dodis.ch/47066
Le Chef du Service technique militaire du Département militaire,
R. Fierz, au Chef du Département militaire,
R. Minger1
Persönlich. Vertraulich
Bern, 17. Juni 1940
Ich habe heute dem Departement meinen Reisebericht über die kürzliche Reise nach Berlin übermittelt2 und möchte bei dieser Gelegenheit das bestätigen, was ich Ihnen letzter Tage mündlich mitteilte und was nicht im Reisebericht enthalten ist.
Ich habe am 12. crt. nachmittags Herrn Staatssekretär von Weizsäcker privat besucht und habe seinerseits ein sehr grosses Wohlwollen gegenüber der Schweiz gefunden. Er brachte zum Ausdruck, dass es ihm eigentlich unverständlich sei, dass Anfang Mai in der Schweiz eine so grosse Nervosität geherrscht habe, denn es wäre ja ganz unverständlich gewesen, wenn man von deutscher Seite irgend etwas militärisches gegen die Schweiz unternommen hätte.
Er brachte ferner zum Ausdruck, dass sowohl er wie hohe deutsche Militäre es niemals für möglich gehalten hätten, dass der Krieg im Westen einen derartigen Verlauf nehmen werde und dass man Resultate haben würde wie z.B. bei der Schlacht in Flandern. (Die Schlacht in Frankreich war damals ja erst in ihren Anfangsstadien.)
Über die allgemeine politische Lage äusserte er sich im Hinblick auf die Schweiz mit einem feinen Lächeln. Die Schweiz werde doch wohl kaum nur ein Museumsstück der guten alten Zeit bleiben und es dürfte doch wohl notwendig sein, dass mit der Zeit auch einige Änderungen eintreten. Er sagte es lächelnd, ich bin aber überzeugt, dass es ihm dabei sehr ernst war.
Er machte mir ferner Andeutungen, dass man in Deutschland sehr wenig erbaut war über die Haltung unserer Presse, wenn er auch zugab, dass gerade in den letzten Wochen doch eine gewisse Änderung eingetreten sei.
Herr Minister Frölicher scheint in Berlin sehr angesehen zu sein und als ich mich verabschiedete, sagte Herr von Weizsäcker: «Und nun sagen Sie dem Frölicher, er soll nur so weiter arbeiten wie bisher, dann wird alles, alles gut werden.» Ich habe dies Herrn Minister Frölicher mitgeteilt und er sagte, er hoffe, dass ich dies auch in Bern weitersagen werde, was hiermit geschehen soll.