Bericht des Generaldirektors des Schweizerischen Bankvereins über seine Afrikareise. Ausführungen zur Rassenfrage in Südafrika und über ihre Auswirkung auf die Stabilität des Landes. Es sollen aber weiterhin Kredite, die im Wirtschaftsinteresse der Schweiz stehen, gewährt werden. Informationen über Mosambik, Rhodesien und belgisch Kongo.
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 19, Dok. 99
volume linkZürich/Locarno/Genève 2003
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1970/217#6426* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1970/217 407 | |
Dossiertitel | Wirtschaftsverhandlungen und Abkommen mit der Schweiz (1952–1957) | |
Aktenzeichen Archiv | C.41.111.0 • Zusatzkomponente: Südafrika |
dodis.ch/9345
Bericht des Generaldirektors des Schweizerischen Bankvereins, A. C. Nussbaumer1
AFRIKAREISE VON HERRN GENERALDIREKTOR A. C. NUSSBAUMER UND DR. R. E. AMSTAD VOM 18. MÄRZ–7. MAI 1954. SCHLUSSBERICHT2
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.
Die Reise galt in erster Linie Südafrika, mit dem Zweck, an Ort und Stelle zu prüfen, ob unsere bedeutenden Anleihens-Investitionen gerechtfertigt sind und ob eventuell weitere langfristige Anleihen und Kredite gewährt werden können. In zweiter Linie sollte ein erster kurzer Besuch in Süd- und Nord-Rhodesien abgestattet werden, um vorbereitend zu prüfen, ob die neue Federation als kreditfähiger Schuldner angesehen werden kann und ob dort eventuelle Anleihen oder Kredite studiert werden können. Zum Schluss sollte, falls die Zeit es erlaubte, Elisabethville und Leopoldville ein kurzer Besuch abgestattet werden, um sich ebenfalls von den dortigen Verhältnissen ein Bild machen zu können.
Wir waren uns schon vor unserer Abreise darüber klar, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Union sich in den letzten Jahren ausserordentlich günstig entwickelt haben, so dass von diesem Gesichtspunkte aus keine unliebsamen Überraschungen zu erwarten waren; wir wussten auch, dass in Nord-Rhodesien eine sehr stark ausgebaute Kupfer-, Zinn- und Blei-Industrie bestand und dass in Süd-Rhodesien bedeutende Anstrengungen gemacht werden, die «secondary industries» so rasch als möglich auszubauen. Über den Kongo besassen wir seit jeher ausreichendes wirtschaftliches und statistisches Material, so dass wir auch dort nicht mit einem negativen Befund rechneten.
In Hinsicht auf die besonders seit dem 2. Weltkrieg in vielen Ländern aufgetretenen nationalistischen Tendenzen stellten wir uns die spezielle Aufgabe, die Rassenprobleme in der Union eingehend zu studieren, dies um so mehr als in der Nachkriegszeit tiefgreifende Unruhen, zum Teil vom Ausland geschürt, vom Fernen Osten her (Indonesien, Malaya, Indochina, Burma, Indien) sich nach dem Mittleren Osten und nach dem Norden Afrikas (Ägypten, Sudan, Marokko, Algier, Tunesien) ausgedehnt hatten. Ich konnte mich der Einsicht nicht erwehren, dass zwischen diesen Unruhen in so zahlreichen Ländern ein gewisser Zusammenhang bestehen müsse und dass die Gefahr nahe liegt, dass Afrika als Gesamtkontinent davon in absehbarer Zeit oder in fernerer Zukunft in Mitleidenschaft gezogen werden wird. Ich habe mich während dieser leider für dieses Studium etwas zu kurzen Reise überzeugt, dass dem tatsächlich so ist und dass alle Gebiete Afrikas Gefahren entgegengehen, die nicht ohne weiteres übersehen werden dürfen.
Über die Rassenverhältnisse und die Politik der Regierung in der südafrikanischen Union ist das meiste in unseren Separatberichten3 gesagt worden; was aber zu erwähnen ist, ist, dass alle von uns konsultierten Persönlichkeiten der Bank-, Industrie- und Geschäftswelt und auch die Privatpersonen, mit denen wir in Kontakt kamen, von einer ausgesprochenen Unruhe besessen sind, dass Entwicklungen in Vorbereitung sind, die das öffentliche Leben und den sozialen Frieden im Inneren schweren Prüfungen unterwerfen werden. Es ist schon richtig, dass die farbige Bevölkerung in der Union unbewaffnet ist und im Gegensatz zu anderen zahlreichen afrikanischen Ländern, zum Beispiel dem Kongo, Moçambique und Rhodesien, nie zu bewaffneten Militärdiensten oder zur Handhabe von irgend welchen Waffen herangezogen worden ist, doch wird diese Tatsache die Führung der Neger, der Mischlinge und der Inder nicht davon abhalten, durch Massendemonstrationen und Aktionen das Interesse der Welt auf ihr Problem zu lenken und die Regierung zu zwingen, in irgend einer Form ihren Ansprüchen entgegen zu kommen.
