Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.3. Blocus franco-britannique
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 224
volume linkBern 1991
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Archive | Archives of Contemporary History, Zurich |
Archival classification | CH-AfZ NL Heinrich Homberger III |
Dossier title | Wirtschaftsverhandlungen in Paris, Januar 1940, diverse Korrespondenzen (1940–1940) |
File reference archive | 10 |
dodis.ch/46981
Die grosse Bedeutung der Verhandlungen, die gegenwärtig mit einer britisch-französischen Delegation über die Blockadefrage geführt werden, hat uns veranlasst, die bestehende Situation und die sich daraus ergebenden Fragen auch im Kollegium des Vororts eingehend zu besprechen. Obschon die Aussprache, die am vergangenen Mittwoch zwischen der Finanzdelegation des Bundesrates und der Verhandlungsdelegation stattfand, mehrheitlich eine völlige übereinstimmende Auffassung zeitigte und damit die bei den Blockadeverhandlungen weiter einzunehmende Haltung wohl feststeht, legen wir Wert darauf, Ihnen mitzuteilen, dass der Vorort nach allseitiger Prüfung der Sachlage, wie schon die Unterzeichneten anlässlich der Sitzung vom Mittwoch zum Schlüsse kamen, der Meinung ist, dass keine Anstrengung und kein Zeitaufwand gescheut werden darf, um zu erreichen, dass wir trotz der Blockadepolitik auch den wirtschaftlichen Verkehr mit Deutschland soweit als immer möglich aufrechterhalten können. Was die Blockademächte der Schweiz zumuten wollten, würde die Kontinuität unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland aufs höchste in Frage stellen und damit sowohl die Versorgung der Schweiz mit wichtigen Rohstoffen, wie auch die Beschäftigung ganzer Industrien und schliesslich das Gleichgewicht der schweizerischen Devisenbilanz gefährden. Einhellig ist daher im Vorort die Auffassung geteilt worden, dass ein Abkommen auf einer solchen Basis schlimmer wäre als gar kein Abkommen. So dringlich es unbestreitbar ist, über den Blockadekomplex so rasch als möglich eine Verständigung zu erzielen, so wenig darf uns diese Dringlichkeit dazu verleiten, vorzeitig nachzugeben und uns Einschränkungen auferlegen zu lassen, die uns wirtschaftlich und politisch in Gefahr bringen. Es muss angesichts der auf dem Spiele stehenden gesamtschweizerischen Interessen viel mehr von allen Seiten das Mögliche getan werden, um den schweizerischen Widerstand gegenüber Forderungen von Seiten der Blockademächte, die mit der schweizerischen Unabhängigkeit unvereinbar sind, zu festigen, um auf diese Weise, selbst wenn es noch etwas Zeit kostet, zu erreichen, dass uns die Ausfuhr nach Deutschland in einem Umfang erhalten bleibt, der sowohl die Aufrechterhaltung unserer wirtschaftlichen Tätigkeit wie auch die geordnete Weiterführung unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland erlaubt. Wir glauben, dass bei konsequenter Haltung die Aussicht, dieses Ziel zu erreichen, so gross die noch zu überwindenden Schwierigkeiten sein werden, keineswegs gering ist und dass der Einsatz, der vorab in Zeit und Geduld besteht, durch die Interessen der Schweiz, um die es geht, mehr als gerechtfertigt wird.
