Language: German
13.6.1927 (Monday)
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 13.6.1927
Secret minutes of the Federal Council (PVCF-S)
Motta orientiert den Bundesrat, die französische Senatskommission habe beschlossen, dem Senat die Ratifikation des Zonenabkommens zu beantragen. Ein endgültiger Beschluss des Senats wird erst gefasst, wenn schweizerischerseits die Savoyerfrage geregelt ist.

Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
8. Frankreich
8.3. Zonenfrage und Schiedsvertrag
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Printed in

Walter Hofer, Beatrix Mesmer (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 314

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Bern 1980

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dodis.ch/45331
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 13. Juni 19271

Zonenfrage

Der Vorsteher des politischen Departementes hatte kürzlich eine Unterredung mit dem französischen Botschafter. Dieser bestätigte ihm, dass die Senatskommission beschlossen habe, dem Senat die Ratifikation des Zonenabkommens zu beantragen2. Hingegen sei es vollständig ausgeschlossen, dass der Senat den Genehmigungsbeschluss fassen werde, solange nicht schweizerischerseits die Savoyerfrage endgültig geregelt ist. Vor Ablauf der Referendumsfrist über diese Frage ist also die Zustimmung Frankreichs zum Zonenabkommen nicht zu erwarten.

Unter diesen Umständen bleibt nach Ansicht des Vorstehers des politischen Departementes nichts anderes übrig, als die Schlussabstimmung über die Savoyerfrage in den eidg. Räten schon jetzt vornehmen zu lassen. Es sollte aber den Kommissionen vorgeschlagen werden, zur Beruhigung der Volksmeinung noch eine Bestimmung in den Bundesbeschluss aufzunehmen, wonach die Erklärung des Verzichtes auf die der Schweiz zustehenden Rechte auf die neutralisierte Zone Savoyens erst dann abgegeben werden soll, wenn der Austausch der Ratifikationsurkunden zu der am 30. Oktober 1924 zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Schiedsordnung bezüglich der Freizonen vorgenommen wird (Simultanaustausch)3. Falls der Rat diese Auffassung teilt, so würde Herr Motta unverzüglich im obigen Sinne mit den beiden Kommissionspräsidenten Rücksprache halten.

Der Rat erklärt sich mit diesem Vorgehen einverstanden4.

1
E 1005 2/3.
2
Der französische Botschafter in Bern, Hermessy, übergab Motta am 11.6.1927 folgende schriftliche Mitteilung: L’Ambassade de France a été avisée, ce matin, que la Commission des Affaires Etrangères du Sénat qui s’est réunie hier s’est prononcée à l’unanimité pour l’approbation du compromis d’arbitrage sur les zones franches sans inclusion de réserves. En outre, afin de remontrer l’intention bien arrêtée du Sénat de procéder au vote final dès qu’il aura tous apaisements en ce qui concerne l’abrogation irrévocable de la zone neutralisée de Savoie les membres de cette Commission sont disposés à donner à leur décision toute la publicité nécessaire sous forme de communiqué de presse et au besoin d’interview (E 2, Archiv-Nr. 1681).
3
Diese Bestimmung wurde von den eidgenössischen Räten in den Bundesbeschluss vom 24.6.1927 aufgenommen, nachdem dies von den beiden parlamentarischen Kommissionen gemeinsam beantragt worden war. Vgl. BBl 1927,1, S.862f. -Motta äusserte sich in der Sitzung der nationalrätlichen Kommission vom 15.6.1927 gemäss Protokoll zur Frage eines möglichen Referendums: [...] Die Frage, ob wir mit den Spitzen des Volksbundes[für die Unabhängigkeit der Schweiz]in Verbindung treten sollen, ist auch behandelt worden, wir sind aber zum Schlüsse gekommen, dass es gefährlich wäre mit dieser Organisation von Macht zu Macht zu verhandeln. Wir wollen bei den Herren keinen Grössenwahn emporkommen lassen. Dagegen ist etwas anderes im Wurfe. Die Herren, die seinerzeit in Genf, in Verbindung mit dem Volksbund, das Referendum gegen das Zonenabkommen ergriffen haben, wollen mit dessen Spitzen in Verbindung treten und versuchen, sie zu veranlassen, im Interesse Genfs von ihrem Vorhaben abzusehen. Darüber hinaus soll nicht gegangen werden. Wenn überdies die beiden Kommissionen einstimmig sind und die Räte die Schlussabstimmung in den nächsten Tagen vornehmen, so hoffe ich, dass in diesen Kreisen auch die Vernunft über die Leidenschaft siegen wird (E 2, Archiv-Nr. 1681).
4
Nachdem die beiden Räte die von ihren Kommissionen beantragte Ergänzung gutgeheissen hatten (vgl. Sten. Bull. NR, 1927, S.249ff. bzw. Sten. Bull. StR, 1927, S. 13 Iff.), schritten sie am 24.6.1927 zur Schlussabstimmung über den Bundesbeschluss betreffend die Zustimmung der Schweiz zur Aufhebung der Neutralisierung Nordsavoyens (Text in: BBl 1927,1, S. 862). Im Nationalrat votierten 94 Mitglieder dafür und 5 dagegen, im Ständerat 29 dafür und 3 dagegen. Vgl. Sten. Bull. NR, 1927, S.409 bzw. Sten. Bull. StR, 1927, S. 155. Am 27.9.1927 lief die Referendumsfrist unbenutzt ab. - Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit nach Ablauf der Referendumsfrist vgl. Nr. 347.