dodis.ch/47246

La Légation d’Allemagne à Berne au Département politique1

Die Deutsche Gesandtschaft beehrt sich, dem Eidgenössischen Politischen Departement Nachstehendes zur Kenntnis zu bringen:

Nach einer Mitteilung, die internierte polnische Soldaten an die Gesandtschaft gerichtet haben, sind die polnischen Offiziere in den Internierungslagern bemüht, ihren Soldaten klarzumachen, «dass die polnischen Truppen in der Schweiz nach wie vor einen Teil der aktiven polnischen Armee bildeten und dass sie im Falle einer kriegerischen Verwicklung der Schweiz mit Deutschland für die Schweiz mit der Waffe in der Hand zu kämpfen hätten»2 Die Deutsche Gesandtschaft beehrt sich, das Eidgenössische Politische Departement auf diese Machenschaften kriegsinternierter Offiziere hinzuweisen. Wenn polnische Offiziere ihren Mannschaften derartige Anweisungen unter den Augen der schweizerischen Überwachungsorgane geben, so ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch in der schweizerischen Öffentlichkeit die unsinnigsten Gerüchte herumgeboten werden, auf die die Gesandtschaft schon verschiedentlich aufmerksam zu machen Veranlassung hatte. Die Deutsche Gesandtschaft erwartet, dass von seiten der Schweizerischen Regierung diesem offensichtlichen Unfug Einhalt geboten wird. Nach den vorliegenden Mitteilungen scheint ein polnischer General3 die Offiziere mit derartigen Anweisungen versehen zu haben, die dem Sinn und dem Zweck der Internierung widersprechen.

Ende Mai d.J. sind überdies drei polnische Internierte aus dem Lager Aadorf geflohen und über St. Margrethen nach Höchst gelangt. Diese Soldaten sagten übereinstimmend aus, dass sie unter Duldung schweizerischer Überwachungsorgane von polnischen Offizieren veranlasst werden sollten, sich polnischen Truppenteilen zur Verfügung zu stellen, die auf Seiten der Feinde Deutschlands kämpfen. Im Lager sei wegen dieses Verlangens grosse Unruhe ausgebrochen.

Die Deutsche Gesandtschaft bringt das Vorstehende dem Eidgenössischen Politischen Departement mit der Bitte um Abstellung dieser mit der Überwachungspflicht einer neutralen Macht nicht in Einklang zu bringenden Machenschaften zur Kenntnis. Sie beehrt sich hinzuzufügen, dass die in mehreren Lagern im Tessin4 (Arcegno, Riva San Vitale) sich befindenden polnischen Kriegsinternierten in letzter Zeit einem neuen Reglement unterstellt wurden, das ihnen weitgehende Urlaubsmöglichkeiten zugesteht, sodass sie allerorts, auch in der Stadt Lugano, zu jeder Zeit anzutreffen sind. Den Kriegsinternierten wird von einer politischen Partei und von einem hohen geistlichen Würdenträger offensichtlich demonstratives Interesse entgegengebracht. Es werden u. a. für sie Wohltätigkeitsfeste und Konzerte veranstaltet. Diese oftmals übertriebenen Sympathiekundgebungen haben zur Folge, dass die Einwohnerschaft von Lugano für die internierten polnischen Soldaten ein über die menschliche Anteilnahme an ihrem Geschick hinausgehendes politisches Interesse zu zeigen beginnt.