Classement thématique série 1848–1945:
9. SUISSES À L’ÉTRANGER
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 263
volume linkBern 1997
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#4898* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 232 | |
Dossier title | Verproviantierung der Auslandschweizer in Deutschland (1939–1945) | |
File reference archive | B.36.31 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/47449 Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef de la Division de Police du Département de Justice et Police, H. Rothmund1 Sehr geehrter, lieber Herr Dr. Rothmund,
Seit Ihrer Abreise von Berlin2 habe ich Gelegenheit gehabt mit prominenten Koloniemitgliedern die von Ihnen aufgeworfene Frage der Abgabe von Lebensmittelpaketen gegen Bezahlung zu besprechen und habe dabei ganz interessante Beobachtungen festhalten können, von denen ich Ihnen hiermit Kenntnis geben möchte.
In erster Linie wurde die Bedürfnisfrage besprochen und die Vergleiche mit der Lage in den Jahren 1917/1924 führte zu der Feststellung, dass man heute noch viel bessere Verhältnisse habe und von einer allgemeinen Notlage nicht sprechen kann. Als Beweis hierfür wird angeführt, dass damals keine Zuteilungen von Lebensmitteln stattfanden und in den Geschäften meistens überhaupt nichts zu kaufen war. Fleisch gab es überhaupt nicht und das Brot war ungeniessbar; andere Lebensmittel waren nur gegen hohe Bezahlung erhältlich. Heute verfügt jeder über eine festgesetzte Zuteilung von Lebensmitteln die zwar knapp berechnet, aber gleichmässig verteilt ist. Fleisch wird pro Kopf und Woche 350 gr., Brot und Mehl 2500 gr. und Fett und Butter 185 gr. zugeteilt, um nur die wichtigsten Lebensmittel zu nennen. Dazu kommt noch, dass die diesjährige Kartoffelernte ausgezeichnet war, und dass sich jeder ausreichend mit Kartoffeln eindecken konnte. Natürlich würde jeder Schweizer in Deutschland gern Pakete aus der Heimat kaufen, zumal momentan allgemein genügend Geld vorhanden ist. Man darf sich aber meines Erachtens nicht nach individuellen Gesichtspunkten leiten lassen, sondern muss unbedingt die gesamte Lage berücksichtigen.
Bei den geführten Besprechungen wurde ferner darauf hingewiesen, dass eine zu früh einsetzende allgemeine Lebensmittelversorgung unserer Landsleute, einen nicht besonders guten Eindruck bei den deutschen Behörden erwecken müsste. Da sich Landsleute bereits Abzüge bei der Zuteilung ihrer Lebensmittelkarten gefallen lassen mussten, wenn das zuständige Ernährungsamt darüber unterrichtet war, dass die Betreffenden sich grosszügig mit Liebesgabenpaketen aus der Schweiz eindeckten, so wurde mit Recht auf die Befürchtung einer allgemeinen Einführung ähnlicher Massnahmen hingewiesen. Es darf in diesem Zusammenhang auch noch bemerkt werden, dass sowohl der Reichskanzler Hitler, wie auch Reichsmarschall Goering in ihren letzten Reden eine Besserung der Ernährungslage Deutschlands für das kommende Jahr angekündigt haben.
Auch die Nachkriegszeit dürfte im Bezug auf die Versorgung unserer Landsleute uns mehr Sorgen bereiten, wie dies gegenwärtig der Fall ist.
Ich bin trotz diesen Urteilen weiter der Ansicht, dass man etwas tun sollte und möchte Ihnen folgenden Vorschlag unterbreiten.
Zum Weihnachtsfest sollte jeder Schweizer, der seine heimatliche Gesinnung durch die Mitgliedschaft zu einer Schweizer Vereinigung (mit Ausnahme der Mitglieder des NSSB3 und BSG4)
nachweisen kann, ein Paket mit etwas Käse, Wurst, Fett und Dörrgemüse von etwa 2 bis 3 kg käuflich erwerben können. Man würde mit dieser Aktion in erster Linie denjenigen Landsleuten eine grosse Freude bereiten, die sich stets in den Vereinen aktiv zum Schweizertum bekannt und auch immer wieder bei Sammlungen und anderen Wohltätigkeitsveranstaltungen eine offene Hand gezeigt haben. Zweitens würde diese Aktion für die Mitgliederwerbung der Vereine gerade in dieser Zeit, wo in gewissen Gegenden die «Frontisten»5 eine ganz besondere Tätigkeit entwickeln, eine nicht zu unterschätzende Hilfe bedeuten. Im Laufe des kommenden Jahres wird man dann mit einer Verdoppelung der Mitgliederzahl der Schweizer Vereine in Deutschland rechnen können, und wenn das Auslandschweizersekretariat6 in jedem Verein, wie bereits vorgeschlagen, einen Vertrauensmann hat, der gleichzeitig für das Schweizer Echo und die Wochenrückblicke wirbt, so dürfte sich auch hier die Abonnentenzahl bedeutend vermehren und die Früchte dieser Aktion wären bestimmt in jeder Hinsicht ein doppelter Erfolg. Ich werde im Laufe der kommenden Woche in Bern sein und Gelegenheit haben mit Ihnen diese Frage noch zu besprechen. [...]
P.S. Soeben erfahre ich, dass eine allgemeine Sonderzuteilung von Lebensmitteln zu Weihnachten stattfinden soll. Mein Vorschlag, der ja etwas ähnliches bezweckte, könnte nun auf die Monate März, April aufgeschoben werden. Die Publikation7 über diese Sonderzuteilung füge ich zu Ihrer Orientierung
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (D) 3/232.↩
- 2
- Sur le séjour à Berlin de Rothmund du 12 octobre au 6 novembre 1942, cf. son rapport publié en annexe au No 260.↩
- 3
- Sur le NSSB (National Sozialistischer Schweizer Bund), cf. E 2001 (D) 3/293.↩
- 4
- Sur le BSG (Bund der Schweizer in Grossdeutschland), cf. E 2001 (D) 3/293-296, E 4001 (C) 1/36, J I. 17/1.↩
- 5
- Le 16 novembre, C. Stucki a souligné ce mot et a écrit dans la marge: Die Münchner « Frontisten», Gegner des B [und der]Sfchweizer in] G [rossdeutschland]und des N [ational]Sozialistischen] Schweizer] Bfundes] , dürfte man aber kaum ausschliessen. Conformément à une décision de la DC du DEP du 4 mai 1942, les Suisses dont le séjour à l’étranger est jugé susceptible de porter atteinte aux intérêts de la Confédération ou qui ont fui à l’étranger à la suite de poursuites pénales ou d’activité politique subversive ne sont pas autorisés à recevoir de Suisse des paquets de vivres (Cf. E 2001 (D) 3/160, 231-232).↩
- 6
- Secrétariat des Suisses de l’étranger de la Nouvelle Société Helvétique.↩
- 7
- Non reproduit.↩
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