dodis.ch/47943 L’Attaché militaire et de l’Air près la Légation de Suisse à
Berlin,
P. Burckhardt, au Service de Renseignements et de Sécurité de l’Etat-Major Général de l’Armée
1 SPEZIALBERICHT; LAGEORIENTERUNG DURCH DEN CHEF DES WEHRMACHTSFÜHRUNGSSTABES GENERALOBERST JODL
Am Samstag, den 13. Januar, fand durch den Chef des Wehrmachtsführungsstabes eine eingehende Orientierung der Militârattachés der verbündeten Länder über die Lage statt. Anschliessend daran waren auch die Vertreter der neutralen Staaten zum Vortrag gebeten, wobei Generaloberst Jodl folgendes ausführte:
[...]2 Bezüglich der Schweiz wies Generaloberst Jodl darauf hin, dass sich der Krieg nunmehr wieder den Grenzen dieses Landes genähert habe. Alle im Führungsstab eingetroffenen Meldungen, einschliesslich einer Meldung des Reichsführers SS, würden übereinstimmend dahin lauten, dass die Schweiz in militärischer und politischer Hinsicht eine überaus korrekte, neutrale Haltung eingenommen hätte. Besonders die Haltung der Truppe an der Grenze sei beiden kämpfenden Parteien gegenüber gleichmässig korrekt gewesen.
Was die humanitären Bestrebungen der Schweiz anbelange, so würden sie von Deutschland nicht nur anerkannt, sondern überall da mit allen Mitteln unterstützt, wo auf der anderen Seite Gegenrecht gehalten werde. (Anlässlich eines Gespräches unter vier Augen erklärte Generaloberst Jodl, dass er auch seinerseits bereit sei, alle Bestrebungen im Hinblick auf eine Betreuung der Kriegs- und auch allenfalls politischen Gefangenen auf deutscher und französischer Seite unter Mitwirkung der Schweiz zu befürworten und zu unterstützen.)
In allgemeiner Hinsicht führte sodann der Chef des Wehrmachtführungsstabes noch aus, dass die Lage wohl ernst, in keiner Weise aber bedenklich sei. Er wies besonders darauf hin, dass Deutschland eine grosse europäische Mission zu erfüllen habe und hierin doch von weiten Kreisen der Bevölkerung der heute noch besetzten Länder unterstützt werde. Der Schluss seiner Ausführungen gipfelte in einem Angriff gegen den Bolschewismus und in einem Bekenntnis zum Glauben an den deutschen Endsieg.
Obschon die Ausführungen des Chefs des Wehrmachtführungsstabes frei vorgetragen den Charakter einer zwangslosen, persönlichen Meinungsäusserung zu tragen beabsichtigt waren, muss doch erwähnt werden, dass sie von einem Stenografen und zwei Stenografinnen aufgenommen wurden, und somit bezüglich ihrer innerdeutschen Wirkung und mit Rücksicht auf das Echo im eigenen Lager gewisse Feinheiten, die gegenüber ausländischen Waffenattachés geschickter gewirkt hätten, vermissen Hessen.
Bei dem nachfolgenden kleinen Empfang wurde der schweizerische Militärattaché an den Tisch von Generaloberst Jodl gebeten und hatte so Gelegenheit, sich im kleinen Kreise noch mit ihm zu unterhalten.
Dabei gewann man den Eindruck, dass unbedingt in diesen Kreisen noch mit der Möglichkeit eines Kompromissfriedens gerechnet wird. Ohne den Ernst der Lage zu verkennen, erweckt die Haltung dieser Kreise jedoch den Eindruck, dass nach wie vor die Möglichkeiten der Alliierten unterschätzt werden. Insbesondere glaubt man immer mehr an eine Spaltung innerhalb der Westmächte, hervorgerufen durch kommunistische Wühlarbeit in Frankreich und im Balkan. Dies zusammen mit der erwarteten Kriegsmüdigkeit bei den angelsächsischen Völkern wird als schlussendliches Positivum für Deutschland angesehen.