Schweizerische Interessen in Polen. Etappen und Voraussetzungen einer Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 16, doc. 30
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1572#887* |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/1572 633 |
dodis.ch/75 Interne Notiz des Politischen Departements1 WIRTSCHAFTSVERHANDLUNGEN MIT POLEN
An der Sitzung vom 28. September2 in der Handelsabteilung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes wurde festgestellt, dass Wirtschaftsverhandlungen mit Polen wünschbar sind und zwar aus folgenden Gründen:
1. Auf Grund privater Informationen scheinen Liefermöglichkeiten für Kohle aus dem polnischen und ehemals schlesischen Kohlenbezirk in die Schweiz zu bestehen.
2. Die schweizerischen finanziellen Interessen sowohl in Alt-Polen wie in den neu zu Polen gekommenen Gebieten sind bedeutend. Sie betragen für Anleihen, Kredite und Beteiligungen rund 134 Millionen Franken; der Saldo aus dem früheren Kompensationsverkehr mit Polen ist unbedeutend. Dagegen scheinen die Einzelforderungen aus schweizerischem Besitz in Polen von früher in Alt-Polen, im Wartegau und in Schlesien domizilierten Landsleuten einen namhaften Betrag zu erreichen. Genaue Zahlenangaben liegen noch nicht vor3.
Für die Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen mit Polen sind zwei Etappen vorgesehen worden:
a) Erste Etappe: Die Schweiz wäre bereit, Investitionsgüter nach Polen zu liefern und an Zahlungsstatt Kohle und allfällige andere Bodenschätze und landwirtschaftliche Produkte zu beziehen. Sie ist auch geneigt, solche Transaktionen zu finanzieren, damit der Wirtschaftsverkehr anläuft unter der Bedingung, dass Polen die schweizerischen Forderungen gegenüber Alt-Polen und die schweizerischen Forderungen aus dem Besitz in Alt- und Neu-Polen restlos anerkennt.
b) Zweite Etappe: Sobald der Warenverkehr aus Polen in die Schweiz eingesetzt hat, soll eine Quote im Rahmen des Warenverkehrs zur Abtragung der sub a) erwähnten Forderungen vorgesehen werden. Inzwischen soll seitens der Schweizerischen Bankiervereinigung und dem Eidg. Politischen Departement die Enquête für die zahlenmässige Erfassung der erwähnten Forderungen durchgeführt werden4.
Die Handelsabteilung ist bereit, mit einer polnischen Handelsdelegation in Besprechungen zu treten und allenfalls nach Warschau zu reisen, sobald von der polnischen Regierung eine offizielle Einladung5 zu solchen Verhandlungen bei der Handelsabteilung eingegangen ist6.
- 1
- E 2001 (E) 2/633. Paraphe: HZ. Diese Notiz an W. Stucki wurde erstellt und unterzeichnet von A. Zehnder.↩
- 2
- Vgl. die nicht abgedruckte Notiz zur Conférence présidée par M. Troendle au sujet de la reprise des échanges avec la Pologne vom 28. September 1945.↩
- 4
- Zur Frage einer Enquête über schweizerische Forderungen in Polen siehe E 2001 (E) 1/368 sowie E 9500.2 1976/18/17.↩
- 5
- Randnotiz auf dem vorliegenden Dokument, von W. Stucki am 3. Oktober 1945 angebracht: Die Einladung kann als offiziell erfolgt betrachtet werden. Ich habe heute dem prov. poln. Geschäftsträger erklärt, eine schweiz. Delegation werde sich so bald als möglich nach Warschau begeben. Erbitte Bericht, wann reisen. Die polnische Einladung erfolgte am 4. Oktober 1945; siehe hierzu E 2001 (E) 2 /633.↩
- 6
- Zu den Wirtschaftsverhandlungen zwischen der Schweiz und Polen siehe E 7110/1967/ 32/821Polen sowie E 7110/1973/119/36.Ein Waren- und Zahlungsabkommen wurde am 4. März 1946 abgeschlossen, vgl. dodis.ch/1785.↩
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