Language: German
12.6.1944 (Monday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 12.6.1944
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Instructions du Conseil fédéral pour les négociations économiques avec l’Allemagne.

Classement thématique série 1848–1945:
III. RELATIONS ÉCONOMIQUES INTERNATIONALES
III.1. ALLEMAGNE
III.1.1. ALLEMAGNE - RELATIONS ÉCONOMIQUES
How to cite: Copy

Printed in

Philippe Marguerat, Louis-Edouard Roulet (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 156

volume link

Bern 1992

more… |
How to cite: Copy
Cover of DDS, 15

Repository

dodis.ch/47760
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 12 juin 19441

1049. Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland

Das Volkswirtschaftsdepartement berichtet folgendes:

«Die für Anfang Juni ds. Js. in Aussicht genommenen Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland haben am 8. Juni ihren Anfang genommen, nachdem die ständige Verhandlungsdelegation Gelegenheit hatte, die schweizerische Stellungnahme mit der bundesrätlichen Finanz- und Wirtschaftsdelegation am 6. ds. durchzubesprechen2.

1. Die bisher vorliegenden Resultate des Wirtschaftsabkommens mit Deutschland vom 24. März 1944 zeigen mit aller Deutlichkeit, dass das seinerzeit den Verhandlungen zu Grunde gelegte Budget, wie zu befürchten war, nicht hat eingehalten werden können3. Wurde nämlich damals mit monatlichen Einzahlungen auf Warenkonto von 31 Mio Fr. gerechnet, so haben sich die tatsächlichen Einzahlungen in Mio Fr. wie folgt gestaltet:

Januar 23,5

Februar 21,9

März 25,5

April 23,6

Mai 25,9

Total 120,4:5 = 24,08 Mio Fr. monatsdurchschnittlich. Es fehlen somit auf Warenkonto auf Ende Juni ca. 35 Mio Fr., dazu kommt noch etwa 5 Mio Fr. Defizit auf Landwirtschaftskonto, somit erreicht das Manko ca. 40 Mio Fr. Dieser neue Fehlbetrag muss nach unserer Auffassung durch zusätzliche Warenlieferungen durch Deutschland sukzessive abgetragen werden; sicherlich keine unvernünftige schweizerische Forderung angesichts der Vertragsbestimmung der Sondervereinbarung vom 18. Juli 19414, wonach nach Ablauf des Verrechnungsabkommens Ende 1942 mit einer angemessenen Tilgung der Clearingvorschüsse unverzüglich begonnen werden sollte. Übrigens ging ja der Kampf in den letzten Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland nicht zuletzt um den Grundsatz des selbsttragenden Clearings.

2. Wenig erfreulich gestaltete sich ferner die Eiseneinfuhr : Wir müssen mit einem Manko von ca. 10 0001 rechnen, was genau dem Betrag der als zusätzlich versprochenen Menge zur Ausbalancierung des Budgets entsprach. Zudem hat auch der Transferfonds keinen Überschuss mehr an das Warenkonto abliefern können und auch die Nebenkosten-Einnahmen sind mit monatlich 0,3 Mio Fr. hinter dem budgetierten Betrag von 2,5 Mio Fr. zurückgeblieben. Dagegen hat sich auf der Ausgabenseite durch die starken Transitfrachten eine erhebliche Mehrbelastung des Ausgaben-Budgets im Umfang von ca. 3,5 Mio Fr. ergeben. Früher war dieser Posten für uns passiv, d.h. es ergab sich ein gewisser Überschuss zu Gunsten des Clearings. Seitdem die Deutschen dazu übergegangen sind, ihre Transite nach Italien franko italienische Grenze zu fakturieren, hat sich dieser Überschuss zu Gunsten des Verrechnungsverkehrs in ein starkes Defizit verwandelt. Die Schweiz muss daher verlangen, dass diese Transit-Frachten in freien Devisen und nicht via Clearing beglichen werden.