Die organisierte Opposition bezweckt denn auch nicht in erster Linie mit Gewalt ihre Rechte zu erlangen, sondern stützt sich hauptsächlich auf ihre Macht, das Wirtschaftsleben des Landes durch ständige Unruhen, Streiks, Sabotage und passive Resistenz zu stören. Trotzdem der Streik illegal ist und jeder Fehlbare unzweifelhaft der Verhaftung entgegengeht, kann man sich vorstellen, welche Folgen die passive Resistenz in erster Linie auf das sehr schwache Transportgebiet, aber auch in der Elektrizitäts- und Versorgungs-Industrie haben muss und schliesslich zu einer vollen, wenn auch nur zeitbedingten Lähmung des Wirtschaftslebens führen kann.
Dem kann entgegengehalten werden, dass die farbige Opposition nicht über genügend finanzielle Mittel verfügt, um solche Aktionen durchzuhalten; die Tatsache aber, dass die Opposition unzweifelhaft entschlossen ist, alle Mittel anzuwenden, um zu ihrem Recht zu gelangen, lässt mit Sicherheit erwarten, dass eine lange Periode von Unruhen, Demonstrationen, Zusammenstössen und wohl auch von Blutvergiessen bevorsteht, die naturgemäss zu einer Beschränkung des ausländischen Vertrauens, speziell des Anlagepublikums, führen muss. Im weiteren sind in absehbarer Zeit akute Unruhen und Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit dem Programm der Regierung, hunderttausende von Schwarzen mit Gewalt aus der Umgebung der grossen Städte zu entfernen, zu erwarten. Die von uns getroffenen Vertreter der farbigen Opposition haben auch durchblicken lassen, dass, falls die Regierung ihre Zwangsausbürgerungs-Massnahme in die Tat umsetzen sollte, gewisse Massnahmen der schwarzen Opposition gegenüber den weissen Siedlern auf dem Lande nicht ausgeschlossen sind.
Es ist die übereinstimmende Auffassung der Industrie, der Banken und des Handels, dass die Regierung es in der Hand hätte, gegenüber der farbigen Bevölkerung gewisse Konzessionen hinsichtlich der wirtschaftlichen Integration und der allmählichen direkten Vertretung der Farbigen im Parlament zu machen, die wenigstens den internen Frieden sicherstellen würden; im Gegenteil aber scheint die Regierung nichts zu unterlassen, um die farbige Opposition vor den Kopf zu stossen, zu irritieren und mit ständigen Nadelstichen aufzureizen, fast als ob sie wünschte offene Unruhen zu provozieren, um alsdann mit jeder Schärfe gegen die schwarzen Führer einzuschreiten und die Hauptverantwortlichen auf Jahre hinaus hinter Schloss und Riegel zu bringen.
Für ausländische Beobachter wie wir es waren, war es trotz eingehenden Prüfungen an vielen Orten des Landes nicht möglich, sich ein abschliessendes Urteil über die den Europäern fremde Politik der Nationalen Regierung zu bilden. Unsere Zweifel an der Zweckmässigkeit dieser Politik wurden durch die ebenfalls unverständliche Haltung der Regierung gegen die von England abstammenden Weissen Staatsbürger sowie durch die äusserst zurückhaltende Immigrationspolitik vertieft, um so mehr als die Handhabe der Immigrationsgesetze sich deutlich gegen die Katholiken und Juden richtet.
Endlich beschloss die Regierung vor kurzer Zeit die Errichtung von getrennten Schulen für die englischen und Afrikaner-Kinder, so dass das letzte bindende Glied für eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Hauptrassen der weissen Bevölkerung absichtlich ausgemerzt wird. Es ist unter diesen Umständen nicht erstaunlich, dass einer der Negerführer uns fragte, wie man sich überhaupt eine loyale Zusammenarbeit zwischen den Weissen und Schwarzen vorstelle, solange sich die beiden Hauptgruppen der weissen Bevölkerung bis aufs Messer bekämpfen.
