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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 21, doc. 24
volume linkZürich/Locarno/Genève 2007
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2200.36-09#1972/18#817* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2200.36-09(-)1972/18 62 | |
Titre du dossier | Demarchen betr. Aufenthalte u. Militärdiens Pflicht (1956–1960) | |
Référence archives | Q.20.01 |
dodis.ch/14868
Der Generalsekretär des Politischen Departements, R. Kohli, an die schweizerische Botschaft in Washington1
Militärdienstpflicht von Schweizern in den USA
Wir beehren uns, auf Ihre Mitteilungen vom 5. d. M.2 betreffend die Militärdienstpflicht von Schweizern in USA Bezug zu nehmen. Von der Nachricht, wonach das Staatsdepartement beabsichtigt, die amerikanische Gesetzgebung mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen, namentlich auch mit dem schweizerisch-amerikanischen Staatsvertrag von 18503 in Übereinstimmung zu bringen, haben wir mit grossem Interesse Kenntnis genommen. Für Ihre Bemühungen, denen nun dieser erste, sehr erfreuliche Erfolg beschieden war, sprechen wir Ihnen den verbindlichsten Dank aus.
Wie Sie dem in Kopie angehefteten Schreiben heutigen Datums4 an die anderen interessierten Bundesstellen entnehmen wollen, haben wir diese über Ihre Mitteilungen orientiert und sie um Ansichtäusserung zur Frage des weiteren Vorgehens im Lichte der neuesten Entwicklung ersucht5. Wir dürfen uns vorbehalten, zu gegebener Zeit hierauf zurückzukommen. Soweit an uns, sind wir der Ansicht, dass sich Ihre Bemühungen unter den gegebenen Umständen in erster Linie – aber ohne die anderen Gesichtspunkte aus den Augen zu verlieren – auf die Förderung der Gesetzesanpassung richten sollten.
Wir glauben in diesem Zusammenhang, dass es von Vorteil wäre, wenn Sie die Gelegenheit wahrnehmen könnten, dem Staatsdepartement schon jetzt, bevor noch fertige Entwürfe vorliegen, gewisse schweizerische Wünsche in Bezug auf die Ausgestaltung der neuen Rechtsordnung bekanntzugeben6.
Vor allem sollte vermieden werden, dass die Befreiung vom Militärdienst, wie dies schon unter der früheren Ordnung vor der «Executive Order» vom 15. Februar 19567 praktisch der Fall war, für Immigranten mit dem Verlust der künftigen Einbürgerungsmöglichkeit verbunden wäre. Abgesehen von den neuen Konfliktsfällen, die dadurch entstünden, würde eine solche Ordnung, wenn auch in anderer Weise als die heutige, u. E. ebenfalls gegen Art. II des schweizerisch-amerikanischen Staatsvertrages8 verstossen. Die darin niedergelegte gegenseitige Dienstbefreiung enthält in der Tat keinerlei Vorbehalt, und es hat bei den Vertragsparteien im Zeitpunkt des Abschlusses zweifellos die Meinung geherrscht, dass die im Gebiete des Vertragspartners befindlichen Bürger trotz der militärischen Dispensation im vollen Genuss der ihnen zustehenden Rechte bleiben sollten. Es wäre infolgedessen nicht angängig, die Erfüllung der vertraglichen Zusicherung mit einem Nachteil zu verbinden, der im Vertrag nicht vorgesehen war. Wir glauben vielmehr grundsätzlich erwarten zu dürfen, dass die Befreiung der Schweizerbürger von der amerikanischen Dienstpflicht bedingungslos erfolgt. Nun sind wir uns allerdings bewusst, dass die mit der Militärdienstbefreiung verbundenen Nachteile nicht nur eine Frage des «Universal Military Training and Service Act of 1948/51», sondern ebensosehr auch eine solche des amerikanischen Einwanderungs- und Bürgerrechtsgesetzes von 1952 (sog. «McCarran-Walter Act»)9 sind. Auch wenn also das Militärdienstgesetz auf der ganzen Linie gemäss unseren Wünschen modifiziert werden könnte, wären die einbürgerungsrechtlichen Nachteile gemäss «McCarran-Walter Act»
(vgl. insbesondere Sections 315 und 101(a)(19))10 damit noch nicht aus der Welt geschafft. Vielleicht liesse sich die Schwierigkeit dadurch umgehen, dass die Dienstbefreiung von «treaty aliens» nicht mehr auf ausdrückliches Gesuch hin, sondern, nach Feststellung der Zugehörigkeit solcher Ausländer zu einem Vertragsstaat, die in Zusammenarbeit mit der diplomatischen Vertretung oder den Konsulaten dieses Staates erfolgen könnte, gewissermassen automatisch vorgenommen würde; die Bestimmung in Sect. 315 des «McCarran-Walter
Act», wonach jeder Ausländer, der unter Hinweis auf seine ausländische Staatsangehörigkeit um seine Befreiung vom amerikanischen Militärdienst nachsucht oder nachgesucht hat, für immer vom Erwerb des amerikanischen
Bürgerrechtes ausgeschlossen ist, könnte damit möglicherweise unwirksam gemacht werden.
