Die Kredithilfe an Griechenland muss sich an die gleichen Richtlinien halten wie die bereits angewandten bei den anderen Balkanstaaten.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 16, doc. 114
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
more… |▼▶2 repositories
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#3770* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/1571 356 | |
Dossier title | Wirtschaftsverhandlungen und Abkommen mit der Schweiz (1946–1948) | |
File reference archive | C.45.111.0 • Additional component: Griechenland |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E6100B#1973/141#119* | |
Old classification | CH-BAR E 6100(B)1973/141 45 | |
Dossier title | Griechenland: Wirtschaftsbeziehungen (1945–1949) | |
File reference archive | 980 |
dodis.ch/1670 Der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements, E. Nobs, an den Vorsteher des Politischen Departements, M. Petitpierre1
KREDITHILFE FÜR GRIECHENLAND
Sie übermittelten uns mit Schreiben vom 25. Februar d. J.2 einen Bericht Ihrer Gesandtschaft in Athen zum griechischen Kreditbegehren3. Wir beehren uns, Ihnen zu diesem Bericht mitzuteilen, dass wir die Betrachtungsweise Ihres Gesandten in verschiedener Hinsicht nicht teilen können. Seine Bemerkung, ein schweizerischer Kredit als Opfer zugunsten Griechenlands rechtfertige sich aus der Überlegung, «dass eine Stabilisierung der Verhältnisse in Griechenland ohne Zweifel einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Gleichgewichts und mithin des Friedens im östlichen Mittelmeer bedeuten würde», hat wohl seine Wurzel in der grossmachtpolitischen Denkweise seiner englischen und amerikanischen Kollegen in Athen4. Diese durch die Übernahme fremden politischen Gedankengutes begründete Auffassung trägt in keiner Weise der aussenpolitischen Problemlage unseres Landes Rechnung, das als kleiner neutraler Staat bestrebt sein sollte, nach Möglichkeit ausserhalb der Spannungssphäre von Ost und West zu bleiben. Als wenig glücklicher Zufall erscheint unter diesem Gesichtspunkt die Tatsache, dass die Abreise der schweizerischen Handelsdelegation nach Athen5 in einen Zeitpunkt fiel, in dem alle Zeitungen verkünden, dass Griechenland im Brennpunkt dieses Spannungsverhältnisses steht und Truman seine Seereise im Karibischen Meer unterbrach, um die der griechischen Frage seitens der amerikanischen Regierung beigemessene Bedeutung zu unterstreichen6. Mit Hinblick auf den unerwünschten Anschein dieses Zusammentreffens dürfte es heute noch mehr als vor einigen Wochen notwendig sein, in Bezug auf die Gewährung der für Griechenland vom Bundesrat in Aussicht genommenen Kreditgarantie Zurückhaltung zu üben7. Es ist dabei zu bedenken, dass gegenüber Österreich eine solche Hilfe abgelehnt wurde8 und man es in Italien zu empfinden scheint, dass eine schweizerische Delegation nach Athen reiste, während die Verhandlungen in Rom mit unserem Nachbarland trotz Abschluss der Friedensverträge noch nicht begonnen haben9. Bei der wirtschaftlichen Unstabilität in diesem Land muss unsere abwartende Haltung durchaus als richtig bezeichnet werden, doch können die gleichen Überlegungen auch für Griechenland geltend gemacht werden. Weichen wir gegenüber Griechenland von der kreditpolitischen Linie ab, die der Bund im Verkehr mit dem Ausland im Sinne unseres Ihnen in Kopie mit Datum vom 13. Februar zugegangenen Berichtes zum Plan Dalton/Snyder10 zumindest für die nächste Zeit verfolgen sollte, so besteht im übrigen die Gefahr, dass wir nolens volens gerade auf der Ebene laufen, auf welcher der besagte Plan uns, wie die anderen Neutralen einsetzen möchten.
Auf Grund aller dieser Überlegungen stellt sich die Frage, ob nicht der Delegation in Bezug auf die kreditpolitische Zurückhaltung gegenüber Griechenland verschärfte Instruktionen erteilt werden sollten. Wir sehen Ihrer Meinungsäusserung mit Interesse entgegen11.
