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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 14, doc. 207
volume linkBern 1997
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2001D#1000/1552#401* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 11 | |
Titolo dossier | Einladung von Schweizer Journalisten nach Vichy (1942–1942) | |
Riferimento archivio | A.15.48.12.4 |
dodis.ch/47393
Ihr Schreiben vom 23. Juni2 betreffend die Reise einer Delegation schweizerischer Journalisten nach Vichy ist mir richtig zugekommen. Dieser Besuch hat unterdessen stattgefunden3 und ich beehre mich, Ihnen darüber kurz folgendes zu berichten:
Die Einladung erfolgte offensichtlich auf Betreiben des Informationsministeriums und ohne Fühlungnahme mit dem Aussenministerium, dessen Generalsekretär sich bei mir in aller Form wegen des nicht sehr korrekten französischen Vorgehens, entschuldigt hat. Herr Rochat steht mit Recht auf dem Standpunkt, man hätte vorher mit uns Fühlung nehmen sollen, sowohl hinsichtlich der Zweckmässigkeit eines solchen Besuches wie auch bezüglich der Zusammensetzung der Delegation. Voraussichtlich hätte man diese dann weniger einseitig aus Journalisten der Westschweiz gebildet.
Die Delegation wurde schon anlässlich eines kurzen Aufenthaltes in Lyon von französischer Seite propagandistisch bearbeitet und unmittelbar nach ihrer Ankunft in Vichy, gegen Mitternacht, noch von den Herren des Informationsministeriums zu einer ersten Aussprache eingeladen. Diese hatte offensichtlich den doppelten Zweck, einesteils das Verhalten der französischen Zensur zu erklären und zu beschönigen und andernteils zu bewirken, dass die welsche Presse mindestens im bisherigen Umfang für die Politik der Regierung Laval eintrete. Aus dem ganzen Verhalten der französischen Vertreter zeigte sich sehr deutlich, welch’ grossen Wert man hier auf die Haltung der schweizerischen Presse, ganz besonders derjenigen, die in französischer Sprache gedruckt wird, legt und dass wir gerade dadurch einen gar nicht unwesentlichen Trumpf in der Hand haben.
Am Samstag morgen erhielt ich den Besuch von Herrn Dr. Sartorius, mit dem ich die ganze Angelegenheit sehr einlässlich besprechen konnte. Es zeigte sich dabei, dass er und die interessierten Kreise der deutschen Schweiz mit der Haltung der wichtigsten westschweizerischen Zeitungen, die bekanntlich für Frankreich Sonderausgaben drucken, nicht einverstanden ist und dass, was mir durchaus neu war, offenbar auch der Chef des Eidgenössischen Justiz- und Polizei-Departementes den jetzigen Zustand als sehr unbefriedigend und auf die Dauer kaum erträglich ansieht4. Neu war mir ebenfalls, dass die Verleger der welschen Schweiz durchaus nicht alle auf dem opportunistischen Standpunkt des «Journalde Genève», der «Gazettede Lausanne» etc. stehen, die aus rein finanziellen Erwägungen die französische Sonderausgabe akzeptiert haben.
Am Samstag Mittag fand ein vom Regierungschef Laval präsidiertes Bankett statt, zu dem die ganze schweizerische Delegation sowie die führenden Persönlichkeiten der Minister-Präsidentschaft, des Aussenministeriums und des Informationsministeriums geladen waren. Ich nahm mit meinem Mitarbeiter Dupont ebenfalls teil. Obschon die strikte Parole ausgegeben worden war, dass über den Besuch dieser Schweizerdelegation weder in der schweizerischen noch in der französischen Presse irgendwie berichtet werden dürfe und dass am Bankett keinerlei Reden gehalten werden sollten, ergriff zu meiner Überraschung Laval das Wort, um der Schweiz für ihre Haltung und ihre Unterstützung zu danken, die welsche Presse aufzufordern, ihre wohlwollende Haltung nicht aufzugeben und um in kurzen Worten die Grundzüge seiner Politik und die Schwierigkeit seiner Lage darzulegen. Ich habe selbstverständlich kurz antworten müssen und dabei auf das freundschaftliche Verständnis der Schweiz für die Schwierigkeiten Frankreichs hingewiesen. Es wurde sehr beachtet, dass Laval eine, unmöglich gespielte, Rührung zeigte und Tränen in den Augen hatte. Rein persönlich kann ich dies nur als Zeichen der Überarbeitung und zunehmender Unsicherheit über den Erfolg seiner Politik und seiner Mission betrachten. Er ist offensichtlich seiner Sache sehr viel weniger sicher als noch vor zwei bis drei Wochen. Ich benützte selbstverständlich den Anlass, um erneut sehr eindringlich für die Freigabe der deutschschweizerischen Zeitungen mindestens im Abonnentendienst einzutreten und wurde dabei von verschiedenen Herren des französischen Informationsministeriums unterstützt. Die welschschweizerischen Journalisten äusserten sich zu dieser Frage nicht. Ich glaube, dass Laval durch unsere Argumentation beeindruckt war und in absehbarer Zeit doch ein Erfolg wird erzielt werden können.
Am Nachmittag wurde die Delegation ohne mein Beisein zuerst von Minister Lucien Romier und dann von Marschall Pétain empfangen. Der Eindruck, den er auf die Schweizerjournalisten gemacht hat, war offensichtlich bedeutend und auch sie haben festgestellt, wie ungemein rüstig der alte Herr ist.
Samstag Abend und Sonntag wurde in verschiedenen kleinen Gruppen zugebracht.
