Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.2. Relations financières
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 44
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1532#1528* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1532 57 | |
Dossier title | Deutsche Anleihen in der Schweiz (1930–1930) | |
File reference archive | C.42.39 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/45586
Le Président du Directoire de la Banque nationale, G. Bachmann, au Chef du Département politique, G. Motta1
Ihr nach Basel gerichtetes Schreiben vom 22. Oktober2 in der Angelegenheit der Beteiligung der schweizerischen Banken an dem sogenannten Überbrückungskredit ist mir zugegangen, gleichzeitig mit der Kopie eines Schreibens des schweizerischen Gesandten in Deutschland vom 18. Oktober. Ich verdanke Ihnen diese Mitteilungen aufs beste.
In dieser Angelegenheit habe ich Ihnen Kopien meiner beiden Schreiben vom 3. und 13. Oktober3 an das Finanzdepartement übermittelt. Da es sich bei dieser Kreditbeteiligung nicht um die Begebung einer Auslandanleihe handelte, blieb das Verfahren nach dem sogenannten Gentlemen’s Agreement4, das die Nationalbank mit den Grossbanken vereinbart hat, ausser Anwendung. Mein Schreiben vom 3. Oktober war denn auch dahin abgefasst, dass ich keine Erklärung seitens der von mir unterrichteten Departemente erwartete. Immerhin hat das Volkswirtschafts-Departement in Antworten vom 7. und 15. Oktober5 zur Angelegenheit Stellung genommen und dabei ausdrücklich erklärt, dass es seinerseits gegen diese Krediterteilung keine Einwendungen anzubringen habe. An die Schweizerische Kreditanstalt, der das Geschäft durch ihren damals in New York verhandelnden Delegierten, Herrn Dr. Bindschedler, zugewiesen wurde, erging von der Nationalbank die ausdrückliche Erklärung, dass die Notenbank sich zu dieser Krediterteilung zwar nicht zu äussern hätte, nachdem ihr aber nun einmal Mitteilung gemacht worden sei, spreche sie sich dahin aus, dass sie gegen eine Beteiligung an diesem Überbrückungskredit seitens der schweizerischen Banken keinerlei Einwendungen zu erheben habe.
Gleichzeitig habe ich unterm 3. Oktober mit Herrn Reichsbankpräsident Dr. Luther korrespondiert; ich lege hier eine Kopie meines Schreibens bei6. In diesem Schreiben an Herrn Luther, das ebenfalls vom 3. Oktober datiert ist, wie die Ihnen in Kopie zugestellte Zuschrift an das Finanzdepartement, ist davon die Rede, dass bezüglich der Beteiligung schweizerischer Banken an dem Überbrükkungskredit von seiten eines Baslers Institutes (gemeint ist der Schweizerische Bankverein) das Verlangen gestellt werde, die Deutsche Reichsbahn möchte die tarifarischen Massnahmen gegen die Rheinschiffahrt zurücknehmen7. Von diesem Verlangen ist mir erst am Nachmittag des 3. Oktober Kenntnis gegeben worden; in der ersten Verhandlung am Vormittag jenes Tages, die Herr Dr.Jöhr von der Schweizerischen Kreditanstalt mit mir führte, war davon noch nichts bekannt, konnte auch nichts bekannt sein, weil eben erst Herr Dr. Bindschedler aus New York wegen einer allfälligen Kreditbeteiligung der Kreditanstalt Mitteilung gemacht hatte und die Kreditanstalt, bevor sie an die ändern Schweizerbanken gelangte, die Ansicht der Schweizerischen Nationalbank vernehmen wollte. Als mir dann am Nachmittag von der Kreditanstalt her auf meine Anfrage über ein Zustandekommen der Kreditbeteiligung durch die schweizerischen Banken mitgeteilt wurde, dass der Bankverein das Verlangen stelle, die Reichsbahn möchte ihre tarifarischen Massnahmen zurücknehmen, so war man auch bei der Kreditanstalt der Meinung, dass dies nicht als förmliche Bedingung formuliert werde. Wichtiger war in jenem Zeitpunkt für eine Mitwirkung der schweizerischen Banken, dass England und Frankreich an der Krediterteilung mitwirken, und dies schien damals erreichbar. Ein Weiteres konnte ich auch aus der Besprechung mit der Kreditanstalt zu jener Zeit entnehmen - und die Unterhaltung in den nächsten Tagen hat dies immer deutlicher hervortreten lassen -: die damaligen Nachrichten über die politische und wirtschaftliche Lage Deutschlands Hessen die Beteiligungslust der schweizerischen Banken an diesem Kreditgeschäfte, dessen Abschluss wegen des Verhaltens Englands und Frankreichs sich in die Länge zog, mehr und mehr erkalten, und das nicht zum wenigsten deshalb, weil die Zinsvergütung Deutschlands für den zu gewährenden Kredit den schweizerischen Banken wenig Reiz bot. In der Zwischenzeit vom 3. bis zum 13. Oktober erhielt ich jedoch nur spärlichen und unbestimmten Bericht, bis mir dann am 13. Oktober von der Kreditanstalt die endgültige Mitteilung, die damals auch in die Presse überging, zukam, dass auch die schweizerischen Banken sich nicht an dem Überbrückungskredit beteiligen werden. Anderseits wurde mir dabei erklärt, dass vom Schweizerischen Bankverein aus die eigentliche Bedingung gegenüber Deutschland gestellt worden sei, die Reichsbahn hätte ihre tarifarischen Massnahmen zurückzuziehen. Anderseits wurde bemerkt, dass nachdem England und Frankreich der Beteiligung fernstünden, und diese ein Engagement für zwei Jahre bei wenig befriedigendem Zins bedeute, auch aus diesem Grunde eine Mitwirkung an. diesem Kreditgeschäft dahingefallen sei. Schliesslich kam für die Schweizerische Kreditanstalt in Betracht, dass wenn sie an dem Kreditgeschäft mit anderen Schweizerbanken mitmache, dann die Quote, die sonst auf den Bankverein und voraussichtlich auch auf die Basler Handelsbank entfallen wäre, von ihr und den übrigen sich beteiligenden Banken hätte übernommen werden müssen.