- 1
- Schreiben (Kopie): E 2001 (E) 1/356. Dem Schreiben ist eine Notiz von A. Zehnder an R. Hohl vom 11. März 1947 mit folgendem Kommentar beigefügt: Die Richtlinie war, Griechenland keinesfalls schlechter zu behandeln als die übrigen Balkanstaaten. Von mir aus brauchen diese Instruktionen nicht geändert zu werden. Wir müssen unsere «Zahlungsfazilität» im Verkehr mit den russischen Satelliten auch gegenüber USA vertreten können. Griechenland ist hierfür ein günstiger Präzedenzfall; vgl. dodis.ch/1925. Die Richtlinie, auf die A. Zehnder Bezug nimmt, ist in einem vertraulichen Kreisschreiben festgehalten, welches das EPD am 20. Februar 1947 an die Schweizer Gesandtschaften versandt hat; vgl. dazu dodis.ch/2278.↩
- 2
- Vgl. die nicht abgedruckte Übermittlungsnotiz des EPD an das EFZD vom 25. Februar 1947 mit dem erwähnten Bericht von C. Stucki vom 11. Februar 1947, dodis.ch/1927.↩
- 3
- Vgl. das erwähnte, nicht abgedruckte Kreditbegehren von S. Stephanopoulos an C. Stucki vom 1. Februar 1947, dodis.ch/1928.↩
- 4
- In einem nicht abgedruckten Schreiben an A. Zehnder vom 27. März 1947 rechtfertigt sich C. Stucki für die zitierte Einschätzung folgendermassen: Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, darf ich daran erinnern, dass das Schreiben, mit dem ich dem Departement das Hilfsbegehren Griechenlands übermittelt habe, vom 11. Februar datiert ist, dass aber die Rede Trumans, die in der Tat eine völlig neue Sachlage geschaffen hat, vom 12. März stammt. «Das intensive Interesse der Grossmächte» für Griechenland ist also erst einen Monat nach meinem Brief vom 11. Februar zutage getreten; vgl. dodis.ch/2177.↩
- 5
- Die erwähnte Handelsdelegtion fliegt am 10. März 1947 nach Athen ab. Für das Verhandlungsmandat und die Zusammensetzung der Delegation vgl. das BR-Prot. Nr. 389 vom 14. Februar 1947, E 1004.1 1/478, dodis.ch/1526. Zum Ergebnis dieser Verhandlungen vgl. das BR-Prot. Nr. 915 vom 16. April 1947, dodis.ch/1543, sowie das BR-Prot. Nr. 999 vom 25. April 1947, E 1004.1 1/480.Für den Wirtschaftsvertrag mit Griechenland vom 1. April 1947 vgl. dodis.ch/1853.↩
- 6
- Zur amerikanischen Haltung gegenüber Griechenland vgl. die nicht abgedruckten Schreiben von C. Stucki an M. Petitpierre vom 7. März 1947, dodis.ch/1929, sowie von C. Stucki an A. Zehnder vom 27. März 1947. Vgl. auch den politischen Bericht von C. Stucki an M. Petitpierre vom 6. März 1947, E 2300Athen/6. Vgl. ausserdem den politischen Bericht von E. Kessler an M. Petitpierre vom 12. März 1947, dodis.ch/2238.↩
- 7
- Zur politischen Dimension des griechischen Kreditbegehrens vgl. das Schreiben von A. Zehnder an C. Stucki vom 11. März 1947, dodis.ch/1925.↩
- 8
- Vgl. DDS, Bd. 16, Dok. 121, dodis.ch/3.↩
- 9
- Zu den Wirtschaftsverhandlungen mit Italien vom 1.–15. Oktober 1947 vgl. den Brief von E. Junod, M. Paternot, E. Payot, H. Scherrer, F. Schnorf und C. Zoelly an M. Petitpierre vom 20. Juni 1947, dodis.ch/311. Vgl. ausserdem das BR-Prot. Nr. 1649 vom 15. Juli 1947, dodis.ch/1576, sowie das BR-Prot. Nr. 2379 vom 24. Oktober 1947, dodis.ch/1609.↩
- 10
- Zum Dalton- Snyder-Plan vgl. E 2001 (E) 1/294.Vgl. auch DDS, Bd. 16, Dok. 121, dodis.ch/3.↩
- 11
- Die nicht abgedruckte Stellungnahme vom M. Petitpierre an E. Nobs datiert vom 17. März 1947, dodis.ch/1926.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/1670 | refers to | http://dodis.ch/18488 |
http://dodis.ch/1670 | refers to | http://dodis.ch/1576 |
http://dodis.ch/1670 | refers to | http://dodis.ch/1609 |
http://dodis.ch/1670 | refers to | http://dodis.ch/1926 |