeichnisses der Waaren, die gegenseitig zollfrei eingeführt werden können, einverstanden sei und man überhaupt eine Vereinbarung über eine für beide Staaten gemeinsame Liste zollfreier Waaren nicht für möglich erachte.
Durch den allgemeinen Grundsaz der gegenseitigen Gleichstellung mit den meist begünstigten Staten anerbiete die Schweiz den günstigsten Zolltarif in seiner Gesammtheit mit Inbegriff des Verzeichnisses der gänzlich befreiten Waaren; sie glaube dagegen auch die von Österreich angebotenen Begünstigungen mit vollem Rechte in Anspruch nehmen zu können.
Zur Unterstüzung dieser Anschauung wollen Sie geltend machen, dass es uns unmöglich falle, die hierseitige Zollbefreiung über noch weitere Artikel auszudehnen, nachdem wir bereits beim Abschlüsse mit dem Zollverein das nur irgend Mögliche zugestanden haben und bereit sind, das Nämliche auch Österreich zu gewähren.
Bekanntermassen sind die schweizerischen Zölle keine Schuzzölle, sie bilden vielmehr einen einfachen Ersaz für diejenigen Gebühren, welche ehemals unter den Namen von Zöllen, Weg- und Brükengeldern u.s.w. von den Kantonen erhoben worden sind, mit ändern Worten: unsere Zölle sind blosse Fiskalabgaben.
Desswegen müssen wir, wenn auch allgemein zu den niedrigsten Ansäzen, Alles besteuern und die im Vertrage mit dem Zollvereine eingegangenen und nun auch Österreich angebotenen Zollbefreiungen bei der Ein- und Ausfuhr müssen als Ersaz des gegenseitig Errungenen betrachtet werden, was vorzüglich den Gränzbewohnern zu gute kommen wird.
Die Bedenken, welche über einige, in unserer Anlage A I enthaltene Benennungen aufgetaucht sind, können leicht widerlegt werden und dürften die österreichischen Bevollmächtigten sofort beruhigen. So ist es selbstverständlich, dass von den Weintrauben nur die essbaren Zollfreiheit gemessen wie auch bei den Beeren und beim frischen Obste.
Bei den Erden und mineralischen Stoffen schliesst der Vorbehalt der Tarifansäze jeden Missbrauch aus.
Beim Ansaze «edle Metalle» findet ein Bedenken statt, weil nach dem österreichischen Tarife Platina mit einer Einfuhrtaxe von 80 xr. für Sporco-Zentner belegt sei.
Dieser Artikel wird nie von der Schweiz nach den österr. Staaten, namentlich nie zentnerweise ausgeführt werden. Es wäre demnach hier der österr. Reklamation nachzugeben, sofern darauf beharrt wird.
Bei den Abfällen von der Eisenfabrikation ist deutlich gesagt, dass nur Hammerschlag und Eisenspäne darunter begriffen seien.
Die Befürchtung, dass auch Brucheisen zollfrei zugelassen werden müsse, fällt um so mehr dahin, weil dieses auch im schweizerischen Tarife in der Klasse zu 30 Rappen vom Zentner aufgeführt ist, somit eine gegenseitige Zollbefreiung gar nicht begehrt werden kann.
Wenn bei den Abfällen der Salzsiederei und der Seifensiederei wegen ihrer Analogie mit Salzen und Kalis darauf beharrt wird, sie aus dieser Liste zu entfernen, so nehmen wir keinen Anstand, beizustimmen.
Bei der Weinhefe ist die künstliche in unserm Verzeichnisse gar nicht genannt; es mag daher dieselbe, wenn es so beliebt, im Texte ausgenommen werden.
In Betreff der Ausstattungsgegenstände bei Verheirathungen, so ist ihre zollfreie Ein- oder Ausfuhr an eine erst einzuholende Erlaubniss gebunden. Es steht somit jedem Theile frei, diesen oder jenen Artikel auszunehmen; jedenfalls hat es nie hierseits in der Absicht gelegen, Verzehrungsgegenstände wie Vieh u. dgl. als Ausstattungsgegenstände gelten zu lassen, wesshalb auch unsere Liste bestimmt von Effekten spricht.
Nach dieser Erörterung sollte, wie uns scheinen will, Österreich kein Bedenken tragen, den Wortlaut der Anlage A I 1 bis 7 unverändert aufzunehmen.
Noch bleibt uns übrig darzulegen, warum man sich schweizerischerseits nicht zur einfachen Annahme der im österr. Tarife zollfrei erklärten Artikel herbeilassen kann.
Hier fallen in Betracht:
1. Die Bierhefe, die in unserm Tarife dem Bier gleichgestellt ist und einem Eingangszoll von 75 cent. pr. Sporco Zentner unterliegt.
