Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 22, doc. 188
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1976/17#2407* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1976/17 400–402 | |
Dossier title | Nationalisierung in Aegypten (1961–1963) | |
File reference archive | B.34.66.0 • Additional component: Aegypten |
dodis.ch/30486 Interne Notiz des Politischen Departements1 Sudanaktien Schmidheiny2
Herr Max Schmidheiny hat am 17. Dezember, wie dies vorgesehen gewesen war, den VAR-Botschafter El-Dib in Bern zur weiteren Erörterung des Sudan-Komplexes aufgesucht.
Der Empfang durch El-Dib sei, wie Herr Schmidheiny dem Unterzeichneten anschliessend berichtete, «charmant» gewesen. El-Dib nimmt für sich in Anspruch, durch persönliche Unterredungen sowohl mit Präsident Nasser wie mit Ali Sabri, Präsident des Exekutivrates, diese beiden massgebenden Persönlichkeiten so weit gebracht zu haben, dass man nun ägyptischerseits grundsätzlich gewillt sei, die Sudanfrage losgelöst von den offiziellen schweizerisch-ägyptischen Nationalisierungsverhandlungen3 in direkten Besprechungen mit Herrn Schmidheiny zu regeln. El-Dib hat in diesem Zusammenhang nunmehr gegenüber Schmidheiny expressis verbis bestätigt, was er in der letzten Unter redung4 nur angedeutet hatte, nämlich, dass die VAR nicht mehr auf der effektiven Übernahme der Sudan-Beteiligung der Tourah beharre, sondern sich bereit finden könnte, gegen angemessene Reduktion des Entschädigungsanspruches aus der Tourah-Nationalisierung auf die Sudan-Aktien zu verzichten5.
Dies ist zweifellos ein wesentlicher Fortschritt. Schmidheiny hat in diesem Zusammenhang sogleich die schon früher gemachte Offerte wiederholt, seinen Nationalisierungsanspruch für die Tourah (inklusive Montanbedarf), der sich total auf ca. 33,5 Mio. Fr. beläuft, in einem solchen Falle um 10 Mio. Fr. zu reduzieren. (Wie erinnerlich, hatte Schmidheiny anderseits für die Eventualität, dass die VAR auf der Übernahme der Sudan-Beteiligung beharrt hätte, eine direkte Abfindung in der Höhe von 7 Mio. Fr. in bar oder Waren, ausserhalb des abzuschliessenden schweizerisch-ägyptischen Abkommens über den Transfer der Nationalisierungsentschädigungen, verlangt.)
El-Dib erklärte sich interessiert, bezeichnete aber die von Schmidheiny für eine solche Lösung angebotene Reduktion der Entschädigungsansprüche als zu gering. Schmidheiny machte demgegenüber geltend, dass der ägyptische Verzicht auf die Sudanaktien mit seiner Offerte sehr generös ausgeglichen werde: die 40-prozentige Beteiligung Schmidheinys an der Sudan Portland Cement, die mit 10 Mio. Fr. angerechnet werden soll, entspreche einer jährlichen Produk tionskapazität von 40–50’000 t, während, nach Abzug der 10 Mio. Fr., der um ein Mehrfaches höheren Produktionskapazität der ägyptischen Tourah in Ausmass von ca. 650’000 t nur noch 23,5 Mio. Fr. Entschädigung gegenüberstünden; der Vergleich zeige, wie grosszügig Schmidheinys Offerte in Wirklichkeit sei.
Als El-Dib weiter insistierte – er brauche noch ein Entgegenkommen, um die Atmosphäre zu verbessern und der Idee in Kairo endgültig zum Durchbruch zu verhelfen! – entwickelte Schmidheiny folgende weiteren Gedanken. Bekanntlich ist an der Sudan Portland Cement neben der Gruppe Schmidheiny mit 40% auch die britisch beherrschte Helwan Cement, die gleich der Tourah in der VAR nationalisiert wurde, mit 20% beteiligt. Da die VAR – wie El-Dib bestätigt – offenbar grundsätzlich bereit ist, auch auf die effektive Übernahme der britischen Beteiligung an der sudanesischen Zementindustrie zu verzichten, erwägt Schmidheiny, der Helwan in London, mit der ihn enge Beziehungen verbinden und sofern sie einverstanden wäre, ihre zwanzigprozentige Sudan-Beteiligung abzukaufen. Schmidheiny würde auf diese Weise mit 60% die Sudan Portland Cement kontrollieren (40% von Tourah, 20% von Helwan), was für ihn beim heutigen Geschäftsgang im Sudan interessant wäre. Dafür wäre er bereit, seine eigene Entschädigungsforderung gegenüber der VAR um weitere 5 Mio. Fr., also total um 15 Mio. Fr. zu senken; sein Entschädigungsanspruch würde sich damit von 33,5 auf 18,5 Mio. Fr. reduzieren. Die britische Helwan ihrerseits wäre die Sorge los, ihre Sudanbeteiligung gegen den ägyptischen Nationalisierungsanspruch verteidigen zu müssen. Für die offizielle schweizerische Verhandlungsdelegation würde schliesslich eine solche Regelung materiell und psychologisch eine spürbare Entlastung ihrer Aufgabe bedeuten.
Herr Schmidheiny will nun prüfen, ob sich dieser zusätzliche Plan verwirklichen lässt. Er bittet in der Zwischenzeit um strengste Diskretion. Im Lichte dieser neuen Entwicklung fällt übrigens die Verschiebung des Verhandlungsbeginnes auf frühestens Mitte Februar 1964 nicht ungünstig6.
- 3
- Zu den schweizerisch-ägyptischen Nationalisierungsverhandlungen vgl. Nrn. 76 und 173 in diesem Band.↩
- 4
- Vgl. die Notiz über eine Besprechung mit den Herren Doleschal, Generaldirektor der Publicitas S. A., Lausanne und Dr. Boghdadi, Beauftragter der ägyptischen Regierung, in Zürich, am 14. 10. 1963, um 17.00 h von M. Schmidheiny vom 15. Oktober 1963, E 2001(E)1976/17/205 sowie die Aktennotiz Sudan-Beteiligung der Gruppe Schmidheiny von R. Probst vom 16. Oktober 1963, nicht abgedruckt.↩
- 5
- Zur Nationalisierung der Tourah-Zementfabrik vgl. auch die Notiz betreffend Nationalisierung der Société Egyptienne de Ciment Portland Tourah – Le Caire von M. Schmidheiny vom 1. August 1961 (dodis.ch/30448) oder die Notiz Besprechung Schmidheiny/ Boghdadi von Probst vom 19. Juni 1963 (dodis.ch/30483).↩
- 6
- Zum weiteren Verlauf der Verhandlungen zwischen Schmidheiny und Ägypten vgl. E 2001(E)1978/84/649.↩
Tags
Egypt (General) Nationalization of Swiss assets