dodis.ch/1670 Der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements,
E. Nobs, an den Vorsteher des Politischen Departements,
M. Petitpierre1
KREDITHILFE FÜR GRIECHENLAND
Sie übermittelten uns mit Schreiben vom 25. Februar d. J.2 einen Bericht Ihrer Gesandtschaft in Athen zum griechischen Kreditbegehren3. Wir beehren uns, Ihnen zu diesem Bericht mitzuteilen, dass wir die Betrachtungsweise Ihres Gesandten in verschiedener Hinsicht nicht teilen können. Seine Bemerkung, ein schweizerischer Kredit als Opfer zugunsten Griechenlands rechtfertige sich aus der Überlegung, «dass eine Stabilisierung der Verhältnisse in Griechenland ohne Zweifel einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Gleichgewichts und mithin des Friedens im östlichen Mittelmeer bedeuten würde», hat wohl seine Wurzel in der grossmachtpolitischen Denkweise seiner englischen und amerikanischen Kollegen in Athen4. Diese durch die Übernahme fremden politischen Gedankengutes begründete Auffassung trägt in keiner Weise der aussenpolitischen Problemlage unseres Landes Rechnung, das als kleiner neutraler Staat bestrebt sein sollte, nach Möglichkeit ausserhalb der Spannungssphäre von Ost und West zu bleiben. Als wenig glücklicher Zufall erscheint unter diesem Gesichtspunkt die Tatsache, dass die Abreise der schweizerischen Handelsdelegation nach Athen5 in einen Zeitpunkt fiel, in dem alle Zeitungen verkünden, dass Griechenland im Brennpunkt dieses Spannungsverhältnisses steht und Truman seine Seereise im Karibischen Meer unterbrach, um die der griechischen Frage seitens der amerikanischen Regierung beigemessene Bedeutung zu unterstreichen6. Mit Hinblick auf den unerwünschten Anschein dieses Zusammentreffens dürfte es heute noch mehr als vor einigen Wochen notwendig sein, in Bezug auf die Gewährung der für Griechenland vom Bundesrat in Aussicht genommenen Kreditgarantie Zurückhaltung zu üben7. Es ist dabei zu bedenken, dass gegenüber Österreich eine solche Hilfe abgelehnt wurde8 und man es in Italien zu empfinden scheint, dass eine schweizerische Delegation nach Athen reiste, während die Verhandlungen in Rom mit unserem Nachbarland trotz Abschluss der Friedensverträge noch nicht begonnen haben9. Bei der wirtschaftlichen Unstabilität in diesem Land muss unsere abwartende Haltung durchaus als richtig bezeichnet werden, doch können die gleichen Überlegungen auch für Griechenland geltend gemacht werden. Weichen wir gegenüber Griechenland von der kreditpolitischen Linie ab, die der Bund im Verkehr mit dem Ausland im Sinne unseres Ihnen in Kopie mit Datum vom 13. Februar zugegangenen Berichtes zum Plan Dalton/Snyder10 zumindest für die nächste Zeit verfolgen sollte, so besteht im übrigen die Gefahr, dass wir nolens volens gerade auf der Ebene laufen, auf welcher der besagte Plan uns, wie die anderen Neutralen einsetzen möchten.
Auf Grund aller dieser Überlegungen stellt sich die Frage, ob nicht der Delegation in Bezug auf die kreditpolitische Zurückhaltung gegenüber Griechenland verschärfte Instruktionen erteilt werden sollten. Wir sehen Ihrer Meinungsäusserung mit Interesse entgegen11.