Auf Montag Mittag habe ich die ganze Delegation sowie die Spitzen des Informationsministeriums meinerseits zum Essen eingeladen. Es entspann sich eine äusserst lebhafte Diskussion namentlich über die zwei folgenden Fragen:
Ich hatte vernommen, dass verschiedene der Schweizerjournalisten am Samstag und Sonntag auch Besprechungen mit Vertretern des französischen Wirtschafts- und Finanzministeriums gehabt hatten über die Frage der Behandlung der Schweizerzeitungen und Schweizerbücher im schweizerisch-französischen Clearing5. Ich habe in Gegenwart der französischen Vertreter kein Hehl aus meiner Ansicht gemacht, dass ein solches Vorgehen unkorrekt sei, da die Frage des schweizerisch-französischen Clearings ausschliesslich durch Regierungsvertreter und keineswegs seitens der französischen Regierung direkt mit interessierten schweizerischen Privatleuten zu diskutieren sei. Rochat hat dieser Auffassung sehr energisch beigepflichtet. Von Seiten der welschen Journalisten wie von Seiten des Informationsministeriums wurde sehr nachdrücklich die Auffassung vertreten, die geistigen Produkte der Schweiz, niedergelegt in unsern Zeitungen und Büchern, sollten im Clearing nicht wie Waren behandelt werden, sondern ein ausgesprochenes Privileg besitzen und man hat mich ersucht, hiefür einzutreten. Ich habe geantwortet, dass dies vielleicht dann in Frage kommen könnte, wenn diese schweizerische geistige Einstellung uneingeschränkt nach Frankreich gelangen könnte. So lange man aber eine so wichtige «Geistesproduktion», wie sie in der deutschschweizerischen Presse zum Ausdruck kommt, nicht einmal an die Abonnenten in Frankreich gelangen lasse und so lange man die wichtigsten westschweizerischen Zeitungen nahezu zwinge, ihr Informations- und Gedankenmaterial unter französischer Aufsicht zu verändern, könne davon keine Rede sein. Es würde zu weit führen, hier auf diese sehr interessanten, lebhaften und nützlichen aber durchaus freundschaftlich gehaltenen Diskussionen im einzelnen einzutreten.
Sodann wurde auch in diesen Kreisen wiederum die Zulassung der deutschschweizerischen Zeitungen im Abonnentendienst einlässlich und eifrig besprochen6. Es ist bemerkenswert, dass die sämtlichen Vertreter des französischen Informationsministeriums meinem Begehren zustimmten und sehr deutlich durchblicken liessen, dass eigentlich einzig Herr Minister Marion - der sich wegen eines angeblichen Unwohlseins während der ganzen Zeit nie hat blicken lassen - hartnäckig das deutsche Begehren betreffend Unterdrückung der deutschschweizerischen Zeitungen unterstützt.
Der ganze Besuch, der mangelhaft vorbereitet war, hat zu nützlichen persönlichen Kontakten geführt und Gelegenheit gegeben, unsere Begehren einmal mehr an höchster Stelle, wie aber auch bei sehr wichtigen ausführenden Organen zum Ausdruck zu bringen. Für die westschweizerischen Journalisten war er zweifellos interessant, da sie einen persönlichen und direkten Einblick in die schwierigen hiesigen Verhältnisse gewonnen haben und die Bekanntschaft des Marschalls und des Regierungschefs machen konnten.
- 1
- Lettre: E 2001 (D) 2/11.↩
- 2
- Non reproduit (E 2200 Paris 23/1).↩
- 3
- Voici la liste des membres de la délégation des journalistes suisses, d’après le rapport confidentiel du 3 juillet, adressé par le chef de la délégation, K. Sartorius, au Conseiller fédéral Ed. von Steiger: Genf: Alfred Nicole, Directeur « LaSuisse», zugleich als Präsident der Union genevoise des Editeurs de journaux. René Payot, Chefredaktor « Journalde Genève». Gaston Bridel, Chefredaktor « Tribunede Genève». Abbé Chamonin, Chefredaktor « Courrierde Genève». Lausanne: Georges Rigassi, Chefredaktor « Gazettede Lausanne». Monnet, Chefredaktor «Tribune de Lausanne», die nicht nach Frankreich exportiert. Neuchâtel: Capitaine Eddy Bauer, Chefredaktor « Curieux», militärischer Mitarbeiter am «Feuille d’Avis de Neuch.», der «Dépêche de Neuchâtel», und der « Tribunede Genève». Braichet, Chefredaktor des «Feuille d’Avis de Neuchâtel» und der «Dépêche de Neuchâtel». Hauser, Präsident der Union Romande des Editeurs de Livres. Schweiz. Zeitungsverlegerverein: Dr. Karl Sartorius, Präsident.↩
- 4
- Le 7 juillet, Pilet-Golaz répond au Ministre Stucki que: Il est exact qu’en Suisse allemande, la situation actuelle n’est pas vue d’un œil très approbateur. Jusqu’à quel point le Chef du Département de Justice et Police partage l’opinion qui vous a été soumise, c’est ce qu’il me serait difficile de dire. Nous avons, lui et moi, discuté de l’affaire à deux reprises, sans arriver à des conclusions définitives pour l’instant. A mon sens, c’est essentiellement une question de mesure. Quand vous viendrez, nous en parlerons certainement.↩
- 5
- Cf. No 46 et annexe, ainsi que la table méthodique du présent volume: II.9. France. Relations économiques et financières.↩
- 6
- Cf. No 46 et annexe.↩
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Francia (Altro)
Governo di Vichy