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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 25, doc. 93
volume linkZürich/Locarno/Genève 2014
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Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7110#1982/108#1522* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7110(-)1982/108 109 | |
Titolo dossier | Uhrenprobleme (1971–1971) | |
Riferimento archivio | 841.8 • Componente aggiuntiva: Argentinien |
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2200.60#1992/208#161* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2200.60(-)1992/208 18 | |
Titolo dossier | Renseignements et interventions douanières en Argentine: Horlogerie (1967–1972) | |
Riferimento archivio | 562.12 |
dodis.ch/35838 Der schweizerische Botschafter in Buenos Aires, M. Grossenbacher, an den Direktor der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements, P. R. Jolles1
Wie Sie bereits wissen, hat Unterstaatssekretär Girelli am 21. September meinen wirtschaftlichen Mitarbeiter2 zu sich gebeten, um ihm vom argentinischen Unbehagen betreffend schweizerische Einfuhrkontingentierung für argentinische Fleisch- und Weinexporte Kenntnis zu geben3. Es sei, so führte er aus, stossend, dass beispielsweise schweizerische Uhren in Argentinien völlig frei und ungehindert eingeführt werden könnten (er verwies in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das kürzlich von Präsident Lanusse unterzeichnete Dekret), während argentinische Fleischexporte nach der Schweiz durch das System der Kontingentierung und der allzu kurzen Fristen der Bewilligungen behindert würden; das gegenwärtig Argentinien eingeräumte Weinkontingent sei nach wie vor winzig und falle für Argentinien devisenmässig kaum ins Gewicht4.
Die Tatsache, dass Girelli sich an der offenkundigen Unlogik seiner Ausführungen im Moment einer argentinischen völligen Importsperre (nach vorangehenden Zollerhöhungen und selektiven Importverboten) nicht störte, weist darauf hin, dass die argentinischen Behörden in Sachen Aussenhandel gegenwärtig den Kopf völlig verloren haben und, wie Ertrinkende, ziemlich wahllos mit Händen und Füssen um sich schlagen. Unverkennbar ist, dass dabei das schlechte Beispiel der USA zusätzlich mitwirkt. (Aus solchen zunächst kleinen, isolierten und teilweise indirekten Reaktionen auf die amerikanischen Massnahmen könnte sich mit der Zeit dennoch eine Kettenreaktion und damit der allseits gefürchtete Handelskrieg auf weltweiter Basis ergeben).
Abgesehen von der soeben erwähnten Unlogik der argentinischen Klage lassen sich bekanntlich unzählige Einwände gegen sie vorbringen: die schweizerischen Kontingente haben in der Praxis nie argentinische Exporte behindert; wenn die argentinischen Exporte an Fleisch und Getreide zurückgingen, dann ausschliesslich, weil Argentinien nicht genügend liefern konnte; die argentinischen Exportbestrebungen lassen vielfach den rechten Eifer vermissen (Expovina5); die Kontrakterfüllung ist oft mangelhaft; das System der Vorauszahlung der Exporte lässt sich gegenüber einem vom Käufer beherrschten Markt wie der Schweiz nicht rechtfertigen etc., etc. Mein Mitarbeiter hat Girelli gegenüber einige dieser Einwände erwähnt, aber nur solche unpolemischer Natur. Es war offensichtlich, dass es Girelli nicht um eine Diskussion ging, sondern um die unilaterale Vorbringung eines argentinischen Gesichtspunktes, und dass er sich nicht in der Stimmung befand, Gegenargumente sachdienlich zu würdigen.
Ich habe Girelli indessen anschliessend die in Kopie beiliegende vorläufige Antwort6 zugehen lassen, die sich auf bisherige ähnliche und von Ihnen gebilligte Stellungnahmen7 dieser Botschaft stützt und deshalb ohne Präjudizierung einer Antwort Ihrerseits Girelli übergeben werden konnte. Auf die beiden grundsätzlichen Einwände betreffend Kontingentierung der Einfuhr von Fleisch und Wein bin ich in dieser vorläufigen Antwort nicht eingegangen.
Der Entscheid, ob wir zu den für uns heiklen Fragen dieser Kontingentierungen Stellung nehmen wollen oder nicht bzw. wie, hängt m. E. davon ab, was für Zwecke Argentinien mit seiner Intervention verfolgt und welche allfälligen Konsequenzen wir zu erwarten haben. Mein Mitarbeiter hat versucht, seitens einiger Kollegen zu erfahren, ob andere Industriestaaten in ähnlicher Weise «bearbeitet» wurden; aus den Antworten ergibt sich, dass offensichtlich keine konzertierte Aktion seitens Argentiniens vorliegt8. Einige Länder – so beispielsweise England, Italien, Spanien – weisen bedeutende Überschüsse an Importen aus Argentinien auf und müssen deshalb argentinischerseits wohl oder übel in Ruhe gelassen werden; die USA sind ein Spezialfall und stehen offensichtlich unter bedeutendem argentinischem Druck; die EWG-Staaten werden in regelmässigen Abständen seitens Argentiniens wegen ihrer Einfuhrpolitik kritisiert. – Als Gründe für die Beschwerde Girellis können, neben der schon erwähnten Panik angesichts der katastrophalen Aussenhandelssituation Argentiniens, folgende vermutet werden: die Intervention erfolgte eventuell, nach dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung», im Hinblick auf mögliche schweizerische Postulate im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gewährung eines US$ 4,5 Millionen-Kredits an Argentinien; eventuell handelt es sich um einen ganz gewöhnlichen Kuhhandel, wobei ein Junktim geschaffen werden soll zwischen Inkraftsetzung des bereits unterzeichneten Uhrendekretes9 und grösseren schweizerischen Konzessionen in Bezug auf Fleisch- oder Weinkontingente10; möglicherweise handelt es sich auch um eine indirekte Vorbereitung des Terrains für die Zeit der schrittweisen Wiederzulassung der Importe (im Sinne der Schaffung eines Alibis für allfällige argentinische, die Schweiz treffende Einfuhrrestriktionen).