Wir möchten Ihnen mit diesen Ausführungen keineswegs vorschreiben, auf welche Weise die Frage schliesslich am zweckmässigsten angepackt wird, sondern lediglich einige Überlegungen festhalten, die Ihnen bei der weiteren Behandlung eventuell nützlich sein könnten. Auf jeden Fall bitten wir Sie aber, diesem Problem in Ihren Kontakten mit dem Staatsdepartement schon jetzt volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Ob bei dieser Gelegenheit vielleicht auch eine Lösung für jene Schweizerbürger gefunden werden könnte, die unter der früheren Ordnung wegen ihrer Militärdienstbefreiung mit der «ineligibility to citizenship» behaftet werden, ohne sich den nachteiligen Folgen gestützt auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes i. S. Paul Moser vom 9. April 195111 entziehen zu können, erscheint auf den ersten Blick eher ungewiss. Doch wären wir Ihnen dankbar, wenn auch diesem nicht unwichtigen Aspekt in den kommenden Besprechungen mit dem Staatsdepartement Beachtung geschenkt werden könnte12.
- 1
- Schreiben: E 2200.36(-)1972/18/62.↩
- 2
- Vgl. das Schreiben von H. de Torrenté an M. Petitpierre vom 5. Dezember 1958, E 2001(E)1972/ 33/268 (dodis.ch/14867).↩
- 3
- Vgl. den Vertrag zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika, AS, 1854–1857, Bd. 5, S. 201–228.↩
- 4
- Vgl. das Schreiben des Politischen Departements an die Polizeiabteilung des Justiz- und Polizeidepartements, die Fremdenpolizei, das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, die Steuerverwaltung, H. Bracher und R. Keller vom 23. Dezember 1958, nicht abgedruckt.↩
- 5
- Zur Frage der Stellungnahmen der angeschriebenen Bundesstellen vgl. E 2001(E)1972/ 33/268.↩
- 6
- Zur Frage des weiteren Vorgehens der schweizerischen Botschaft in Washington vgl. E 2200.36 (-)1972/18/62 und 2001(E)1972/33/268.↩
- 7
- Vgl. DDS, Bd. 20, Dok. 81, dodis.ch/11260, vor allem Anm. 6.↩
- 8
- Vgl. DDS, Bd. 20, Dok. 81, dodis.ch/11260, vor allem Anmerkung 9 und die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Sauser vom 30. September 1958, E 2001(E)1976/17/314 (dodis.ch/14949).↩
- 9
- Zur Frage betreffend die Universal Military Training and Service Act of 1948/51 und McCarran- Walter Act vgl. den Antrag des Politischen Departements an den Bundesrat vom 6. April 1954, E 1001(-)1000/6/97 (dodis.ch/9226). Vgl. auch E 2001(E)1967/113/345 und E 2001(E)1969/121/148 A.↩
- 10
- Das Immigration and Nationality Act (auch McCarran- Walter Act) vom 24. Dezember 1952 sah in den Abschnitten 101(a)(19) und 315 vor, dass alle Ausländer, auch die Bürger von sogenannten Vertragsstaaten, die im Hinblick auf ihre ausländische Staatsangehörigkeit von der Militärdienstpflicht befreit worden sind, das amerikanischen Bürgerrecht (ineligibility to citizenship) nicht erwerben können. Vgl. das Immigration and Nationality Act, ibid.↩
- 11
- Im Fall P. Moser fällte das Supreme Court of the United States am 9. April 1951 ein Entscheid gegen die amerikanische Regierung. Es handelte sich dabei um die Frage, ob Moser, der während des Krieges ein Gesuchsformular um Befreiung vom Militärdienst in den USA durch die schweizerische Gesandtschaft in Washington eingereicht hatte, von der Naturalisierung ausgeschlossen sei. Vgl. das Gerichtsurteil des Supreme Court of the United States, No. 301 vom 9. April 1951, E 2001(E)1967/113/345.↩
- 12
- Vgl. DDS, Bd. 21, Dok. 136, dodis.ch/14961.↩
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