Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 25, doc. 53
volume linkZürich/Locarno/Genève 2014
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1980/83#4005* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1980/83 589 | |
Dossier title | Besuch höherer thailändischer Persönlichkeiten in der Schweiz. Einzeldossiers A - Z (1968–1970) | |
File reference archive | B.15.50.4 • Additional component: Thailand |
dodis.ch/35533 Der schweizerische Botschafter in Bangkok, R. Hartmann, an den Vorsteher des Politischen Departements, P. Graber1 NEUE THAI-AUSSENPOLITIK – ROLLE DER SCHWEIZ2
Vor meiner Abreise nach Burma3 hat mich der Vize-Aussenminister, Sanga, Bruder des Premiers4, zu einer Besprechung gebeten. Sie ergab folgendes:
Im Zuge der Neuorientierung der Thai-Aussenpolitik ist es offenbar dem Aussenminister5 – zurzeit in Kambodscha – und seinem Stellvertreter daran gelegen, geeignete «Freunde» ins Vertrauen zu ziehen. Die neutrale Schweiz steht hierin im Vordergrund neben Frankreich.
Sanga bat mich, dem burmesischen Staatschef6 in mir gut scheinender Weise zu verstehen zu geben, dass Thailand die Bemühungen des ehemaligen Premiers U Nu, das gegenwärtige Regime in Rangoon zu stürzen, in keiner Weise unterstütze. Man werde in Thailand, von wo aus offenbar der Burmese zu agieren versucht, strengstens darauf achten, dass er das Asylrecht nicht missbrauche.
Sodann liess der Gesprächspartner durchblicken, dass sein Land mit Peking ins Gespräch kommen möchte. Falls ich Gelegenheit haben sollte, mit rotchinesischen Diplomaten zu sprechen, wäre dem Vize-Aussenminister ein dementsprechender vorsichtiger Hinweis meinerseits sehr willkommen. Man werde – dies ist die «neue Linie» – nicht mehr ein Land ablehnen, weil es kommunistisch sei; vielmehr lege man Gewicht auf die Unterscheidung zwischen aggressiven und friedliebenden Staaten. Vorerst werde man die Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten ausbauen, insbesondere mit Jugoslawien und Polen, wobei der Handelsverkehr als verbindendes Vehikel benützt werden soll. Aber auch mit China wolle man sich baldmöglichst «an einen Tisch setzen».
Ich nahm die Anliegen des Vize-Aussenministers gerne zur Kenntnis im Bewusstsein, dass die Mittlerrolle unseres Landes gewürdigt wird, und dankte dem Gesprächspartner für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Angesichts der äusserst delikaten Problematik dieser Art Mediation verhehlte ich aber nicht, dass ich nicht als Advokat Thailands auftreten könne, hingegen in allfälligen Konversationen vielleicht doch implicite die Ideen der neuen Thai-Politik andeuten könne, einer Politik, die zur Entspannung beitragen könnte und einer realistischen Voraussicht nicht entbehrt. (Modus vivendi mit China).
Was die «message» an den burmesischen Staatschef anbelangt, wird deren Übermittlung sicherlich nicht gegen unsere aussenpolitische Linie verstossen. Hinsichtlich des «China-approach» werde ich jedoch grösste Zurückhaltung üben.
Der Vize-Aussenminister bat mich schliesslich, nach meinen Reisen nach Burma und Laos beim Aussenminister oder bei ihm vorbeizukommen, um zu berichten.
- 1
- Schreiben: CH-BAR#E2001E#1980/83#4005* (B.15.50.4). Handschriftliche Marginalie: reçu le 6. 1. 71.↩
- 2
- Zu den Beziehungen zu Thailand vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 101, dodis.ch/32839, Anm. 35; das Schreiben von J. Hayoz an S. Marcuard vom 2. April 1970, dodis.ch/35606; das Schreiben von R. Hartmann an P. Micheli vom 23. April 1970, dodis.ch/35602 und das Schreiben von R. Hartmann an H. Bühler vom 3. März 1971, dodis.ch/35605.↩
- 3
- Für die Berichterstattung über Burma vgl. den Politischen Bericht Nr. 1 von R. Hartmann an P. Graber vom 11. Januar 1971, CH-BAR#E2300-01#1977/29#10* (A.21.31).↩
Tags
Good offices Thailand (General) Myanmar (Politics) China (Politics)