dodis.ch/45344
Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes, E.
Schulthess, an den Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins
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Wie Ihnen bekannt ist, tritt mit dem morgigen Tage in Frankreich ein neuer, dem deutsch-französischen Handelsvertrag vom 17. August d.J. angepasster Minimaltarif in Kraft. Dieser bringt für zahlreiche Waren, an deren Ausfuhr nach Frankreich auch die schweizerische Wirtschaft zum Teü in hohem Masse interessiert ist, sehr beträchtliche Erhöhungen gegenüber den Ansätzen des heute für schweizerische Waren noch geltenden Minimaltarifs. Wir haben uns bemüht, so rasch als es uns irgendwie möglich war, die schweizerischen Exportinteressenten über diese Verhältnisse aufzuklären und ihnen über die Höhe der Zollaufschläge für die einzelnen Waren durch Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt Aufschluss zu geben. Schon jetzt sind bei uns - und sicherlich auch bei Ihnen - zahlreiche Proteste und Vorstellungen schweizerischer Firmen gegen diese Zollerhöhungen eingegangen. Mit deren Inkraftsetzung werden sich diese Stimmen zweifellos noch stark vermehren.
In weiten Kreisen scheint man der Ansicht zu sein, die Schweiz könne und solle diese französischen Zollerhöhungen nicht ohne energische Gegenmassnahmen hinnehmen. Ihnen ist bekannt, dass wir zu einem rechtlichen Protest keine Handhabe besitzen und dass die einzig mögliche Gegenmassnahme darin bestehen würde, den bestehenden Handelsvertrag und insbesondere die darin enthaltene Meistbegünstigung auf drei Monate zu kündigen. Da an der durch den deutschfranzösischen Vertrag geschaffenen, für die Schweiz unheilvollen Situation namentlich gewisse Industrien, viel weniger aber Landwirtschaft und Gewerbe, interessiert sind, so möchten wir Sie bitten, uns so rasch wie möglich mitzuteilen, ob Ihrer Ansicht nach die Kündigung vorgenommen und die Verhandlungen unter dem Druck dieser Kündigung weitergeführt werden sollten.
Was diese Fortführung der Verhandlungen anbelangt, so haben wir unter allen Umständen ein eminentes Interesse daran, sie so rasch als möglich wieder aufzunehmen und zu beendigen. Gestützt auf die bestimmte Erklärung Ihres Herrn Vizepräsidenten2, dass er vor dem 25. d.M. nicht abkömmlich wäre, haben wir Frankreich vor geschlagen, die Verhandlungen am 26. September in Paris wieder zu beginnen3.