Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
11. France
11.1. Relations commerciales
Également: Projet de note à adresser au Gouvernement français au sujet du relèvement de la taxe à l’importation. Annexe de 1.12.1931 (CH-BAR#E2#1000/44#1718*).
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 127
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#240* | |
Old classification | CH-BAR E 7110-02(-)1000/1065 63 | |
Dossier title | Umsatz- und Luxussteuer, Taxe à l'importation (1930–1932) | |
File reference archive | 8.9.1 • Additional component: Frankreich |
dodis.ch/45669
Hiemit bestätigen wir den Empfang Ihrer ausführlichen und interessanten Berichte und Anträge vom 25. und 30. NovemberWie wir Ihnen bereits telephonisch mitteilen Hessen, haben wir vorgestern die Angelegenheit im Schosse der schweizerischen Handelsvertragsdelegation einlässlich besprochen und insbesondere auch die Frage allfälliger Retorsionsmassnahmen gegen die zwiefache Verletzung unseres Handelsvertrags mit Frankreich, Erhöhung der Taxe d’importation auf 4 bzw. 6% und Kontingentierung von Waren, deren Zollansätze gebunden sind, erörtert.
Als Resultat dieser Besprechungen beehren wir uns Ihnen folgendes mitzuteilen:
l. Kontingente.
Wir sind mit Ihnen der Ansicht, dass man wohl einerseits in deutlicher und scharfer Weise gegen die unzweifelhafte Vertragsverletzung protestieren muss, dass aber schliesslich die Hauptsache ist, unsere wirklichen Exportinteressen nach Möglichkeit zu wahren. Es kann sich also nicht darum handeln, lediglich zu protestieren und Repressalien anzudrohen und dabei jede Verhandlung über die Fixierung der effektiven Kontingente abzulehnen, weil sie mit unserer grundsätzlichen Auffassung unvereinbar wäre. Wir möchten aber wünschen, dass der Unterschied zwischen der grundsätzlichen Stellungnahme und der Mitwirkung zur Herbeiführung praktischer Lösungen etwas deutlicher betont wird, als dies im Entwurf Ihrer Note vom 28. November.2 geschieht. Es scheint uns deshalb angezeigt, dass sich die an die «affaires étrangères» zu richtende Note lediglich auf die grundsätzliche Seite der Angelegenheit beschränken sollte. Wir möchten Ihnen deshalb vorschlagen, dass Sie nach den ersten drei Abschnitten auf S. 1 Ihres Notenentwurfs in einem neuen Abschnitt etwa folgendes beifügen:
«In der Tat gibt der schweizerisch-französische Handelsvertrag der Schweiz das unzweifelhafte Recht, diejenigen Waren, deren Zölle in Liste A maximal festgelegt wurden, in unbeschränkten Mengen zu diesen Ansätzen nach Frankreich einzuführen. Jede quantitative Beschränkung der Warenmenge bedeutet demnach eine Verletzung der getroffenen Vereinbarungen. Die schweizerische Gesandtschaft ist beauftragt, erneut gegen diese Vertragsverletzung Protest zu erheben. Sie hofft, dass die französische Regierung unverzüglich diejenigen Massnahmen treffen wird, die geeignet sind, den vertragsmässigen Zustand wiederherzustellen. Sollte sie sich in dieser Erwartung getäuscht sehen und sollte aus der weitern Beibehaltung des vertragswidrigen Zustandes eine effektive Schädigung der schweizerischen Exportinteressen entstehen, bzw. andauern, so behält sich der Bundesrat vor, seinerseits Abwehrmassregeln gegen die Einfuhr französischer Waren in die Schweiz zu treffen.» Die in Ihrem Notenentwurf enthaltenen weitern Ausführungen über die Höhe der einzelnen Kontingente für Käse, kondensierte Milch, Kindermehl, sowie über die Gestaltung