Classement thématique série 1848–1945:
4. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
4.4. QUESTION MONÉTAIRES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 193
volume linkBern 1997
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#535* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 29 | |
Dossier title | Spezielle Berichte (1939–1943) | |
File reference archive | A.21.24 |
dodis.ch/47379
La Division des Affaires étrangères du Département politique1, aux Légations et Consulats généraux de Suisse à l’étranger2 DIE SCHWEIZERISCHE WÄHRUNG IN IHREN BEZIEHUNGEN ZUR WIRTSCHAFTS- UND FINANZ POLITIK.
Die Erklärung dafür, dass es einem kleinen Lande wie der Schweiz gelang, trotz der Kriegswirren und der in ausserordentlichem Masse steigenden Staatsausgaben seiner Währung eine Geltung zu sichern, die nur mit derjenigen der grössten Wirtschaftsmacht der Welt verglichen werden kann, ist in Gründen mehrfacher Art zu suchen. Vor allem sind es solche psychologischer Natur, die in dem Vertrauen verwurzelt sind, dass die Schweiz ganz allgemein hinsichtlich ihrer der althergebrachten Neutralität des Landes entsprechenden politischen und auf Solidität und Umsicht gegründeten wirtschaftlichen Führung geniesst. Sodann liegen sie in der Art und Weise, wie die Politik der Notenbank mit der Wirtschafts- und Finanz-Politik der Schweiz in Einklang gebracht wurde.
Der Faktor des allgemeinen Vertrauens machte sich zunächst darin geltend, dass - im Gegensatz zu den Julitagen von 1914, wo die Nationalbank infolge des Ansturms des Publikums auf die Banken genötigt war, innerhalb weniger Tage den Bankdiskont von 3 1/2 auf 6% zu erhöhen - der Kriegsausbruch und die Mobilmachung der Armee die schweizerische Währung fast in keiner Weise zu beeinflussen vermochten. Erst seit Oktober 1939 wurden grössere Devisenbegehren an sie gestellt, die übrigens vom Juni 1940 ab in das Gegenteil umschlugen, ohne dass sich die Nationalbank, deren Golddeckung in dieser Zeit niemals unter zwei Milliarden sank, veranlasst gesehen hätte, ihren sehr niedrigen Diskontsatz von 11/2°7o zu erhöhen3. In der Tat war diese zeitweilige Devisennachfrage weit weniger auf Spekulations oder Angst-Käufe des In- und Auslandes als auf den Wunsch zurückzuführen, für spätere Importe die nötigen Mittel rechtzeitig bereitzustellen.
Der Devisenzustrom, der Mitte Juni, ungefähr zur Zeit der Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich, einsetzte, erklärt sich vor allem dadurch, dass infolge der Erschwerung des Importes viele Industrie- und Handelsfirmen Dollarbeträge, die sie für die Einfuhr von Waren bereit gehalten hatten, wieder abstiessen, um dagegen Schweizerfranken zu erwerben. Auch andere Dollarguthaben wurden damals in Schweizerwährung umgewandelt, amerikanische Wertschriften verkauft und ausländische Kredite zurückgerufen. Diese Bewegung ging dann seit Mitte Juni 1941 wieder rasch zurück, nachdem die Vereinigten Staaten die schweizerischen Guthaben gesperrt hatten (s. unsern Bericht Nr. 2 vom 11. Dezember 1941)4. Da die Nationalbank angesichts der erwähnten Sperre und der Ungewissheit, die bei der vorauszusehenden langen Dauer des Krieges hinsichtlich der weitern Entwicklung der amerikanischen Währung besteht, kein Interesse daran hat, über ein allzu grosses Dollarguthaben zu verfügen - sie hat zwar seit dem 31. Dezember 1941 dieses Guthaben durch Umwandlung in Gold, von ca. 671 Millionen Franken auf etwa 135 Millionen herabgesetzt, wünscht aber auch die Bildung einer zu grossen, teilweise nicht unmittelbar greifbaren, Goldreserve zu vermeiden - beschloss sie, Dollars nur noch von Exportfirmen entgegenzunehmen, dagegen Guthaben, die aus Titelverkäufen und Zinseingängen in Amerika herrühren, vorläufig nicht mehr zu erwerben.