Diese etwas pessimistische Darstellung der Sachlage darf nicht zum Schlusse führen, dass nun keine weiteren öffentlichen Anleihen oder Kredite nach Südafrika gewährt werden dürfen. Die Tatsache, dass einer farbigen Bevölkerung von 10 Millionen Menschen immerhin 2,5 Millionen Weisse gegenüberstehen, die nicht nur über eine ausgezeichnete Organisation, sondern über alle militärischen, polizeilichen und wirtschaftlichen Machtmittel verfügen, dürfte den Bestand der Union als weisses Gebiet auf verschiedene Jahrzehnte hinaus sicherstellen. Ich glaube deshalb, dass wohl-ausgewählte Anleihen und Kredite, die hauptsächlich im direkten Wirtschaftsinteresse der Schweiz stehen, auch in Zukunft gewährt werden können, wenn der Debitor der Staat ist oder eine erstklassige Industriegesellschaft mit Währungsgarantie der ausgezeichnet funktionierenden Zentralbank. Anderseits sollten meines Erachtens zukünftige Anleihen an Goldminen-Gesellschaften, speziell im Orange Free State, die nur dem Zweck des Ausbaus von bestehenden oder neuen Minen dienen, ohne dass grosse schweizerische Lieferungen in Frage kommen, nicht mehr getätigt werden. Aber auch in jenen Fällen, in welchen wir auf Grund von besonderen Umständen bereit sein sollten, langfristige Anleihen zu gewähren, sollte die Laufzeit möglichst kurz gehalten werden und auf jeden Fall in Zukunft 15 Jahre nicht übersteigen. Was immer wir auf dem Anleihens-Sektor tun werden, müssen wird darauf gefasst sein, dass die Kurse der ausgegebenen Anleihen unzweifelhaft unter dem Einfluss von Unruhen und Gewalttätigkeiten im Lande leiden werden, und wir haben deshalb meines Erachtens die Pflicht, unser Anlage-Publikum nicht unnötigerweise der Gefahr von grossen Kursverlusten auszusetzen.
Es ist wahrscheinlich, dass die Regierung in absehbarer Zeit für eine Anleihe an uns gelangen wird, für die Finanzierung von Eisenbahn- und Waggon-Material, währenddem die nächstes Jahr zu erwartenden grossen Bestellungen an elektrischen Lokomotiven durch kurz oder mittelfristige Kredite finanziert werden können; im weiteren ist zu erwarten, dass die Electricity Supply Commission in den nächsten 3 Jahren für ihre Bedürfnisse an Kapitalgütern mit einem Anleihensgesuch an uns herantreten wird; endlich bestehen eine Reihe von Elektrizitäts-Projekten der Städte Johannesburg, Capetown, Port Elizabeth, East London und Durban, doch sind wir weiterhin der festen Meinung, dass langfristige Anleihen an Städte nicht gewährt werden sollen und dass auch bei Lieferungskrediten mit grösster Vorsicht vorgegangen werden muss.
Die spezielle Prüfung der Rassenfrage hat uns auf alle Fälle gezeigt, dass der Schwerpunkt in der Entwicklung Südafrikas nicht auf dem Wirtschafts-Sektor, sondern auf demjenigen des Rassenproblems liegt, so dass dem letzteren in Zukunft ständige und vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
In Hinsicht auf die negative Weltmeinung betreffend die radikale Rassenpolitik Dr. Malans war es ein guter Rat der südafrikanischen Regierung, dass wir die Rassenprobleme in anderen Gebieten Afrikas studieren sollten, um abschliessend zu einer Meinung zu gelangen, die den tatsächlichen Verhältnissen näher kommt.
Moçambique. (Portugiesisch Ost-Afrika)
Die Rassenfrage scheint dort überhaupt kein Problem zu sein, indem die schwarze Bevölkerung genau die gleichen Rechte geniesst wie die weisse; abgesehen davon besteht praktisch keine Industrie, so dass der grösste Teil der Bevölkerung auf dem Lande beschäftigt ist und schon aus diesem Grund keine akute Gefahr für die Regierung bildet.
Inbezug auf eventuelle Finanzierungen kann es sich natürlich nur um solche handeln, welche Kapitalgüter-Lieferungen aus der Schweiz zur Grundlage haben oder sonst von der portugiesischen Regierung vollgültig garantiert werden, soweit wir überhaupt bereit sind, dem Mutterland Kredite einzuräumen.Rhodesien.
