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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 22, doc. 92
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001E#1976/17#4332* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(E)1976/17 562 | |
Titre du dossier | Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz (1958–1963) | |
Référence archives | C.41.111.0 • Composant complémentaire: Polen |
dodis.ch/30510
Das Politische Departement an die polnische Botschaft in Bern1
Am 12. Juni d. J. ist eine erste Etappe der am 25. Juni in Bern begonnenen schweizerisch-polnischen Wirtschaftsverhandlungen zu Ende gegangen. Gegenstand dieser Unterhandlungen war, neben allgemeinen Fragen des gegenseitigen Waren- und Zahlungsverkehrs, vor allem die völlig unbefriedigende Abwicklung betreffend die Entschädigung der schweizerischen Interessen in Polen2.
Gestützt auf dieses Abkommen vertrat die schweizerische Delegation, wie sie dies schon in früheren Verhandlungen getan hatte, den Standpunkt, dass die ganze Entschädigungssumme, von insgesamt 53,5 Millionen Franken, nach Ablauf der 13jährigen Frist, d. h. Ende 1963 fällig werde und somit der bis zu diesem Zeitpunkt nicht transferierte Betrag von voraussichtlich rund 30 Millionen Franken an diesem Termin von der polnischen Regierung zu bezahlen sei.
Nach Auffassung der polnischen Delegation kommt die polnische Regierung ihrer Zahlungsverpflichtung, wie sie sich aus dem Wortlaut des Nationalisierungsabkommens ergebe, vollauf nach, wenn sie fortfahre, nach Ende 1963 die sich auf Grund der vertraglich vorgesehenen Abspaltungsprozedur ergebenden Summen zu bezahlen, bis schliesslich die ganze Globalsumme erreicht sei. Nach schweizerischer Berechnung hätte dies zur Folge, dass, je nach Höhe der polnischen Warenlieferungen nach der Schweiz (30–50 Mio. SFr.), Zahlungsfristen bis 1980 und mehr entstehen würden.
Im Bewusstsein der Bedeutung dieser Liquidationsfrage für die polnischschweizerischen Wirtschaftsbeziehungen unterbreitete die polnische Delegation einen Vorschlag, durch zusätzliche Clearing-Abspaltungen auf Lieferungen bestimmter Agrarprodukte und Textilerzeugnisse eine Beschleunigung der Nationalisierungszahlungen herbeizuführen3.
Die schweizerische Delegation konnte diesem Vorschlag nicht zustimmen, einerseits um nicht wiederum die Bezahlung der Entschädigung von der Lieferung bestimmter polnischer Waren und von der Entwicklung der Importe aus Polen abhängig zu machen, was grosse Ungewissheit in sich bergen und die im Abkommen vorgesehene Zahlungsfrist um viele Jahre verlängern würde, andererseits, weil man sich polnischerseits ausserstande erklärte, die Verpflichtung für die Bezahlung fester jährlicher Raten zu übernehmen für den Fall, dass sich die polnischen Lieferungen nicht im erwarteten Ausmass verwirklichen liessen.
Die schweizerische Delegation betonte nachdrücklich, dass, wenn eine Ausdehnung der vertraglichen Zahlungsfrist wirklich nicht zu umgehen sei, die schweizerische Regierung sich gezwungen sehe, im Interesse der Gläubiger auf einer kurzfristigen Lösung, verbunden mit einer polnischen Zahlungsgarantie, zu bestehen.
Die schweizerische Regierung kann ihre Enttäuschung über die in diesen Verhandlungen an den Tag gelegte polnische Haltung bezüglich der Regelung dieser Liquidationsangelegenheit nicht verhehlen. Es ist ihr nicht verständlich, dass einzig Polen, als grösstes und wohl wirtschaftlich stärkstes Land unter allen Staaten, mit denen die Schweiz ähnliche Abkommen abgeschlossen hat, nicht in der Lage sein sollte, diese Frage in einer für die Gläubiger annehmbaren Weise erledigen zu können. Die polnische Regierung wird gewiss Verständnis dafür aufbringen, dass den schweizerischen Anspruchsberechtigten nicht zugemutet werden kann, noch weitere lange Jahre auf die ohnehin schon niedrig bemessene Entschädigung zu warten und weitere Zinsverluste zu erleiden, nachdem die polnische Wirtschaft vom Jahre 1946 an im vollen Genusse der nationalisierten Objekte steht. Eine rasche und endgültige Lösung für diesen aus der Vergangenheit der schweizerisch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen offengebliebenen Schuldenkomplex würde zweifellos zu einer Normalisierung der allgemeinen Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern und damit zu einer Intensivierung des Güteraustausches beitragen.
Aus diesen Erwägungen gibt die schweizerische Regierung der bestimmten Hoffnung Ausdruck, dass der polnischen Delegation Instruktionen erteilt werden, die die Fortführung und den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen in der angedeuteten Richtung ermöglichen werden.
- 1
- Memorandum (Aide-mémoire): E 2001(E)1976/17/562. Es handelt sich um einen Entwurf, der höchstwahrscheinlich den gleichen Wortlaut hat wie das originale Aide-mémoire, das F. T. Wahlen am 25. Juli 1962 J. Koszutski übergab. Vgl. das Schreiben von H. Hess an F. Bauer vom 23. Juli 1962, E 2001 (E) 1976/17/562, sowie die Notiz Unterredung von Herrn Bundesrat Wahlen mit dem polnischen Botschafter am 25. Juli 1962 von A. Janner vom 25. Juli 1962 (dodis.ch/30511).↩
- 2
- Vgl. das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Polen betreffend die Entschädigung der schweizerischen Interessen in Polen vom 23. Juni 1949, AS 1949, S. 817–821. Siehe auch DDS, Bd. 17, Dok. 132, dodis.ch/4761 und 134 (Do-DiS-4760).↩
Liens avec d'autres documents
http://dodis.ch/8319 | voir aussi | http://dodis.ch/30510 |
Tags
Pologne (Général) Commerce Est-Ouest (1945–1990)