dodis.ch/47090
Le Ministre de Suisse à
Berlin, H. Frölicher, au Chef du Département politique,
M. Pilet-Golaz
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Bei meinem letzten Besuch hat Herr von Weizsäcker der Überzeugung der Reichsregierung Ausdruck gegeben, dass die Beziehungen beider Länder nun wieder freundlicher würden. Ich habe für diese erfreuliche Eröffnung auch im Namen des Bundesrates gedankt und geantwortet, dass die Schweiz nichts anderes wünsche und wünschen könne. Es sei immer mein Auftrag gewesen, sich dieser Aufgabe zu widmen, und ich könne versichern, dass es mein Bestreben sei, dies auch in Zukunft zu tun.
Bei der Erklärung des Staatssekretärs muss im Auge behalten werden, dass er im Namen der Reichsregierung gesprochen hat. Es handelt sich also nicht bloss um eine persönliche Äusserung Herrn von Weizsäckers, dessen gute Dispositionen unserem Lande gegenüber bekannt sind. Deutschland streckt uns also freundschaftlich die Hand entgegen, die wir nicht ausschlagen sollten.
In welchem Sinne dies zu geschehen hat, habe ich verschiedentlich schriftlich und auch mündlich in Bern darzulegen gesucht. Wir sollten nicht passiv bleiben und bloss abwarten, bis man von uns gewisse Massnahmen wünscht, später dann verlangt und denen wir dann schliesslich unter Pression nachgeben müssen. Wir sollten diesbezüglich selbst initiativ vorgehen, da dann unsere Massnahmen als freundliche Gesten gewürdigt werden.
Bezüglich Presse, Völkerbund, Polen, Studenten, kulturelle Zusammenarbeit, Unsichtbarmachung antideutscher Literatur, Erleichterung der Einreise etc. habe ich verschiedene Anregungen gemacht. In Bern wird man, falls meine Ansicht geteilt wird, dass solche freundlichen Gesten gemacht werden sollten, noch andere Gelegenheiten und Möglichkeiten finden. Allerdings habe ich den Eindruck, dass man bei den zuständigen Stellen bei uns noch zu wenig von der politischen Nützlichkeit und sogar Notwendigkeit dieses Vorgehens überzeugt ist und dass die Chefbeamten des Politischen Departements, überhäuft mit täglicher Arbeit, nicht die Zeit finden, um dieser hochaktuellen Frage nachzugehen und für die Durchführung zu sorgen.
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Schliesslich möchte ich bei dieser Gelegenheit noch auf eine weitere Frage hinweisen, wobei ich allerdings nicht ausschliesse, dass meine diesbezüglichen Bemerkungen und Anregungen bereits überholt sind. Auch die Armeeleitung sollte sich vom Verständnis für die Notwendigkeit der Verbesserung der deutsch-schweizerischen Beziehungen leiten lassen. In den Äusserungen sollte weniger die weitgehende Aufrechterhaltung der Mobilisation als die Demobilisation betont werden, und weniger die Fortführung der Befestigungsarbeiten, die sich heute doch nur gegen die Achsenmächte richten. Auch scheint es mir, dass die Befestigungen und Sperren in den Städten, insbesondere in Zürich und Basel, die der heutigen militärischen Lage und auch den neuen Aufgaben unserer Landesverteidigung nicht mehr entsprechen, eingestellt und möglichst weitgehend beseitigt werden. Ihre Idee, die Hauptteile der Armee, soweit sie wegen des Arbeitsmarktes nicht demobilisiert werden können, in der Zentralschweiz zu konzentrieren, ist aussenpolitisch sicherlich eher tragbar als das Festhalten an Dispositionen, die durch den militärischen Zusammenbruch Frankreichs überholt sind und die, falls sie aufrecht erhalten werden, in Deutschland sicher Anstoss erregen.