Die neue Federation steht noch in ihren Kinderschuhen und man muss auf alle Fälle einige Jahre abwarten, wie sich das neue Gebilde entwickelt, bevor an direkte Kredite oder Anleihen gedacht werden kann.
Der Zusammenschluss der drei Länder, Süd-Rhodesien, Nord-Rhodesien und Njassaland, mag auf Grund der wirtschaftlichen Situation der Länder als unverständlich erscheinen, indem Njassaland ein äusserst armes Protektorat ist, das gänzlich von England abhängt und unter grosser Arbeitslosigkeit leidet. Süd-Rhodesien anderseits ist ein scharf nach oben strebendes Land mit starker Verschuldung und einem ungeheuren Kapitalbedürfnis, um wenigstens einen Teil des Landes urbar zu machen, moderne Verkehrswege zu schaffen und eine einheimische Industrie auf breiter Basis zu entwickeln. Im Gegensatz dazu ist Nord-Rhodesien mit seinem ungeheuren Kupferreichtum ein wirtschaftlich unabhängiges Land, das nicht das geringste wirtschaftliche Interesse hatte, seine Überschüsse zur Deckung der Defizite und Importüberschüsse Süd-Rhodesiens zur Verfügung zu stellen. Der Zusammenschluss erfolgte in aller erster Linie, um im Zentrum Afrikas ein starkes Staatsgebilde zu schaffen, um wirtschaftlich, finanziell und hauptsächlich rassenpolitisch zu einem Bollwerk zu werden, das allen politischen Gefahren von aussen und von innen in Zukunft mit Kraft und Erfolg begegnen kann.
Die bisherige Rassenpolitik ist aber so verschieden in den drei Gebieten, dass es viele Anstrengungen brauchen wird, um ein einheitliches System zu schaffen, das ein friedliches Auskommen mit den Schwarzen auf lange Sicht sicherstellt, wobei naturgemäss in erster Linie für die soziale und wirtschaftliche Besserstellung der schwarzen Bevölkerung alle Anstrengungen gemacht werden müssen.
Nachdem die neue Federation noch über keine Zentralbank verfügt und die Bank of England es ablehnt, ihre Devisengarantie für Anleihen oder Kredite zu geben, die an die Federation oder an private Gesellschaften in Rhodesien gewährt werden könnten, ist schon von diesem Standpunkte aus gesehen die Gewährung von Anleihen und Krediten meines Erachtens ausgeschlossen, es sei denn, dass der Debitor oder Garant in England oder Amerika domiziliert ist, wie dies bei einigen grösseren Gesellschaften der Kupfer und Asbest-Industrie der Fall ist.
Belgischer Kongo.
Die Eingeborenen-Verhältnisse scheinen dort, soweit dies überhaupt möglich ist, ideal zu liegen, indem die einheimische Bevölkerung zu allen Ämtern und Arbeiten genau so zugezogen wird, wie dies für die Weissen der Fall ist, so dass bei den Banken, in der Regierung und auch bei der Industrie zum allergrössten Teil Einheimische beschäftigt werden, die sich im übrigen über grosse Kenntnisse und Anpassungsfähigkeiten ausweisen. Immerhin gibt sich auch dort die Regierung davon Rechenschaft, dass die weisse Herrschaft zeitlich beschränkt ist und dass die beste Lösung, die erwartet werden kann, in einer friedlichen Nebeneinanderarbeit besteht; wie man sich das praktisch vorstellt, war unergründlich, indem bei einer Gleichstellung der einheimischen Bevölkerung mit den Weissen eine derart grosse zahlenmässige Überlegenheit der Neger zutage tritt, dass ein Bestehen auf lange Sicht der weissen Bevölkerung in dominierender Stellung (z. B. auf dem Industrie-Sektor, in der Technik und Wissenschaft) nicht ohne weiteres als gesichert erscheint. Immerhin verfolgt Belgien eine ausserordentlich kluge Kolonial-Politik, die von der Kirche und von den Stammeshäuptlingen stark unterstützt wird, während alles vermieden wird, was der schwarzen Oberschicht den Eindruck der Zurücksetzung oder der Inferiorität geben könnte. Es ist deshalb sehr wohl möglich, dass sich der Kongo am längsten als weisse Kolonialmacht halten wird, auch weil der Lebensstandard der einheimischen Bevölkerung in ständiger Verbesserung begriffen ist und die Einheimischen selbst einsehen, dass sie in wirtschaftlicher und industrieller Hinsicht noch gänzlich von den Weissen abhängig sind.
Tanganjika, Uganda und Kenya.
Ich beziehe mich auf meinen Separatbericht, so dass sich eine Zusammenfassung erübrigt.Konklusion.
