Beziehungen zu Österreich. Anerkennung der provisorischen Regierung. Schweizerische Interessen in Österreich.
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 16, Dok. 40
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001D#1000/1553#675* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(D)1000/93 64 | |
Dossiertitel | Anerkennung der provisorischen österreich. Regierung (Dr. K. Renner) (1945–1945) | |
Aktenzeichen Archiv | B.15.11.1 • Zusatzkomponente: Oesterreich |
dodis.ch/20 Interne Notiz des Politischen Departements1
Am 2. ds. hatte ich den Besuch von Herrn Molden, der sich durch einen von der Österreichischen Staatskanzlei in Wien ausgestellten Pass auswies. Der Genannte ist persönlicher Sekretär von Herrn Dr. Karl Gruber, Unterstaatssekretär für auswärtige Angelegenheiten in Wien. Herr Molden gab folgendes bekannt:
1) Er verdankte im Auftrage von Herrn Unterstaatssekretär Gruber die liebenswürdige Bereitschaft, für den Genannten ein Einreise-Visum zu erteilen. Herr Gruber müsse die in Aussicht genommene Reise um einige Wochen verschieben und er werde zu gegebener Zeit auf die Sache zurückkommen.
2) Herr Molden teilte mit, dass die Österreichische Regierung volles Vertrauen in Herrn Rechtsanwalt Dr. Grimm, Zürich, Utoquai 47, habe. Der Genannte ist Vizepräsident der Österreichischen Demokratischen Bewegung in der Schweiz und verfügt über gute Verbindungen mit Wien. Sollten schweizerischerseits besondere Wünsche bestehen, so könne man sich jederzeit an Herrn Dr. Grimm wenden.
3) Herr Molden wies darauf hin, dass die Lage der Österreichischen Regierung sich zu stabilisieren beginne und dass in Wien der russische Einfluss durch die Engländer und Amerikaner etwas herabgemindert werde.
Da in Wien und Österreich sehr erhebliche schweizerische Interessen wahrzunehmen sind, dürfte schweizerischerseits wohl an einer baldigen Wiedereröffnung unseres Generalkonsulates in Wien ein grosses Interesse bestehen2. Herr Molden glaubt zu wissen, dass russischerseits dagegen keine Bedenken mehr bestehen dürften. Das Unterstaatssekretariat erhalte täglich sehr viele Anfragen von Schweizerbürgern wegen der Wahrnehmung ihrer Interessen. Es tue gerne, was in seinen Kräften liege, doch sei es natürlich dazu nicht in erster Stelle berufen. Es ist anzunehmen, dass in nächster Zeit verschiedentlich Herren vom Auswärtigen Amt in Wien nach der Schweiz reisen werden, um österreichische Interessen in der Schweiz wahrzunehmen, doch sei dieser Zustand selbstverständlich unbefriedigend und man wäre österreichischerseits froh, wenn in absehbarer Zeit auch in der Schweiz ein Österreichisches Konsulat wieder eröffnet werden könnte. Dies bedingte natürlich nicht eine formelle Anerkennung der Regierung Renner3.
4) Allfällige Sichtvermerks-Gesuche werden der Abteilung für Auswärtiges durch Vermittlung des Schweizerischen Delegierten in Salzburg4 unterbreitet werden, da dies zurzeit die rascheste Erledigung gewährleistet.
- 1
- E 2001 (D) 3/64. Paraphe: CO. Die Notiz wurde von A. Ochsenbein verfasst und richtete sich an W. Stucki.↩
- 2
- Zu den grossen finanziellen Interessen der Schweiz in Österreich vgl. die Notiz von R. Hohl an M. Petitpierre vom 20. März 1947 betr. die Guthaben des Bundes, E 2001 (E) 1/ 294 sowie die Liste der schweizerischen Finanzguthaben in der Beilage des Briefes der Schweizerischen Bankiervereinigung an das EPD vom 19. Juni 1948, E 2001 (E) 1/348.↩
Tags
Fragen der Anerkennung fremder Staaten
Österreich (Politik) Russland (Politik) Alliierte (Zweiter Weltkrieg)