Bei all diesen Möglichkeiten stellt sich die Frage, wie weit wir aus prinzipiellen Gründen auf diesen argentinischen Wink mit dem Zaunpfahl eintreten wollen bzw. welches Interesse Argentinien für uns als Handelspartner besitzt und wie weit wir irgendwelche argentinische Einfuhrhemmnisse in Kauf nehmen können.
Auf der andern Seite lässt sich die Überlegung anstellen, dass, gerade angesichts der ziemlich verzweifelten Lage der argentinischen Wirtschaft, eine Geste unter Umständen positive psychologische Konsequenzen für die Zukunft haben könnte. Auch wenn ich, mit Ihnen, keine Möglichkeit sehe, am bisherigen System der Einfuhrkontingentierung für Fleisch und Wein zu rütteln, könnte vielleicht dennoch irgendeine Erklärung mit ungefähr folgendem Inhalt abgegeben werden: Die erwähnte Einfuhrkontingentierung kann aus gewissen, in keiner Weise gegen Argentinien gerichteten Gründen nicht generell aufgehoben werden, und aus prinzipiellen handelspolitischen Überlegungen kann Argentinien auch nicht bilateral davon ausgenommen werden; hingegen wird zugesichert, dass die Höhe der Argentinien gewährten Kontingente unverzüglich und wohlwollend neu überprüft wird, sobald Argentinien mit seinen Lieferungen an die obere Grenze des Kontingents anstösst und Anzeichen dafür vorhanden sind, dass es darüber hinaus mehr liefern könnte. – Dies ist natürlich nur ein erster, grob formulierter Vorschlag, der, falls er Ihre prinzipielle Zustimmung findet, von Ihnen noch ausgefeilt und gegen allfällige Fussangeln abgesichert werden müsste. Eine Gefahr, dass nach der Abgabe einer solchen Erklärung der schweizerische Markt mit argentinischem Fleisch und argentinischem Wein überflutet wird, besteht kaum: die Höhe des argentinischen Angebotes, die Preise der Ware wie auch die Transportkosten und die argentinische Trägheit wirken dabei als selbstregulierende Faktoren. – Eine derartige konziliante Antwort böte uns anderseits die Möglichkeit, das schweizerische Missfallen an den jüngsten argentinischen Massnahmen wie totales Importverbot sowie (nach Aufhebung des totalen Importverbotes unzweifelhaft wieder relevant werdend) Importverbot für Luxusgüter und massive Zollerhöhungen gegenüber den argentinischen Behörden zwangslos zum Ausdruck zu bringen11.
- 1
- Schreiben: CH-BAR#E7110#1982/108#1522*(562.12). Verfasst von H. Kaufmann.↩
- 2
- H. Kaufmann.↩
- 3
- Vgl. dazu das Telegramm Nr. 55 der schweizerischen Botschaft in Buenos Aires an das Politische Departement vom 21. September 1971, CH-BAR#E2200.60#1992/208#161* (562.12).↩
- 4
- Zu den schweizerisch-argentinischen Handelsbeziehungen, bes. auf dem Gebiet der Uhren, des Weins und des Fleisches, vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 160, dodis.ch/33267; die Notiz von R. Probst an E. Brugger vom 3. Februar 1970, dodis.ch/35852; das Schreiben von R. Probst an A. Janner vom 16. Februar 1970, dodis.ch/35853; die Notiz von R. Probst an E. Brugger vom 20. Mai 1970, dodis.ch/35854 und das Schreiben von H. Kaufmann an P. R. Jolles vom 22. Juni 1970, dodis.ch/35879.↩
- 5
- Vgl. dazu das Schreiben von H.-U. Greiner an M. Grossenbacher vom 29. September 1971, dodis.ch/35882.↩
- 6
- Schreiben von M. Grossenbacher an A. J. Girelli vom 22. September 1971, dodis.ch/35838.↩
- 7
- Vgl. z. B. das Schreiben von H. Hofer an M. Grossenbacher vom 7. Juni 1971, dodis.ch/37130.↩
- 8
- Ähnliche Gespräche fanden mit Australien und der Bundesrepublik Deutschland statt. Vgl. dazu das Schreiben von H. Kaufmann an P. R. Jolles vom 12. November 1971, Doss. wie Anm. 3.↩
- 9
- Zum Uhrendekret vom 14. September 1971 vgl. das Schreiben von H. Grossenbacher an P. R. Jolles vom 23. September 1971, Doss. wie Anm. 3.↩
- 10
- Vgl. dazu die Notiz von A. Janner an P. R. Jolles vom 20. Januar 1970, dodis.ch/35851 sowie die Notiz von H. Kaufmann vom 20. Oktober 1971, Doss. wie Anm. 3.↩
- 11
- Handschriftliche Marginalie von E. H. Léchot: Wie wäre die Situation für argentinische Lieferungen von Fleisch & Wein, wenn der Import in die Schweiz liberalisiert wäre? Oder argentinische Lieferungen im Rahmen eines Global- Kontingents für mehrere Lieferländer erfolgen könnten? Doch wohl viel besser als jetzt!↩