Ihrem Ansuchen entsprechend habe ich der Schweizerischen Kreditanstalt zuhanden der weiter an diesem Kreditgeschäft interessierten Banken die Mitteilung zukommen lassen, dass vom Bundeshaus gewünscht worden wäre, die Banken möchten, bevor eine derartige Bedingung politischer Art (wie die Rücknahme tarifarischer Massnahmen der Reichsbahn) gegenüber Deutschland gestellt werden wolle, sich mit dem Bundesrat ins Benehmen setzen. Ich werde nicht verfehlen, diese Auffassung auch dem Schweizerischen Bankverein gegenüber noch direkt zur Kenntnis zu bringen, sobald sich dazu eine Gelegenheit bietet. Im übrigen möchte ich, auch zur Weitergabe an Herrn Minister Rüfenacht, mitteilen, dass die schweizerischen Banken in sehr ausgiebigem Masse für sich selbst und ihre Klientschaft um die Hingabe von Kapitalien nach Deutschland tätig sind. Es mag darauf verwiesen werden, dass im Jahre 1930 bis heute für 134,9 Millionen Franken (Emissionswert) Anleihen für Deutschland in der Schweiz aufgelegt wurden im Vergleich zu 41,7 Millionen Franken in der gleichen Zeit im Jahre 1929. Und weiterhin ist aus den uns vertraulich zugestellten Ziffern der Grossbanken zu ersehen, dass ihre Auslandguthaben bei Banken, ihr Auslandwechselportefeuille und ihre Auslanddebitoren (wenn, wie üblich, angenommen wird, dass lA der Gesamtdebitoren auf das Ausland fällt) in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr eine weitere beträchtliche Steigerung erfahren haben: 30. Juni. 1930 3’560 Millionen Franken; 30. Juni 1929 3’ 102 Millionen Franken. Nach den bis jetzt eingegangenen Bilanzen per 30. September 1930 sind die Auslandanlagen der Grossbanken weiter steigend. Auch machen wir bei der Nationalbank die Beobachtung, dass die schweizerischen Grossbanken, nachdem in Deutschland die Sätze für kurzfristiges Geld wieder angezogen haben, während sie in der Schweiz weiter zurückgingen, das Akzeptgeschäft für deutsche Rechnung wieder intensiver pflegen. So sehr es die Nationalbank gerade in jenen Tagen um den 3. Oktober vom valutarischen Standpunkte aus begrüsst hätte, wenn durch diese Kreditbeteiligung für 40 bis 60 Millionen Schweizerfranken Devisen nach Deutschland abgeflossen wären, so sehr schien uns doch die reservierte Haltung unserer Grossbanken nach den bereits bestehenden Engagements in deutscher Valuta verständlich, zumal auch die Überlegung der Grossbanken als richtig anzuerkennen war, dass vielleicht schon in nächster Zukunft auch die Schweiz zu weiteren Kredit- oder Anleihensgewährungen an Deutschland gelangen werde. [...]
- 1
- Lettre: E 2001 (C) 2/57.↩
- 2
- Cf. annexe au no42.↩
- 3
- Non reproduit.↩
- 4
- Cf. no 42, A II. Sur les effets de cet accord cf la lettre de Musy au Président du Directoire de la Banque nationale, Bachmann, du 11 septembere 1930 (E 6100 (A), Archiv-Nr. 219.↩
- 5
- Non retrouvé.↩
- 6
- Non reproduit.↩
- 7
- Cf. no 40, n.l.↩
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