dodis.ch/15241

Der Generalsekretär des Politischen Departements, R. Kohli, an den schweizerischen Botschafter in Moskau, A. Zehnder1

Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 14. Oktober 19592 anzuzeigen, mit welchem Sie uns über Ihre Unterhaltung mit Herrn Kreisky, dem österreichischen Aussenminister, betreffend die Nichtanerkennung der Deutschen Demokratischen Republik unterrichteten.

Unser Verhalten in dieser Angelegenheit ist Ihnen bekannt. Wir möchten lediglich hinzufügen, dass trotz einer Anzahl Vorstösse seitens der DDR wir vorläufig nicht die Absicht haben, den Fragenkomplex neu zu überprüfen. Es ist uns jedoch aufgefallen, dass die ständigen Bemühungen der ostdeutschen Regierung, sich der westlichen Welt anzunähern und schliesslich eine de facto Anerkennung zu erwirken, nicht vollständig erfolglos waren. So wurden z. B. mit

Grossbritannien, Belgien und Schweden gewisse, allerdings noch sehr lockere und inoffizielle Verbindungen aufgenommen, in erster Linie zur Förderung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen. Aus rein praktischen Gründen sieht sich sogar die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland zu einer recht engen Zusammenarbeit mit gewissen Organen der DDR gezwungen.

Um Fragen, wie z. B. Erteilung von Ausreisevisa seitens der DDR, Bewilligung zur Versendung von Liebesgabenpaketen, Überschneidung eines ostdeutschen Senders mit Radio Beromünster, zu besprechen, sahen auch wir uns veranlasst, mit dem Verbindungsmann der DDR bei der Europäischen Wirtschaftskommission in Genf Kontakte aufzunehmen3. Wie sehr diese Gelegenheiten von den Ostdeutschen jeweilen ausgenützt werden, um einer de facto Anerkennung näher zu kommen, geht aus der beiliegenden Notiz über die letzte Unterredung zwischen dem Unterzeichneten und dem «Vertreter der DDR» in Genf hervor4.