dodis.ch/75 Interne Notiz des Politischen Departements
1 WIRTSCHAFTSVERHANDLUNGEN MIT POLEN
An der Sitzung vom 28. September2 in der Handelsabteilung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes wurde festgestellt, dass Wirtschaftsverhandlungen mit Polen wünschbar sind und zwar aus folgenden Gründen:
1. Auf Grund privater Informationen scheinen Liefermöglichkeiten für Kohle aus dem polnischen und ehemals schlesischen Kohlenbezirk in die Schweiz zu bestehen.
2. Die schweizerischen finanziellen Interessen sowohl in Alt-Polen wie in den neu zu Polen gekommenen Gebieten sind bedeutend. Sie betragen für Anleihen, Kredite und Beteiligungen rund 134 Millionen Franken; der Saldo aus dem früheren Kompensationsverkehr mit Polen ist unbedeutend. Dagegen scheinen die Einzelforderungen aus schweizerischem Besitz in Polen von früher in Alt-Polen, im Wartegau und in Schlesien domizilierten Landsleuten einen namhaften Betrag zu erreichen. Genaue Zahlenangaben liegen noch nicht vor3.
Für die Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen mit Polen sind zwei Etappen vorgesehen worden:
a) Erste Etappe: Die Schweiz wäre bereit, Investitionsgüter nach Polen zu liefern und an Zahlungsstatt Kohle und allfällige andere Bodenschätze und landwirtschaftliche Produkte zu beziehen. Sie ist auch geneigt, solche Transaktionen zu finanzieren, damit der Wirtschaftsverkehr anläuft unter der Bedingung, dass Polen die schweizerischen Forderungen gegenüber Alt-Polen und die schweizerischen Forderungen aus dem Besitz in Alt- und Neu-Polen restlos anerkennt.
b) Zweite Etappe: Sobald der Warenverkehr aus Polen in die Schweiz eingesetzt hat, soll eine Quote im Rahmen des Warenverkehrs zur Abtragung der sub a) erwähnten Forderungen vorgesehen werden. Inzwischen soll seitens der Schweizerischen Bankiervereinigung und dem Eidg. Politischen Departement die Enquête für die zahlenmässige Erfassung der erwähnten Forderungen durchgeführt werden4.
Die Handelsabteilung ist bereit, mit einer polnischen Handelsdelegation in Besprechungen zu treten und allenfalls nach Warschau zu reisen, sobald von der polnischen Regierung eine offizielle Einladung5 zu solchen Verhandlungen bei der Handelsabteilung eingegangen ist6.