Die Währungsreserven betrugen so am 1. Mai 1942 wieder 3727,30 Millionen Franken (3593,60 Millionen Gold, 133,70 Millionen Devisen), was einer Golddeckung der sämtlichen täglich fälligen Verbindlichkeiten von 95,13% und einer Golddeckung der Banknoten sogar von 160,09% entspricht (gesetzlich vorgeschriebene Mindestdeckung des Notenumlaufs 40%)4. Sie bleiben damit nur um ca. 14% hinter dem höchsten im Jahre 1938 erreichten Betrag von ca. 4 Milliarden zurück. Diese grossen Währungsreserven, die gewissermassen die Aussenhandelsersparnisse des Schweizervolkes darstellen und, wenn nötig, dem Import dienstbar gemacht werden können, ermöglichten es der Nationalbank, die Schwankungen in der Notierung des Schweizerfrankens während der letzten Jahre in Grenzen zu halten, die in einer Epoche allgemeiner Währungsinstabilität als ausserordentlich enge zu bezeichnen sind, besonders wenn man sie mit denjenigen im letzten Weltkrieg vergleicht, wo sie bis zu 20% erreichten (in Dollarprozenten und im Jahresdurchschnitt betrugen sie: 1939 = 98,51, 1940 = 99,20, 1941 = 101,50, Mitte April d. J. = 101,66).
In einer Zeit ständig zunehmender Warenverknappung und enorm gestiegener Ausgaben des Staates und der öffentlichrechtlichen Körperschaften - während im letzten Weltkrieg sämtliche Kosten des Aktivdienstes 1,2 Milliarden Franken erreichten, belaufen sich die gesamten Wehrausgaben des Bundes bis Ende 1941 bereits auf über 2,8 Milliarden - kommt der Währungs- und Finanz-Politik des Bundes eine besondere Wichtigkeit zu. In der Tat hängen die nachteiligen Rückwirkungen, die solche aussergewöhnliche zum grössten Teil unproduktive Ausgaben auf die Einkommensverteilung und damit den allgemeinen Versorgungszustand des Landes zu haben pflegen, in nicht zu unterschätzendem Masse von den Methoden ab, nach denen diese Ausgaben finanziert werden. Anderseits sind die auf dem Gebiete der Wirtschafts- und Finanz-Politik ergriffenen Massnahmen unter den heutigen ausserordentlichen Verhältnissen gleichfalls dazu angetan, auf die Kaufkraft und damit die Geltung der Währung zurückzu wirken. Insbesondere handelt es sich darum, der unter dem Namen der Inflation bekannten Erscheinung entgegenzutreten, die darin besteht, dass die Umlaufsmittel sich stärker vermehren als die Konsumptionsgüter und dadurch ein weiteres Anziehen der Preise bewirken, das einmal angefangen umso schwieriger aufzuhalten ist, als es automatisch eine dauernde Zunahme der Staatsausgaben nach sich zieht.
Dem durch die immer schwieriger werdenden Versorgungsverhältnisse bedingten Steigen des Preisniveaus wirkte zunächst die seit längerer Zeit herrschende ausserordentliche Flüssigkeit des Geld- und Kapitalmarktes (Privatdiskont etwa 1%, Hypothekarzins etwa 33/4%, der niedrigste der Welt), die einerseits auf die Heimschaffung von grossen Auslandguthaben und die durch den Bund in den Verkehr gebrachten Gelder, andererseits auf das Fehlen geeigneter Anlagemöglichkeiten zurückzuführen ist, entgegen. Sie ermöglichte es der Nationalbank, ihren Diskont auf dem seit November 1936 bestehenden tiefen Satz von l!/2% zu halten und erleichterte den relativ wenigen Industrie-, Gewerbe- und Handels-Unternehmungen, die nicht selbst über grössere Betriebsmittel verfügten, deren Beschaffung in erheblichem Masse. Dass diese Verhältnisse der Nationalbank die Einflussnahme auf den Geldmarkt erschwerten, ist insofern nicht als ein wesentlicher Nachteil anzusehen, als die eingeengten Verhältnisse auf dem Konsumwarenmarkte die inflationistischen Wirkungen dieser Geldmassen wenn nicht ganz aufheben, so doch wesentlich abschwächen. Unter den gegebenen Umständen kommt heute auch der Tatsache geringere Bedeutung zu, dass von gewissen Kreisen des In- und Auslandes noch etwa 600-800 Millionen Franken Noten gehortet werden, eben z. T. deshalb, weil deren Anlage nicht lohnend erscheint.