des schweizerisch-französischen Warenverkehrs im allgemeinen sollten unseres Erachtens nicht in der Note, sondern in einer formlosen Notiz figurieren, die Sie je nach Ihrem Ermessen entweder gleichzeitig mit der Übergabe der Note dem Ministerium des Auswärtigen oder aber dem Handelsministerium oder, und, dem Landwirtschaftsministerium separat zustellen könnten. Der Sinn der Notiz wäre der, dass darin zum Ausdruck gebracht würde, unter welchen Bedingungen die Schweiz trotz der bestehenden Rechtsverletzung eine genügende praktische Wahrung ihrer Interessen erblicken könnte. Es müsste deutlich gesagt werden, dass, wenn nicht mindestens die hier geforderten Kontingente zugeteilt werden, die Schweiz nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich geschädigt wäre und sich deshalb zur Ergreifung von Retorsionsmassnahmen als berechtigt betrachtet. Mit Ihrem Schreiben vom 30. November machen Sie eingehende und interessante Ausführungen über die «Verhandlungsmarge», die Ihrer Ansicht nach hinsichtlich der offiziell zu fordernden Kontingente noch besteht. Wir teilen im allgemeinen Ihre Auffassung, möchten aber mit Rücksicht auf die grosse Verbitterung, die in Kreisen der schweizerischen Land- und Milchwirtschaft der französichen Massnahmen wegen herrscht, bitten, dass Sie vorläufig an den auf S. 3 und 4 Ihres Notenentwurfs genannten Kontingentsziffern unbedingt festhalten und uns allfällige Gegenofferten, die man Ihnen machen dürfte, telephonisch oder telegraphisch bekanntgeben, bevor Sie sich dazu äussern.2. Allfällige Retorsionsmassnahmen. Zunächst sind wir mit Ihnen durchaus darüber einig, dass sich solche Retorsionsmassnahmen gegen die französische Kontingentierung auf dasjenige Gebiet beschränken sollten, in welchem sie französischerseits getroffen wurden, d. h. auf die Landwirtschaft. Über die Art solcher Repressalien gingen die Meinungen im Schosse unserer Handelsvertragsdelegation etwas auseinander: Es wurde einerseits die Auffassung vertreten, dass man, in bewusster Verletzung des Vertrags, diejenigen Schritte tun sollte, die Frankreich am empfindlichsten treffen, z.B. ein scharfer Zuschlagszoll für französischen Wein oder für französisches Gemüse, was selbstverständlich zu einer starken und ausgesprochenen Diskriminierung der Einfuhr aus Frankreich führen würde. Dies hätte zur Folge, glaubt man, dass die französischen Wein- bzw. Gemüsebauern bei Herrn Tardieu3 einen derartigen Lärm schlagen würden, dass dieser sofort die schweizerischen Wünsche in der Kontingentierung voll berücksichtigen müsste. Demgegenüber besteht aber die Gefahr, dass die Reaktion an der Rue de Varenne4 eine umgekehrte sein könnte: statt Nachgeben nun ebenfalls Ergreifung von diskriminierenden Sondermassnahmen gegen die Schweiz, was selbstverständlich innert kürzester Frist zu einem Zollkrieg auf der ganzen Linie führen dürfte. Bedenkt man, dass wir uns gegenwärtig in einer ausserordentlich schwierigen Situation unserm nördlichen Nachbarn gegenüber befinden, und dass wir auch mit ändern Staaten grosse Schwierigkeiten zu überwinden haben, so wird man doch dazu kommen müssen, wenigstens vorderhand, von dieser schweren Artillerie Umgang zu nehmen. Auf der ändern Seite hat es natürlich auch keinen Sinn, Abwehrmassnahmen auf Produkte anzuwenden, deren Einfuhr in die Schweiz unbedeutend ist und die deshalb auch nur verhältnismässig wenige Klagen der französischen Exporteure bewirken würden.
