Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. DIE SCHWEIZ UND DER VÖLKERBUND
7. Völkerbundsrat
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 93
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1005#1000/16#12* | |
Dossier title | Protokolle des Bundesrates, Geheimprotokolle (Minuten und Originale) 1925 (1925–1925) | |
File reference archive | 4.5 |
dodis.ch/45110 Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 4. September 19251 Völkerbund. Instruktionen der schweizerischen Abordnung zur VI. Session der Völkerbundsversammlung
Das politische Departement hat zur Besprechung der auf der Tagesordnung der VI. Session der Völkerbundsversammlung verzeichneten Verhandlungsgegenstände eine gemeinsame Konferenz der bundesrätlichen Delegation für auswärtige Angelegenheiten und der Mitglieder der schweizerischen Abordnung zur Versammlung einberufen. An der Konferenz, die am 26. August in Bern stattfand, nahmen der Bundespräsident, der Vorsteher des politischen Departementes, der Chef der Abteilung für Auswärtiges und sämtliche Mitglieder der Delegation zur Völkerbundsversammlung teil. Auf Grund dieser Besprechung legt nunmehr das politische Departement den Entwurf der der schweizerischen Abordnung zu erteilenden Weisungen zur Genehmigung vor2.
Aus der Beratung ist folgendes hervorzuheben:
Zu Ziffer 1, Abs. 2, der Weisungen.
Hier wird bemerkt, beim Völkerbund mache sich die Neigung geltend, seine Tätigkeit auf unpolitischem Gebiet über Dinge zu erstrecken, die kaum zu seinem Aufgabenkreis gerechnet werden können, und es wäre zu wünschen, dass diese Neigung etwas eingedämmt werden könnte. Die Abordnung sollte daher, soweit die Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf unpolitischem Gebiet in Frage steht, das Hauptgewicht auf den einschränkenden Zusatz der Weisungen: «insoweit dies durch organische Entwicklung der bestehenden Institutionen (des Völkerbundes) erfolgen kann» legen. Der Vorsteher des politischen Departementes stimmt diesem Gedanken im allgemeinen zu, weist aber darauf hin, dass die Betätigung des Völkerbundes auf unpolitischem Gebiet doch schon das erfreuliche Ergebnis gezeitigt habe, die Vereinigten Staaten von Nordamerika z. B. in der, Opiumfrage mehr oder weniger in den Bann des Völkerbundes zu ziehen.
Zu Ziffer 2.
Es wird unter Zustimmung des Vorstehers des politischen Departementes der Wunsch ausgesprochen, die Abordnung möchte bei allfälliger Behandlung des Genfer Protokolls, soweit nicht die Förderung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (vgl. auch zu Ziffer 3) in Betracht fällt, kluge Zurückhaltung wahren.
Zu Ziffer 3, Abs. 1.
Hier stellt der Vorsteher des politischen Departementes in Ausdehnung der Instruktion den Antrag, die Abordnung zu der Erklärung zu ermächtigen, dass die Schweiz bereit wäre, die im Dezember 1920 übernommene Verpflichtung der Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des ständigen internationalen Gerichtshofes nicht nur für fünf, sondern für zehn Jahre zu erneuern.
Es wird zwar darauf hingewiesen, dass schon Stimmen selbst aus dem Parlament laut geworden seien, die für die Zukunft ein etwas langsameres Zeitmass selbst für den Abschluss von eigentlichen Schiedsverträgen empfehlen, weshalb es fraglich erscheinen könne, ob die Anerkennung der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber unbekannten Staaten durch Erneuerung der im Jahre 1920 abgegebenen Unterschrift angezeigt erscheine. Demgegenüber betont aber der Vorsteher des politischen Departementes scharf die grosse Bedeutung der Ausbreitung des Schiedsgedankens in den zwischenstaatlichen Beziehungen für die Friedenssicherung und der Rat erhebt den vorstehenden Antrag zum Beschluss.
Zu Ziffer 5, Abs.l.
Auch zu diesem Punkt wird der Abordnung etwelche Zurückhaltung empfohlen. Wenn auch die Aufstellung von Kollisionsnormen zu begrüssen sei, so stosse doch die Festlegung international gültiger Gesetze auf grosse Schwierigkeiten und der Übereifer auf diesem Gebiete, der bisweilen von geradezu abstrusen Ideen ausgehe, sollte eher etwas eingedämmt werden.
Zu Ziffer 6.
Bei der Erörterung dieser Ziffer wird auch die Frage des Beitritts Deutschlands zum Völkerbund, die sich allerdings während der kommenden Völkerbundsversammlung kaum stellen wird, gestreift und auf das Bestreben Deutschlands hingewiesen, seine Zulassung zum Völkerbund unter Befreiung von der Verpflichtung zur Beteiligung an militärischen Vorkehren und von der Verpflichtung zum Durchlass fremder Truppen bei den im Pakt vorgesehenen Konflikten zu erlangen, und zwar gestützt auf die Erwägung, dass es ein entwaffneter Staat sei, dem, bis auch die ändern Staaten abgerüstet haben, eine Sonderstellung im Völkerbund einzuräumen sei. Es wird betont, dass, bei der Zulassung unter den ebengenannten Bedingungen, Deutschland im Völkerbund eine ähnliche Stellung erhielte, wie sie der Schweiz eingeräumt worden ist. Das hätte zweifellos eine unerwünschte Schwächung der einzigartigen Stellung der Schweiz im Völkerbund zur Folge und es wäre zu befürchten, dass bei der Wiedererwägung der Deutschland eingeräumten Stellung nach Durchführung der Abrüstung in den ändern Staaten auch der Versuch gemacht würde, an der auf der Anerkennung ihrér Neutralität beruhenden Sonderstellung der Schweiz zu rütteln.
Auf Grund der Beratung wird der vorgelegte Entwurf einer Instruktion an die Schweizerische Delegation zur VI. Session der Völkerbundsversammlung mit der beschlossenen Erweiterung (vergl. oben Ziff. 1, Abs. 2) genehmigt.
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