Der Vorort erlaubt sich daher, der bestimmten Erwartung Ausdruck zu geben, dass die anlässlich der Konferenz vom Mittwoch ins Auge gefassten Schritte unverzüglich und nachdrücklich unternommen werden. Wenn auch die inzwischen durch den britischen und den französischen Handelsattaché in Bern im Auftrag der britisch-französischen Delegation abgegebenen Erklärungen geeignet sein können, auf einen gewissen Wandel in der von den Blockademächten bis jetzt eingenommenen Haltung schliessen zu lassen - was offenbar nur die Richtigkeit und Wirksamkeit des bisherigen schweizerischen Vorgehens dartut -, so darf man sich nicht darüber täuschen, dass auf verschiedenen Gebieten, die von grösster Bedeutung für die Lösung des Problems sind, der britisch-französische Widerstand noch keineswegs gebrochen ist. Denn man verlangt von der Schweiz nach wie vor eine absolute Unterdrückung jeglicher Ausfuhr von Waren, die seit jeher exportiert wurden und die wir gegenüber Deutschland für Kompensationszwecke nötig haben (Beispiel: Wollgarne und -gewebe, Ferrosilizium) oder man verweigert uns auch nur die «courants normaux», obschon diese an sich schon genügend Einschränkung bedeuten, auf äusserst wichtigen Gebieten, wie bei der Baum Wollindustrie und gewissen Maschinenkategorien. Und schliesslich lehnt man es ab, uns die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, wie Vieh, Käse und Obst, obschon das unsere ureigensten Produkte sind, die jetzt als Kompensationsmittel von erhöhter Bedeutung gerade gegenüber Deutschland werden, freizugeben. Die in Aussicht genommene Aktion des Bundesrates hat deshalb im Prinzip nichts von ihrer Aktualität eingebüsst.
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- M. Pilet-Golaz ne dirigera officiellement qu’à partir du 18 mars 1940 le Département politique dont le Chef, G. Motta, est décédé le 23 janvier 1940. Le suppléant de Motta est, formellement, J. Baumann. Cette lettre semble destinée à la Délégation financière du Conseil fédéral, constituée le 27 décembre 1939: pour l’année 1940, elle est formée de Wetter, Obrecht et Pilet-Golaz (Cf. E 1004.1 1/392, No 2443). Au cours de l’hiver 1939/40, Motta et Obrecht, gravement malades, furent souvent empêchés d’exercer leurs fonctions et durent être remplacés; Minger était le suppléant d’Obrecht à la tête du Département de l’Economie publique. Dans une lettre du 12 décembre 1939 à l’ancien Chef du Département de l’Economie publique, Ed. Schulthess, l’ancien Directeur de la Division du Commerce du Département de l’Economie publique, W. Stucki, devenu Ministre de Suisse à Paris, écrivait notamment: Die Verhandlungen selber gehen sehr schleppend vor sich. Der Grund liegt hauptsächlich darin, dass sich England und Frankreich auf ein gewisses den Neutralen aufzuzwingendes Schema geeignet hatten, dass die Beamten in London und Paris nun glauben, dieses Schema auch der Schweiz gegenüber anwendenden zu müssen und dass es ausserordentlich schwer ist, sie nachträglich davon abzubringen. Hätte man, wie ich dies immer verlangt hatte, den schweizerischen Standpunkt und die Besonderheit unserer Lage an massgebender Stelle dargelegt, bevor das Schema erstellt war, so wären die Schwierigkeiten sehr viel geringer. Trotz allem wird man mit Energie und sehr viel Geduld zunächst wohl zu einer einigermassen erträglichen Lösung kommen. Auf längere Sicht dagegen bin ich sehr skeptisch. Da dieser Krieg militärische Entscheidungen nicht bringen wird, dürfte der Wirtschaftskrieg immer leidenschaftlicher und intensiver werden und es wäre schon fast ein Wunder, wenn sich die Schweiz bis zum Schluss durchwinden könnte. Vor ihr dürften allerdings andere neutrale Staaten vor entscheidende Entschlüsse gestellt werden. Ich habe ebenfalls vernommen, dass Ihr Nachfolger sehr ernsthaft krank ist und kaum seine Arbeit voll wieder wird aufnehmen können. Nicht viel besser soll es übrigens mit dem Chef des Politischen Departements stehen. Es ist wirklich beängstigend, dass unter solchen Umständen die «hohe» Politik vom Chef der Abteilung für Auswärtiges und die Aussen-Wirtschaftspolitik von meinem Nachfolger gemacht wird. Ich sehe aber nicht, wie das geändert werden könnte. Vorläufig bleibt nichts anderes übrig, als in intensiver Tagesarbeit seine Pflicht zu tun und nicht allzu viel über die trostlose Zukunft nachzudenken (J.1.131/134).↩
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- Lettre (Copie): Archiv für Zeitgeschichte, ETH Zürich Fonds Dr. Heinrich Hornberger Dossier III, 10Ho/J Blockadeverhandlungen.↩
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