Classement thématique série 1848–1945:
2. RELATIONS BILATÈRALES
2.1. ALLEMAGNE
2.1.1. RELATIONS ÉCONOMIQUES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 15
volume linkBern 1997
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#6209* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 305 | |
Dossier title | Dr. Schacht (1941–1945) | |
File reference archive | B.51.12.Uch • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/47201 Le Chargé d’Affaires a.i. de Suisse à Berlin, F. Kappeler, au Chef du Département politique, M. Pilet-Golaz1
Ich hatte heute den Besuch von Herrn Reichsminister Dr. Schacht, der sich nächstens für einige Wochen in die Schweiz begibt und mich um Erteilung des Sichtvermerks ersuchte, wobei er bat, über die Tatsache seiner Reise Stillschweigen zu bewahren, da er ganz zurückgezogen leben und keine Besuche empfangen möchte.
Herr Dr. Schacht kam von sich aus auf die Lage der Schweiz zu sprechen und gab der festen Überzeugung Ausdruck, dass sie auch diesmal wieder unversehrt durch den Krieg hindurch gelangen werde. Seiner Meinung nach bestehe für unser Land keinerlei Gefahr mehr. Darum sei es sehr zu bedauern, dass man in der Schweiz so ängstlich sei und dadurch versäume, als neutrale Brücke zwischen den Völkern zu dienen. Seiner Meinung nach müsste man in der Schweiz in dieser Hinsicht viel mehr Initiative an den Tag legen. Man könnte dies umso unbedenklicher tun, als ja beide kriegführenden Parteien entschlossen seien, bis zur Selbstvernichtung zu kämpfen.
Er wäre bereit gewesen, in der Schweiz einmal einen Vortrag zu halten, doch habe man ihm zu verstehen gegeben, dass dies der Schweizerischen Regierung nicht erwünscht wäre. Auch die Schweden hätten ihn eingeladen. Schweden sei aber viel weniger geeignet als Boden für eine Aussprache, weil man ja nicht wissen könne, was noch geschehen werde, wogegen die Schweiz als tabu gelten könne.
Seiner Meinung nach - er spreche dabei völlig aus eigener Initiative und nicht etwa auf Grund irgend eines Auftrages, obschon die Politiker glauben, dass sie ein Monopol für gute Ideen hätten - sollte die Schweiz die Initiative zu einer Aussprache ergreifen, indem sie hervorragenden Leuten Gelegenheit gebe, in der Schweiz über Wirtschaft und Krieg das Wort zu ergreifen. Man brauche durchaus nicht mit ihm anzufangen, sondern man könne einmal Herrn Walter Layton sprechen lassen. Weiter nannte er die Herren Rist, Frankreich, Pirelli, Italien, Fraser, U.S.A. und Stuart, der früher bei der amerikanischen Notenbank tätig gewesen sei. Er habe sich in diesem Sinne schon gegenüber Herrn alt Bundesrat Musy geäussert und ihm geeignete Namen genannt. Natürlich müssten diese Veranstaltungen von Leuten organisiert werden, deren unabhängige und neutrale Einstellung über jeden Zweifel erhaben wäre, wie z. B. die Volkswirtschaftliche Gesellschaft oder ein wissenschaftliches Gremium.
Herr Dr. Schacht wies darauf hin, dass man auf beiden Seiten mit grösster Verbissenheit kämpfe und ungeheure Werte vernichte, sodass man statt dem in Aussicht gestellten sozialen und kulturellen Aufschwung nach dem Kriege um Jahrezehnte zurückgeworfen sein werde und die ungeheuren Lasten des Krieges abtragen müsse. Dabei stehe in den kriegführenden Ländern keine Möglichkeit ausserhalb der offiziellen These darüber zu diskutieren, wie man sich eigentlich den Frieden denke. Er sei deshalb der Meinung, dass man unbedingt auf neutralem Boden vom Standpunkt der Wirtschaft aus über diese Dinge reden sollte. Von der Schweiz aus würden trotz aller Zensur die geäusserten Gedanken doch ihren Weg in die Krieg führenden Staaten finden.
Indem ich Ihnen von diesen Äusserungen Kenntnis gebe, darf ich darauf hinweisen, dass der von Herrn Dr. Schacht in aller Freundschaft geäusserte Hinweis, die Schweiz sollte getreu ihrer Aufgabe als Brücke zwischen den Völkern sich nicht so ängstlich auf sich selbst zurückziehen, sondern initiativ bestrebt sein, für die Verständigung und den künftigen Aufbau zu wirken, mir aller Beachtung wert scheint.
Ich darf bei dieser Gelegenheit auch an meinen Politischen Bericht Nr. 70 vom 4. Dezember 19402 erinnern, worin ich auf die Notwendigkeit hingewiesen hatte, eine Initiative zu einer Verbesserung unserer Verhältnisse zu Deutschland zu ergreifen.
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