3. Um das Yerrechnungsabkommen aber in Zukunft wirklich als selbsttragend zu gestalten, ist ein weiterer Abbau unserer Ausfuhr nach Deutschland nicht zu vermeiden. Um das erwähnte Manko von ca. 40 Mio Fr. für das 2. Semester 1944 zu decken, sehen wir eine Halbierung der bisherigen 40% von 1942 betragenden Ausfuhrkontingente für eigentliches Kriegsmaterial (Waffen, Munition, Zünder), Werkzeugmaschinen und Kugellager vor, was eine Ersparnis ausmacht von

[...]5

Der stärkere Abbau für das Kriegsmaterial, die Werkzeugmaschinen und die Kugellager rechtfertigt sich wegen der starken Aufblähung dieser Ausfuhren, die das 10 und mehrfache der früheren Exporte betragen und daher von der alliierten Seite ganz besonders beanstandet werden. Unsere Erhebungen haben ergeben, dass wir an Deutschland sog. kriegswichtige Waren (geleitscheinpflichtige und ausfuhrkontingentierte) lieferten im Jahre 1937 für ca. 47 Mio Fr., im Jahre 1943 dagegen für 425 Mio Fr. An die Feindstaaten von Deutschland betrug die bezügliche Ausfuhr 1937 ca. 80 Mio Fr. und im Jahre 1943 nur 18 Mio Fr. In den ersten 4 Monaten 1944 lieferten wir für 33 Mio Fr. geleitscheinpflichtige Waren nach Deutschland und nur für 3 Mio Fr. an die Alliierten. Der vorgesehene weitere Abbau dieser kriegswichtigen Ausfuhren nach Deutschland lässt sich somit durchaus rechtfertigen.

4. Trotz des neuen Abbaues unserer Lieferungen an Deutschland mit Rücksicht auf den Grundsatz des selbsttragenden Clearings müssen wir von Deutschland wie in den bisherigen Abkommen die Versorgung im min. bisherigen Umfang unseres Landes mit Kohlen, Eisen, flüssigen Brennstoffen sowie mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen und Düngemitteln verlangen. Dabei ist die Schweiz bereit, wiederum einen landwirtschaftlichen Briefwechsel zu vereinbaren, durch welchen sich die Schweiz im Rahmen eines ungefähr ausgeglichenen Landwirtschaftskonto verpflichtet, 3000 Stück Vieh, sowie Obst und Obstprodukte zu liefern. Schliesslich hoffen wir im Zuge dieser Verhandlungen auch die Kriegsschädenfrage möglichst weitgehend fördern zu können. Wir haben aber auch nicht verfehlt, die Deutschen auf das Inkongruente ausdrücklich aufmerksam zu machen, das darin besteht, für wichtige deutsche Kriegsmateriallieferungen (Flugzeuge etc.) freie Devisen zu verlangen, während die Schweiz für Hunderte von Millionen Fr. solche Produkte vermittelst Bundesvorschüssen und Bundesgarantie via Clearing nach Deutschland geliefert hat. Dass auch wiederum eine befriedigende Regelung der zahlreichen Gegenblockade- und Transitfragen erreicht werden musse, sei der Vollständigkeit halber aufgeführt.»

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen wird antragsgemäss von diesem Bericht als Instruktionen an die Verhandlungsdelegation in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen.

1
E 1004.1 1/446.
2
Sur ces négociations, cf. notamment E 2001 (E) 2/575, 589 et 590, E 7110/1967/32/900Deutschland/12 e?13. Cf. aussi la lettre de A. Zehnder à J. Hotz du 24 juin 1944 (E 2300Berlin/39).
3
Cf. No 107.
4
K 1.947.
5
Für die Tabelle vgl. dodis.ch/47760. Pour le tableau, cf. dodis.ch/47760. For the table, cf. dodis.ch/47760. Per la tabella, cf. dodis.ch/47760.