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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 1, doc. 350
volume linkBern 1990
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2#1000/44#1129* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2(-)1000/44 166 | |
Titolo dossier | Schweizerregimenter in neapolitanischen Diensten (1859–1860) | |
Riferimento archivio | D.522 |
dodis.ch/41349 L’Envoyé extraordinaire de Suisse à Naples, C. Latour, au Président de la Confédération, J. Stämpfli1
[...]2
Auf den 2ten d. wurde mir endlich die nachgesuchte Unterredung mit dem Minister des Äusseren bewilligt und um 2 Uhr Nachmittags empfing mich Hr. Carafa mit neapolitanischer Geschmeidigkeit.
Wie ich ihm ein Begehren nach dem ändern stellte, war ich nicht wenig erstaunt, seinerseits ein Entgegenkommen zu finden, wie ich es mir nicht hätte träumen dürfen. Bei jedem ändern als einem neapolitanischen Minister hätte ich annehmen müssen, es sei nun meine Mission bis zu einem Punkte geglükt. Hier zu Land darf man aber einem Minister ebensowenig trauen wie dem lezten Lazzaroni.
Das erste Begehren bezüglich Wegschaffung der schweizerischen Embleme von den Fahnen fand der Herr Minister sehr wohl begründet. Er finde es vollkommen berechtigt, dass der hohe Bundesrath ein solches Verlangen stelle und zweifle keinen Augenblick daran, dass man diesem Verlangen gerecht werden werde.
Bezüglich der Benennung Schweizerregimenter, so fand er auch das Begehren, dass diese Benennung fürderhin wegfalle, ganz wohl begründet. Nur finde er es überflüssig, diese zu stellen, da in der That die Regimenter gar nicht mehr so genannt werden. Zum Glück hatte ich gegen diese Behauptung ein sprechendes Beispiel im Sack, nämlich eine neueste Nummer des amtlichen «Giornale del Regno delle Due-Sicilie», worin in einem königlichen Dekret ein Major zum Oberstlieutenant «nel 4° Reggimento Svizzeri» befördert wurde. Der Herr Minister wollte mir nun vordemonstriren, dass «Reggimento Svizzeri» nicht Schweizerregiment heisse, sondern ein Regiment von Schweizern, d. h. bestehend aus Schweizern, was nur der Wahrheit gemäss sei. Ich erwiederte, dass solche subtile Ausscheidungen beim Publikum nicht gemacht werden, und möge man nun ein Regiment Svizzero oder Svizzeri nennen, so verstehe man doch im allgemeinen ein Schweizerregiment darunter, und müsse meine Regierung darauf bestehen, dass der Schweizername weder in dieser noch jener Form gebraucht werde. Schliesslich fand ich auch hierin Recht und bereitwilliges Entgegenkommen. Nicht minder zuvorkommend wurde mein drittes Begehren wegen Einsicht der Untersuchungsacten und Amnestiebegehren aufgenommen, wobei nur auf den Umstand hingewiesen wurde, dass die Regimenter eine eigene Jurisdiction haben, in welche sich niemand mischen dürfe. Hierin hat der Herr Minister insofern Recht, als die Regimenter in dieser Hinsicht ganz unabhängig sind und selbst der König sich nicht dazwischen mischen darf. Sobald nämlich die Untersuchungsakten geschlossen sind, so versammelt sich das Kriegsgericht, welches aus dem Hauptmann-Grossrichter und lauter Lieutenants besteht. Dasselbe versammelt sich unter freiem Himmel und wird vom ganzen Regiment, welches ein Carré bildet, eingeschlossen, in der Mitte die Deliquenten. Zu gleicher Zeit versammelt sich das aus lauter Hauptleuten bestehende Obergericht in einem Gebäude daneben. Wenn nun das Kriegsgericht sein Urtheil gefällt hat, so wird dasselbe dem Obergericht überrreicht, welches die Strafe mildern oder ganz aufheben, aber nicht verschärfen darf. Sobald das Obergericht gesprochen hat, werden beide Urtheile verlesen und das des Obergerichts sofort vollzogen. Ist derart einer zum Tode verurteilt, so wird er sogleich vor der Front erschossen, ohne dass er das Recht hätte, beim König um Begnadigung einzukommen, oder Revision des Urtheils zu verlangen u. a. m. Dagegen bemerkte ich dem Minister, dass, wenn der König nicht das Recht habe, sich in die gerichtlichen Verhandlungen und in die Exekution zu mischen, so könne ihm doch niemand das Recht absprechen, eine Untersuchung zum vornherein niederzuschlagen und Gnade für Recht ergehen zu lassen. Im gegebenen Fall dürfte ein solches Verfahren um so mehr am Platze sein, als die schweizerischen Offiziere selbst gewiss nur wünschen müssen, von einer solchen massenhaften Urtheilsfällung befreit zu werden. Schliesslich bezeugte der Herr Minister mit den armen Unglücklichen ein rührendes Bedauern und sprach die Überzeugung aus, es werden wohl die meisten begnadigt werden. Beim 4. und 5. Begehren war er wieder lauter Güte und ganz entgegenkommend.3 Ins sechste und lezte aber wollte er nicht näher eintreten, indem er fand, dass man die Regimenter nicht entlassen könne, weil sie vertragsmässige Verpflichtungen eingegangen seien, auf deren gänzliche Erfüllung die Regierung das Recht zu dringen habe. Was die Verwendung der Regimenter betreffe, so könne man sich hierin die Hände nicht binden lassen. Übrigens bemerkte Hr. Carafa bei jedem Punkt mit grösster Bescheidenheit, dass hierin von ihm sehr wenig oder nichts abhänge, dass dieses Sachen seien, die das Kriegsministerium betreffe, dass er demselben diese Begehren vorlegen und, was von ihm abhänge, diese bis zum lezten Punkt bestens befürworten werde. Er werde dann vernehmen, ob der Kriegsminister, der zugleich Ministerpräsident sei (Filangieri), mit mir direct unterhandeln wolle oder durch seine Vermittlung. Ich bat ihn sehr dringend um möglichste Beschleunigung dieser Angelegenheit, was auch versprochen wurde. Nach beinahe l1 /2stündiger Unterredung wurde ich entlassen und erwies mir der Minister zwei Tage später die Ehre eines Besuches im Hôtel, wo er mich aber nicht antraf.
Bis zur Stunde habe ich keine weiteren Eröffnungen erhalten und warthe mit Ungeduld auf weitere Anzeigen. Inzwischen erhielt ich Besuch vom englischen Gesandten und besuchte den französischen, welche beide mich in der Vermuthung bestärkten, dass man es hier mit sehr verschmizten Leuten zu thun hat, auf deren Wort nicht viel zu bauen ist. Beide riethen mir an, beim Ministerpräsident Audienz zu verlangen, ohne die weitern Eröffnungen von Carafa abzuwarthen. Auch versicherten mich beide, bei demselben zu Gunsten meiner Begehren schon intervenirt zu haben.
Ich werde nun heute noch diese Audienz verlangen und gleich nach derselben meine Berichterstattung fortsetzen. Dieses Schreiben hoffe morgen mit einem französischen Dampfer zensurfrei absenden zu können, sonst muss ich es bis künftigen Dienstag zurückbehalten, da es nicht gerathen ist, mit der Landpost solche Schreiben zu versenden.
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