Von den wirtschaftspolitischen Massnahmen, die indirekt auch dem Schutze der Währung dienen, sind zunächst diejenigen zu erwähnen, die auf eine Niedrighaltung und Begrenzung der Preise der Produktions- und Konsumptionsgüter hinzielen. Bekanntlich ist auch in den Kriegswirtschaften die Politik des sog. «Preisstops» eines der wichtigsten Mittel, um einerseits den Konsumenten vor Ausbeutung zu schützen, anderseits einen Teil des Nationaleinkommens von der Verwendung zum Kauf von entbehrlichen Genussgütern abzulenken. Zu diesem Behufe fasste der Bundesrat, nachdem ihm bereits im Bundesgesetz über die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern vom 1. April 1938 (Art. 8)6 die Vollmacht zur Verkündung von Bestimmungen zur Verhinderung ungerechtfertigter Preissteigerungen auf Auslandwaren erteilt worden war, am 1. September 1939 den Beschluss7 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung. Er ermächtigte, in Verbindung mit späteren Ausführungsbestimmungen, das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, die für die Nachprüfung der Preise notwendigen Vorschriften zu erlassen, für diese gewisse Höchstbeträge festzusetzen und sie insbesondere durch die bereits im Juni 1936 geschaffene Preiskontrollstelle8 zu überwachen und nötigenfalls herabzusetzen. Die gleichen Zwecke verfolgen die verschiedenen im Laufe des Krieges erlassenen, die Verbrauchseinschränkung bezweckenden Massregeln, über die wir Sie in unserem Bericht Nr. 6 vom 19. Februar 1942 bereits kurz unterrichteten9.
Zu ihnen gesellt sich noch die Preisstützung des Getreides seitens des Bundes, welche es ermöglicht, den Brotpreis ohne Beeinträchtigung der Produzenten auf ein für die weniger bemittelten Verbraucher erträgliches Mass zu senken. Die etwa 80-100 Millionen Franken, die die Eidgenossenschaft hierfür jährlich verausgabt, gestatten es, den Lebenskosten-Index niedriger zu halten, dadurch neuen, die Selbstkosten der Produktion weiter in die Höhe treibenden Lohnforderungen entgegenzuwirken und so der Wirtschaft Mehrausgaben zu ersparen, die für sie unter Umständen eine grössere Belastung bedeuten würden als die Summe, die der Bund für diese Stützungsaktion auf dem Wege des ausserordentlichen Budgets aufzubringen hat. Diese Massnahme dient somit gleichzeitig einem sozialen und einem antiinflationistischen Zweck. Nicht minder wichtig für die Erhaltung einer gesunden Währung ist es aber, dass in der Schweiz - übrigens entsprechend den Empfehlungen des vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements eingesetzten Arbeitsausschusses der Konjunkturbeobachtungs- und Preisbildungskommission - die Löhne den gesteigerten Lebenskosten nicht vollständig, sondern nur in einem Masse angepasst wurden, das der durch die Rationierungsmassnahmen erzwungenen Einschränkung des Verbrauchs entspricht. Während der Lebenskosten-Index seit Beginn des Krieges um etwa 40% zunahm, bewegen sich die Lohnerhöhungen im allgemeinen zwischen 10 und 20%. Endlich dürfen hier alle jene Bestrebungen nicht übergangen werden, die, insbesondere wie der Plan Wahlen10, darauf hinzielen, die Eigenproduktion des Landes zu steigern.
