Classement thématique série 1848–1945:
2. RELATIONS BILATÈRALES
2.1. ALLEMAGNE
2.1.1. RELATIONS ÉCONOMIQUES
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 14, doc. 351
volume linkBern 1997
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7110#1967/32#46638* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7110-01(-)1967/32 1740 | |
Titolo dossier | Verhandlungen (1943–1943) | |
Riferimento archivio | 900 • Componente aggiuntiva: Deutschland |
dodis.ch/47537
Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 30. April2[No. 43.100/DSL.2.1.] beehren wir uns, Sie hiermit über die jüngste Entwicklung in den schweizerischdeutschen Wirtschaftsbeziehungen zu orientieren, obschon das jetzige Verhandlungsstadium noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann.
Wie Sie wissen, hat Deutschland in den Verhandlungen zur Verlängerung des schweizerisch-deutschen Abkommens, welche am 15. Januar 1943 ergebnislos abgebrochen wurden - woraus sich ein vertragsloser Zustand ergab, der heute noch andauert - sich geweigert, seine in der «Sondervereinbarung» vom 18. Juli 19413 übernommenen Verpflichtungen betreffend die Lieferung von Kohlen weiterhin zu erfüllen. Daraufhin hat die Schweiz die Bundestransfergarantie für sämtliche Zahlungen, welche nach dem 15. Januar ds. Js. bei der Deutschen Verrechnungskasse in Berlin eingingen, sistiert.
Besprechungen auf diplomatischem Wege, welche sich über eine längere Zeitspanne hinzogen, führten schliesslich am 4. April zu einer Einigung4 betreffend die de facto Weiterführung der deutschen Kohlenlieferungen, wogegen sich die Schweiz bereit erklärte, die Bundestransfergarantie wieder zu gewähren und zwar für sämtliche deutschen Bestellungen, welche innerhalb der 850 Millionen Limite der «Sondervereinbarung» vom 18. Juli 1941 gemacht wurden. Praktisch sind dies solche Geschäfte, für welche eine Devisenbescheinigung bis spätestens 15. Januar 1943 erteilt worden ist.
Diese provisorische Einigung ist zustande gekommen auf Grund einer schweizerischen Zusage, grundsätzlich gegen neue deutsche Kohlen-, Eisenlieferungen usw. neue Kreditfazilitäten einzuräumen. Dabei wurde in Aussicht genommen, solche Kreditfazilitäten ohne weitere direkte Inanspruchnahme der Bundeskasse zu gewähren, nämlich durch die Ausdehnung der Wartefristen von 3 auf 9-12 Monate (unter Aufrechterhaltung der Garantie des Bundes, dass die Clearingzahlung nach Ablauf der Wartefrist erfolgt), sowie durch Gewährung eines sogenannten Kohlenkredites. Dieser letztere Kredit sollte in der Weise durchgeführt werden, dass, ähnlich wie im letzten Kriege5, jeder industrielle Kohlenimporteur pro eingeführte Tonne Kohle ein Kohlenkreditpapier zu zeichnen hätte, dessen Gegenwert als Clearingvorschuss ins Warenkonto abgeführt werden sollte. Diese Kohlenkredit wäre so ausgestaltet worden, dass der Kohlenimporteur ein negoziables, mit Bundestransfergarantie ausgestattetes Papier erhalten hätte, welches Deutschland eine bestimmte Zeit nach Kriegsschluss in Form von Kohlenlieferungen hätte zurückzahlen können.
Nach unsern Berechnungen wären mit Hilfe der Ausdehnung der Wartefristen und des Kohlenkredites für Deutschland zusätzliche Bestellmöglichkeiten im Umfang von mindestens 300 Millionen Fr. geschaffen worden. Als Gegenleistung für diese zusätzlichen Kredite hätte Deutschland sich für mindestens ein Jahr zu neuen Kohlenlieferungsverpflichtungen, zur Lieferung von Eisen, flüssigen Brennstoffen, etc., sowie zu erheblichen Konzessionen auf dem Gebiet der Gegenblockade6 herbeilassen müssen.
Mit einem solchen Verhandlungsprogramm ausgestattet, begab sich eine kleine Delegation, bestehend aus dem Unterzeichneten Direktor, Direktor Hornberger und Legationsrat Kohli, nach Berlin, wo sie vom 12.-22. April mit einer deutschen Delegation verhandelte.
Zu ihrer grossen Bestürzung musste die schweizerische Delegation alsbald feststellen, dass Deutschland sich an die ihm in der «Sondervereinbarung» vom 18. Juli 1941 eröffnete Kreditlimite von 850 Millionen Fr. nicht gehalten hat. Die von der schweizerischen Delegation geforderte Schlussabrechnung ergab vielmehr, dass Deutschland diese Kreditlimite um rund 300 Millionen Fr. überzogen hat. So betrüblich und folgenschwer diese Feststellung war, so gab sie doch der schweizerischen Delegation einen guten moralischen und verhandlungstaktischen Ausgangspunkt. Die schweizerische Delegation stellte sich nämlich auf den Standpunkt, dass, sobald im Clearingverkehr die Limite von 850 Mill. Fr. erreicht sei, die Zahlungen eingestellt und somit über den schweizerisch-deutschen Clearing gleichsam der Konkurs öffentlich erklärt werden müsse, wobei dieser Konkurs durch ein deutsches Vorgehen herbeigeführt würde, welches sich in nichts unterscheidet vom Vorgehen einer Privatperson, welche Checks auf eine Bank zieht, ohne über die entsprechenden Guthaben zu verfügen! Es scheint, dass der drohende Eintritt einer solchen für das grossdeutsche Reich sicher blamablen Situation auf die deutsche Delegation und die ihr Vorgesetzten Stellen ihren Eindruck nicht verfehlt hat, umsomehr, als die schweizerische Delegation in dieser Beziehung durchwegs einen festen Standpunkt vertrat.