Wir haben nun in Aussicht genommen, zunächst überhaupt von Massnahmen abzusehen, die unsererseits vertragliche Verpflichtungen verletzen würden oder die, wie die Fixierung egaler Zollkontingente, mindestens diskutierbar sind. Wir glauben nämlich, zwei Mittel in der Hand zu haben, zu deren Anwendung wir autonom unbedingt berechtigt sind. Sie betreffen einerseits den Grenzverkehr mit landwirtschaftlichen Produkten aus dem Eisass und anderseits aus dem Zonengebiet5. Bekanntlich stehen wir, was den letztem Punkt anbelangt, schon lange auf dem Standpunkt, dass uns die Verlegung der Zollgrenze an die politische Grenze im Zonengebiet berechtigt, jede Vorzugsbehandlung für die Zonenprodukte zu verweigern. Man hat bis anhin lediglich mit Rücksicht auf den Zonenprozess und die Konsuminteressen von Genf von solchen Massnahmen Umgang genommen. Was das Eisass anbelangt, so besteht ebenfalls keine schweizerische Verpflichtung, die sehr beträchtliche Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Basel zuzulassen. Der Bundesrat hat im Jahre 19266 autonom das mit Deutschland vereinbarte Grenzregime auf das Eisass ausgedehnt, kann dies aber jederzeit rückgängig machen.
Falls uns Frankreich in der Frage der Kontingentierung nicht innert kürzester Frist mindestens praktisch volle Genugtuung gibt, so gedenken wir also, dem Bundesrat zu beantragen, einerseits die Milcheinfuhr aus den Zonen auf ein Minimum zu reduzieren, anderseits die Einfuhr anderer landwirtschaftlicher Produkte aus den Zonen sowohl als aus dem Eisass beträchtlich einzuschränken. In der Milchfrage würde man voraussichtlich so vorgehen, dass der heute mit keinem Staate gebundene Milchzoll auf Fr.8-10.-, d.h. prohibitiv, erhöht würde und dass man jedem Grenzland ein Kontingent von etwa 3000 q zum bisherigen Zoll von 50 Rappen gewähren würde. Dies hätte zur Folge, dass Italien, Österreich und Deutschland ungefähr gemäss dem bisherigen Verhältnis importieren könnten, während die Einfuhr aus Frankreich auf einen kleinen Bruchteil reduziert würde.
Diese Mitteilungen sind vorläufig lediglich für Ihre persönliche Information bestimmt, und wir möchten Sie bitten, davon gegen aussen keinerlei Gebrauch zu machen. Es würde uns immerhin interessieren, Ihre Ansicht über diese Projekte kennenzulernen.
3. Was die Frage der Taxe d’importation anbelangt, so haben wir Ihnen heute bereits unser Einverständnis mit Ihrem Notenentwurf telegraphisch mitgeteilt7.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns erlauben, Sie an die letzte telephonische Besprechung mit dem Unterzeichneten zu erinnern, anlässlich welcher der Wunsch ausgedrückt wurde, über die französisch-deutschen Wirtschaftsbesprechungen möglichst orientiert zu werden. Offenbar hat man in Paris auf die Idee der allgemeinen Hinführung von Zollkontingenten gegenüber Deutschland verzichtet. Dagegen würde es uns sehr interessieren, zu wissen, wie es mit dem Projekte steht, den Überschuss der deutschen Warenausfuhr nach Frankreich zur Abdeckung der finanziellen Verpflichtungen Deutschlands an Frankreich zu verwenden. Da diese äusserst wichtige Frage übermorgen Gegenstand einer von uns einberufenen Konferenz bilden wird, so wären wir Ihnen für allfällige telephonische Information im Verlaufe des morgigen Tages oder Freitag Vormittag äusserst dankbar8.
- 1
- Lettre (Copie): E 7110 1/63. Paraphe: KB.↩
- 2
- Il n’a été retrouvé dans les archives que le projet reproduit en annexe, daté du 1er décembre.↩
- 3
- Ministre de l’Agriculture.↩
- 4
- Siège du Ministère de l’Agriculture.↩
- 5
- De la région genevoise.↩
- 6
- Séance du Conseil fédéral du 21 juin 1926 (E 1004 1/299).↩
- 7
- Cf. annexe.↩
- 8
- Le 18 décembre 1931, le Conseil fédéral suspend avec effet immédiat l’importation de fromage à pâte dure d’origine française (E 1004 1/331). Cette mesure est reportée le 15 janvier 1932, après élévation du droit d'entrée fixé par le tarif d’usage (PVCF du 14 janvier 1932 E 1004 1/3 3 2 a).↩