Eine besonders ernste Gefahr für die Währung bilden die in einem früher unbekannten Masse gestiegenen Wehrausgaben - wie bereits erwähnt, überschritten sie bis Ende des vorigen Jahres 2,8 Milliarden Franken - insbesondere dadurch, dass es sich in wirtschaftlichem Sinne um unproduktive Ausgaben handelt. Auch sie konnte bisher in weitgehendem Masse gebannt werden. Da die von manchen Seiten als beste empfohlene Lösung dieser Aufgabe, nämlich alle Landesverteidigungs-Ausgaben durch Steuern zu decken, angesichts der aufzubringenden Summen ausser Betracht fallen musste, wollte man nicht in der Volkswirtschaft schwere Lähmungserscheinungen auslösen, entschloss man sich dazu, einen Mittelweg zu betreten, der, wie üblicherweise in solchen Lagen, darin bestand, einen erheblichen Teil dieser ausserordentlichen Ausgaben zunächst durch Anleihen zu decken. Einem solchen Vorgehen kam im vorliegenden Falle übrigens die schon erwähnte aussergewöhnliche Flüssigkeit des schweizerischen Geld- und Kapitalmarktes entgegen. Es ist jedoch bemerkenswert, dass im vergangenen Jahre, wo die ausserordentlichen Ausgaben des Bundes den enormen Betrag von nahezu 1150 Millionen Franken erreichten, nur etwas über die Hälfte davon (53%) durch zu günstigen Zinssätzen (3-31/2%) aufgelegte Anleihen aufgebracht wurde, während der Rest durch Steuern (Wehropfer, Wehrsteuer, Kriegsgewinnsteuer, Umsatzsteuer) gedeckt werden konnte11. Auf diese Weise wurde ein so bedeutender Anteil der durch die ausserordentlichen Ausgaben des Bundes entstehenden Kaufkraft resorbiert, dass sich fast keine inflationistischen Wirkungen bemerkbar machten, zumal die Eidgenossenschaft auch zur Deckung ihrer periodischen Kassabedürfnisse den kurzfristigen Kredit der Nationalbank nur in relativ bescheidenen Grenzen in Anspruch nahm (die von dem Noteninstitut diskontierten Reskriptionen des Bundes überschritten den Betrag von ca. 100 Millionen Franken nur zeitweilig; gehen sie für längere Zeit wesentlich über diese Summe hinaus, so wird in allgemeiner Regel zur Konsolidation geschritten).
Wenn es wegen der unbekannten Dauer des Krieges auch ungewiss ist, was die Zukunft bringt, so darf doch der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, dass, vorausgesetzt es gelingt, die landwirtschaftliche Produktion genügend zu heben und unserem Lande die für seine Industrie unerlässlichen Rohstoffzufuhren zu sichern, eine durch Rationierung und Steuerbezug bewirkte vernünftige Einschränkung des Verbrauchs ermöglichen wird, die Gefahr einer Inflation zu beschwören und so durch Erhaltung der Kaufkraft des Schweizerfrankens die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz insbesondere auch für die Zeit nach dem Kriege zu sichern.
- 2
- Circulaire: E 2001 (D) 2/29. Paraphe: DL.↩
- 3
- Sur l’évolution au début de la guerre, cf. DDS, vol. 13, Table méthodique IV.4. Affaires financières internationales, ainsi que le No 296.↩
- 4
- Non reproduit.↩
- 5
- A ce sujet, cf. DDS, vol. 13, doc. 280, dodis.ch/47037 et, dans ce même vol., le No 111.↩
- 6
- RO, 1938, vol. 54, pp. 309 ss.↩
- 7
- E 1004.1 1/389.↩
- 8
- E 1004.1 1/358.↩
- 9
- Rapport (non reproduit) intitulé Die Versorgung der Schweiz mit Lebensmitteln und die Rationierungsvorschriften.↩
- 10
- A ce sujet, cf. le rapport (non reproduit) du 24 octobre 1942.↩
- 11
- A ce sujet, cf. le rapport (non reproduit) du 24 septembre 1942 intitulé Wie bestreitet die Schweiz ihre ausserordentlichen Kriegsaufwendungen?↩