Nach sehr schwierigen Verhandlungen gingen die beiden Delegationen schliesslich auseinander, wobei die schweizerische Delegation auf Wunsch der deutschen sich herbeiliess, dem Bundesrat vorzuschlagen, die «Konkurserklärung» über das schweizerisch-deutsche Clearing noch um einen Monat, d.h. bis Ende Mai, hinauszuschieben, um den beiden Delegationen Gelegenheit zu weitern Verhandlungen zu geben. Diese schweizerische Konzession, welche inzwischen vom Bundesrat sanktioniert worden ist, wurde mit nicht uninteressanten deutschen Gegenleistungen verknüpft. Wir gestatten uns, für Einzelheiten in diesem Zusammenhang auf den beiliegenden Antrag an den Bundesrat vom 27. April7, welchen der Bundesrat in seiner Sitzung vom 28. April genehmigt hat, zu verweisen. Auf Grund dieser neuesten Instruktionen des Bundesrates ist die schweizerische Delegation erneut an die deutsche Regierung gelangt und es scheint nach einem gestern aus Berlin eingetroffenen Telegramm8, dass die Verhandlungen demnächst in Bern wieder aufgenommen werden können.
Es ist müssig, über das Ergebnis dieser Verhandlungen Prophezeiungen anstellen zu wollen. Die Schweiz befindet sich mehr denn je zwischen Hammer und Ambos, d.h. zwischen den englischen Forderungen auf Reduktion der kriegswichtigen Lieferungen nach Deutschland und der gegenteiligen Forderung Deutschlands, welches möglichst viel von diesen kriegswichtigen Exporten retten möchte. Um den englischen Wünschen Rechnung tragen zu können, und ferner auch um angesichts der offensichtlichen Vertragsunsicherheit Deutschlands die Kontrolle unserer Exporte und damit unserer Garantieleistungen selbst in die Hand zu nehmen, ist die Ausfuhr nach Deutschland unter gewissen wichtigen Zolltarifpositionen mit Wirkung ab 9. April a.c. grundsätzlich kontingentiert worden. Sie werden auf Grund Ihrer frühem Erfahrungen sich ja leicht ein Bild darüber machen können, was es heisst, die Ausfuhr nach Deutschland, insbesondere auf dem Gebiete des Maschinen- und Kriegsmaterialexportes, zu kontingentieren! Sollten die bevorstehenden Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen, so droht uns die Gefahr, dass Deutschland verschärfte Massnahmen u.a. auf dem Gebiete der Gegenblockade trifft, Massnahmen, welche theoretisch bis zur vollständigen Abschnürung der Ein- und Ausfuhr der Schweiz gehen könnten. Für einen solchen Fall ist es natürlich ausserordentlich wichtig, welche Haltung Italien einnehmen würde9.
- 1
- Lettre (Copie): E7110#1967/32#46638*.↩
- 2
- Dans sa lettre non reproduite du 30 avril écrite après avoir lu la circulaire du 8 avril 1943 du Vorort de l’USCI, P. Vieli demande à J. Hotz d’être renseigné plus précisément sur l’évolution des relations germano-suisses. J. Hotz charge F. Gygax de préparer une réponse et de la lui soumettre personnellement.↩
- 3
- Cf. ci-dessus Ncs 78 et 82.↩
- 4
- Cf. les PVCF ° 593 du 26 mars et No 693 du 9 avril 1943, E 1004.1 1/431-432.Cf. aussi E 7001 (B) 1/254, E 7110/1967/32/75, E 7110/1976/134/58, E 7110/1973/135/40, 52 et 54.↩
- 5
- Il s’agit de l’accord économique germano-suisse du 20 août 1917. Cf. DDS, vol. 6, doc. 336, dodis.ch/43611.↩
- 7
- E 7800/1/17.Cf. PVCF No 794 du 28 avril 1943, E 1004.1 1/432.Lors de sa séance du 30 avril, le Conseil fédéral approuve un projet de note soumis aux négociateurs allemands, cf. PVCF 0 802, E 1004.1 1/432.↩
- 8
- Non reproduit.↩
- 9
- Vieli remercie Hotz pour ce rapport par une lettre du 20 mai 1943 dans laquelle il écrit notamment: Nur in grundsätzlicher Hinsicht möchte ich bemerken, dass ich die Auffassung, die in Ihren Ausführungen zum Ausdruck gekommen ist, restlos teile. Das Verhalten Deutschlands in der Frage der Überziehung der Kreditlimite ist tatsächlich derart, dass man kaum eine Qualifikation dafür findet. In der privaten Rechtsphäre würde man das Wechselreiterei nennen und die ganze Aktion würde wahrscheinlich intern den Begriff des betrügerischen Konkurses fallen (E 7110/1967/32/900Deutschland/11/1942-1943/1554).↩
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