Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
2. Autriche
2.2. Clearing
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 203
volume linkBern 1982
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1534#3090* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 176 | |
Dossier title | Durchführung der mit versch. Ländern getroffenen Devisenabkommen, I (1932–1935) | |
File reference archive | C.42.10 |
dodis.ch/45745
Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, à l’Association suisse des banquiers1
Wir sind ohne weiteres bereit, Ihnen zuzugestehen, dass wir Ihr erstes Postulat sehr wohl verstehen und ihm volles Verständnis entgegenbringen. Denn es steht auch für uns ausser Frage, dass die im Ausland investierten schweizerischen Kapitalien ebenfalls einen Bestandteil des schweizerischen Volksvermögens bilden und als solche Anspruch auf Schutz und Pflege haben. Desgleichen entspricht es durchaus einem allgemeinen Interesse, wenn alles darangesetzt wird, um auch diese Werte den Risiken zu entziehen, die sie im Ausland bedrohen, und sie, wenn möglich, in die Schweiz zurückzuführen.
Wenn somit Aussicht bestände, durch das Mittel der Clearingabkommen, die die Schweiz bisher mit einigen Staaten abgeschlossen hat, die zu diesem Zweck erforderlichen Summen zu erfassen, würde zweifellos Ihrem Begehren um Einbeziehung auch der Finanzforderungen der Banken in den Clearingverkehr grundsätzlich längst entsprochen worden sein.
Wie Ihnen jedoch bekannt ist, reichten bisher selbst die gesamten, aus Clearingländer stammenden Importerlöse, soweit sie nach den getroffenen Vereinbarungen überhaupt in den Clearingverkehr einbezogen werden können, bei weitem nicht aus, um die allmähliche Abdeckung der schweizerischen Exportguthaben herbeizuführen und gleichzeitig den laufenden Export der Schweiz notdürftig im Gange zu halten.
Der Warenexport leidet somit in allererster Linie unter der immer weiter um sich greifenden Devisenreglementierung, wie auch unter der zunehmenden Einfuhrbeschränkung in zahlreichen Absatzgebieten. Mit der Ermöglichung der Aufrechterhaltung des Warenexports aber hängt aufs engste zusammen die Beschäftigung des Personals einer grossen Anzahl von inländischen Betrieben, die Verhütung oder doch Milderung von Arbeitslosigkeit, sowie die Wahrung wertvoller geschäftlicher Beziehungen mit dem Ausland2.
Diese Faktoren sind von solcher Bedeutung, dass ihnen vom Gesichtspunkt der allgemeinen Wirtschaft aus der Vortritt gegenüber den Interessen der Finanz hat eingeräumt werden müssen. Andererseits kann glücklicherweise der Zinsendienst aus ausländischen Verpflichtungen in sehr vielen Fällen auch heute noch aufrechterhalten werden, während nur3 die Kapitalrückzahlungen eingestellt worden sind. Da aber wohl in den meisten Fällen das private Schuldverhältnis nur gegründet worden ist gegen Hingabe ausreichender Sicherheiten4, so darf gesagt werden, dass das zwangsweise Belassen von Kapital im Ausland bei den Verhältnissen des schweizerischen Geld- und Kapitalmarktes offenbar nicht als derart kritische Erscheinung gewertet werden muss, wie sie das Festfrieren von dem Warenexport entstammenden Forderungen darstellt.
In objektiver Würdigung der gegebenen Lage und in voller Anerkennung der Schutzwürdigkeit der schweizerischen Finanzinteressen im Ausland sind wir deshalb der Meinung, dass die Clearingabkommen angesichts der katastrophalen Entwicklung unseres industriellen Absatzes und der zwingenden Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Warenexportes in erster Linie doch der Warenausfuhr dienstbar bleiben müssen und dass für die Befriedigung von Bankforderungen erst dann Mittel bereitgestellt werden können, wenn eine wenigstens notdürftige Befriedigung der Warenexportforderungen gesichert erscheint5.
Da aber auch für die schweizerische Finanz die Gesundheit und das Gedeihen der Industrie und des Handels zweifellos von vitaler Bedeutung ist6, glauben wir in der Tat, dass unsere Auffassung den Anspruch erheben darf, dem wohlverstandenen Gesamtinteresse aller zu dienen.
Im übrigen ist schliesslich die gesamte Frage insofern in nicht unwesentlicher Weise präjudiziert, als es infolge der bisherigen Haltung der schweizerischen Banken in gewissen Beziehungen einstweilen gar nicht möglich wäre, die ausländischen Guthaben flüssig zu machen, weil Bindungen aus Verpflichtungen bestehen, die von den Kreditinstituten bekanntlich ohne Mitwirkung oder auch nur Information weder der Industrie noch des Staates eingegangen worden sind.Was den zweiten Teil Ihrer Eingabe bezüglich Ihrer Vertretung bei künftigen Verhandlungen über Clearingabkommen anbelangt, so werden wir Ihrem Wunsche gerne Rechnung tragen, soweit es sich um umfassende Probleme und grosse Finanzinteressen handelt, was beispielsweise der Fall sein dürfte, wenn mit Deutschland in solche Verhandlungen eingetreten werden müsste.