Es ist ganz unzweifelhaft, dass Afrika mit Ausnahme von wenigen Gebieten ein akuter Unruheherd geworden ist, der sich kaum definitiv wieder ganz beruhigen wird. Im Gegenteil befürchte ich, dass die Sowjets alles versuchen werden, um in Afrika Fuss zu fassen und ihre Macht auszudehnen; dass dies in Hinsicht auf die relativ sehr niedrige Bildungsstufe und den bescheidenen Lebensstandard der Negerbevölkerung nicht allzu schwer sein dürfte, liegt auf der Hand.
Anderseits ist zu bedenken, dass die Südafrikanische Union, wie bereits erwähnt, vor keiner Massnahme zurückschrecken wird, um den Bestand der weissen Kontrolle in Südafrika auf unbestimmte Zeit sicherzustellen. Im weitern ist die Kolonialpolitik der Portugiesen und Belgier eine so verständnisvolle und den Ansprüchen der Einheimischen entgegenkommende, dass dort kaum mit akuten Gefahren in absehbarer Zeit gerechnet werden muss, wenn auch dort der kommunistische Einfluss alles versuchen wird, um Fuss zu fassen und sich auszubreiten.
Als wichtiger Punkt ist im weiteren zu erwähnen, dass in Hinsicht auf die drohende Gefahr in allen Ländern besonders auch im Kongo, in Moçambique und Angola die Regierungen ein ausgedehntes Polizei- und Informations-Netz aufgebaut haben, das ihnen gestattet, von den kleinsten Anzeichen von Unzufriedenheit, Unruhen oder fremden Einflüssen Kenntnis zu erhalten und prompt die nötigen Massnahmen ergreifen. Dass die portugiesische und belgische Regierung ihr Handwerk auch in dieser Hinsicht verstehen und bei gefährlichen Elementen die schärfsten Massnahmen ergreifen, zeigen die Verhältnisse an Ort und Stelle.
Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass der allergrösste Teil der Neger in allen Ländern Afrikas die weisse Herrschaft der schwarzen vorzieht, und es besteht meines Erachtens nicht der geringste Zweifel, dass bei der Eliminierung von weissen Regierungen in einzelnen Gebieten sofort die alten Kämpfe zwischen den zahlreichen Negerstämmen ausbrechen werden, indem kein Negerstamm die Autorität eines andern anerkennen wird. Die Eliminierung der weissen Rasse in Afrika müsste deshalb zwangsmässig zu einem totalen Chaos auf diesem Kontinent führen, und es ist vielleicht die Erkennung dieser Gefahr, die auch die schwarze Opposition warnt, in ihren Ansprüchen mit Vorsicht aufzutreten und die Lösung in einer allmählichen Ausbildung und Vorbereitung der einheimischen Bevölkerung zu höheren Aufgaben zu suchen.
Abschliessend ist es meine Überzeugung, dass wir inskünftig inbezug auf Afrika in allen unseren Anleihens- und Kredit-Hingaben vermehrte Vorsicht und Zurückhaltung beobachten müssen, und dass es wichtig ist, auch in Zukunft regelmässige Reisen nach diesem Kontinent zu unternehmen, um die Entwicklung der Verhältnisse, besonders auf dem Rassensektor, an Ort und Stelle verfolgen zu können.
- 1
- Rapport: E 2001(E)1970/217/407.↩
- 2
- Der Bericht wurde am 6. Juli 1954 von A. C. Nussbaumer an M. Petitpierre zusammen mit zwei andern Berichten übergeben: Reise nach Südafrika vom 18. März – 16. April 1954. Zwischenbericht vom 24. April 1954 (dodis.ch/10600), und Reisebericht von Herrn A. C. Nussbaumer über Tanganjika, Uganda, Kenya, Mai 1954 vom 21. Mai 1954 (dodis.ch/9453). Am 8. Juli bedanket sich M. Petitpierre bei A. C. Nussbaumer für dessen Bericht und fügte bei: Vos conclusions concordent avec celles auxquelles les renseignements que nous possédons sur l’évolution en Afrique nous permettent d’arriver. Il m’intéressait vivement de connaître vos impressions sur notre représentation diplomatique et consulaire dans les différents pays que vous avez visités. E 2001(E)1970/217/407. Für die Antwort von A. C. Nussbaumer vom 15. Juli 1954 vgl. E 2004(B)1971/13/7-8 (dodis.ch/10679).↩
- 3
- Vgl. Anm. 1.↩
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