Language: German
8.2.1927 (Tuesday)
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 8.2.1927
Secret minutes of the Federal Council (PVCF-S)
Schulthess stellt fest, dass sich die Vertreter der Tschechoslowakei in der Frage des Stickereizolles sehr hart zeigten. Der Vorsteher des EPD will sich in der Angelegenheit direkt an Benesch wenden. Schweizerischerseits sind keine neuen Konzessionen vorgesehen.

Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
25. Tschechoslowakei
25.1. Handelsvertragsverhandlungen
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Printed in

Walter Hofer, Beatrix Mesmer (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 247

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Bern 1980

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dodis.ch/45264
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 8. Februar. 19271

Handelsvertragsunterhandlungen mit der Tschechoslowakei

Mündlich

Als Stellvertreter des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartementes erinnert der Vorsteher des Militärdepartementes daran, dass der Bundesrat beschlossen hat, bei den Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit der Tschechoslowakei ein Zugeständnis in der Richtung der Anerkennung der Bezeichnung «Pilsner Bier» als Herkunftsbezeichnung zu machen, sofern dagegen die Herabsetzung des Stickereizolles um 2000 Kronen eingehandelt werden könne, welche Zollherabsetzung für unsere Stickereiindustrie unerlässlich ist, wenn der Vertrag für sie überhaupt einen Wert haben soll2. Die Vertreter der Tschechoslowakei sind nun aber ausserordentlich hartköpfig und wollen den Stickereizoll zum Gegenstand neuen Marktens machen. Hierauf können sich unsere Unterhändler nicht mehr einlassen und Herr Stucki, deren Führer, ist nun der Meinung, es sollte auf irgend eine Weise der Widerstand gebrochen werden. Er glaubt, das könnte dadurch geschehen, dass der Vorsteher des politischen Departementes in einem Brief dem Minister des Auswärtigen der Tschechoslowakei, Herrn Benesch, die Sachlage auseinandersetzt und ihn wissen lässt, ein weiteres Markten sei ausgeschlossen und es handle sich nur mehr um die Annahme des schweizerischen Begehrens zum Stickereizoll gegen das Zugeständnis bezüglich des Pilsner Biers oder um den Abbruch der Verhandlungen. Gleichzeitig wäre dann auf dem einen oder ändern Wege in der Presse bekanntzugeben, dass die Verhandlungen mit der Tschechoslowakei nicht so glatt verlaufen, wie bisher erwartet und von ihrer Seite verbreitet wurde. Eine solche Mitteilung dürfte um so eher die erwünschte Wirkung haben, als die Tschechoslowakei zur Zeit auch mit Ungarn und Deutschland in einem lebhaften Kampf um Handelsverträge steht.

Der Vorsteher des politischen Departementes erklärt sich bereit, Herrn Benesch im angedeuteten Sinne zu schreiben3, trotzdem dessen Einfluss in der Regierung zur Zeit vielleicht nicht mehr so ausschlaggebend ist, wie früher. Schon die Tatsache, dass sich der Bundesrat zu einem solchen Schritt entschliesst, wird der Regierung in Prag den Emst der Sachlage deutlich vor Augen führen und, wie zu hoffen, eine günstige Einwirkung auf die Vertragsunterhandlungen zeitigen4.

Auf Grund der Beratung ergibt sich allgemeine Billigung der vom Volkswirtschaftsdepartement und vom politischen Departement in Aussicht genommenen Schritte. Was die Mitteilung über den Stand der Vertragsunterhandlungen anbelangt, überlässt es der Rat dem Volkswirtschaftsdepartement, zu entscheiden, auf welchem Wege es diese Mitteilung an die Presse gelangen lassen soll5.

1
E 1005 2/3. A bwesend: Schulthess und Musy.
2
Vgl. dazu Nr. 241.
3
Vgl. Nr. 248.
4
Zur abschliessenden Verhandlungsrunde traf die tschechoslowakische Delegation laut Telegramm von W. Stucki an T. Odinga vom 9.2.1927 am 10.2.1927 in Bern ein (E 7110 1/118).
5
In seinem Antrag vom 17.2.1927 an den Bundesrat berichtete das Volkswirtschaftsdepartement: Nachdem die sämtlichen materiellen Differenzen gemäss den letzten Instruktionen des Bundesrates erledigt werden konnten - für baumwollene Stickereien konnte der Zoll noch um ca. 200 Kronen weiter herabgedrückt werden als der Bundesrat vorgesehen hatte -, ist der Handelsvertrag gestern unterzeichnet worden.[...] Wir möchten noch besonders hervorheben, dass es gelungen ist, die früher schweizerischerseits zugestandene Reduktion des Bierzolls auf Fr. 7.50 rückgängig zu machen, wodurch der Bierzoll auf Fr. 9.- bestehen bleibt, wie er im deutschschweizerischen Handelsvertrag vereinbart wurde. /...] (E 1001 1, EVD, 1.1.-30.6.1927). Vertrags text in: BBl 1927, I, S. 257ff. - Der Nationalrat behandelte den Vertrag in seiner Sitzung vom 24.3.1927. Vgl. dazu E 1001 (C) d 1/261, S.24ff. Der Ständerat schloss sich der Zustimmung des Nationalrates am 30.3.1927 an. Datum des Inkrafttretens: 12.7.1927.