2. Die Lumpen zur Papierfabrikation, die mit 60 Rppn. pr. Zugthierlast (15 Zentner) belegt sind.
3. Dünger u. andere Düngmittel. Bei uns sind die auf chemischem Wege zubereiteten ausgenommen, weil nach dem gesezlichen Tarife alle im Tarif nicht genannten chemischen Produkte dem allgemeinen Zollansaze von frk. 3,5 für den Zentner unterliegen und eine Ausnahme für solche chemische Düngmittel einen bedeutenden Ausfall herbeiführen würden.
4. Der gebrannte Kalk ist bei uns mit 60 Rappen pr. Zugthierlast belegt.
5. Die in der Schlussbemerkung des H. Ritter Peter aufgeführten, in Österreich zollpflichtigen Gegenstände, wie Schiefertafeln u. dgl. sind ebenfalls im schweizerischen Zolltarife taxirt und es fällt daher die Vermuthung dahin, als werden dieselben zu den zollfreien Steinen und Erden gerechnet.
Bei den allgemein niedern Ansäzen unseres Tarifes und im Hinblike auf unsern ohnehin bescheidenen Staatshaushalt ist es uns nicht möglich, die Zollansäze weiter zu ermässigen, als es gegenüber Frankreich, dem Zollverein und Italien auch geschehen ist.
Diese Staaten können allerdings eine grössere Anzahl von Rohprodukten frei geben, weil sie in ihren Zollansäzen auf den übrigen Waarenartikeln reichlichen Ersaz finden können. Wir hingegen dürfen die Rohstoffe nicht zollfrei eingehen lassen aus dem Grunde, weil wir die Fabrikate nie mit so hohen Zöllen belasten dürfen, um den daherigen Ausfall deken zu können.
In der Verordnung vom 1. Januar 1867, welche Sie uns ebenfalls einbegleiteten, sind eine Reihe von Artikeln aufgeführt, auf denen ausschliesslich für die Einfuhr über die österr. zollvereinsbündische Gränze wesentliche Zollermässigungen gegenüber den Einfuhren aus ändern Staaten zugesagt sind.
Hier vermögen wir nicht einzusehen, warum die beiden Gränzgebiete Schweiz und Zollverein in Österreich nicht die gleiche Behandlung geniessen sollen, während die Schweiz diessfalls nicht den mindesten Unterschied macht und alle Staaten völlig gleich behandeln will.
Wir erneuern daher die frühere Instruktion, mit allem Nachdruk dahin zu wirken, dass die Schweiz mit den meist begünstigten Nationen vollkommen gleich gestellt und dass sie namentlich, was den Einfuhrtarif betrifft, dem Zollvereine gleichgehalten werde. Ganz besonders wird Ihnen die Reduktion des Eingangszolles auf Wein, Vieh u. dgl. neuerdings bestimmt empfohlen.
Wäre eine Zollermässigung für alle Schweizerweine durchaus unmöglich, so sollte doch wenigstens eine solche für die sog. Bodenseeweine als Grenzverkehrserleichterung um so mehr bewilliget werden, weil der jezige, scheinbar niedere Ansaz von 5 Gulden pr. Zentner durch verschiedene andere Gebühren bedeutend erhöht wird, wie diess in der Zuschrift der Regierung von St. Gallen vom 23. Februar 18675 näher angegeben ist.
Was die zweite Abtheilung der genannten Verordnung betrifft, so haben wir lediglich daran zu erinnern, dass es bei der jezigen allgemeinen Gleichstellung der Staaten kaum mehr einen Zwek haben kann, den Ursprung der Waaren nicht nur anzugeben, sondern auf Verlangen auch nachzuweisen.
Sie werden desshalb die österr. Bevollmächtigten von der Nuzlosigkeit dieser überaus lästigen und fast durchwegs abgeschafften Formalität zu überzeugen suchen und trachten, den von Ihnen entworfenen Zusaz II zum Artikel I zur Geltung zu bringen.
Darf auch angenommen werden, dass solche Ausweise nur noch selten von den österr. Mauthen werden abverlangt werden, so ist doch immerhin die Möglichkeit vorhanden und es muss der Geschäftsmann, wenn er nicht Hemmungen, Verspätungen oder grosse Unkosten gefahren will, sich diese Zeugnisse zum Voraus verschaffen und sie mit der Waare reisen lassen.
Sobald die Zölle für alle Nationen gleich sind, so haben die Ursprungszeugnisse höchstens noch einen statistischen Werth, wofür der begleitende Frachtbrief genügen kann.
In zweiter Linie laden wir Sie daher ein, darauf zu wirken, dass der Vorweis des Frachtbriefes gleichzeitig als Zeugniss für den Ursprung der Waare gelten könne.
Endlich erklären wir Ihre Erläuterungen über die Abfassung der Deklarationen für die transitirenden Baumwollenwaaren als befriedigend u. es scheint das kaufmännische Direktorium von St. Gallen sich diessfalls wirklich in einem Irrthum befunden zu haben.


