Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
17. Österreich
17.1. Handelsvertragsverhandlungen
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 7
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1001#1000/6#546* | |
Old classification | CH-BAR E 1001(-)1000/6 546 | |
Dossier title | Anträge des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes 1925 (1925–1925) | |
File reference archive | 1.7 |
dodis.ch/45024
Antrag des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartementes, E. Schulthess, an den Bundesrat1
Die Verhandlungen mit Österreich, welche am 15. Januar in Bern begonnen haben, zeitigten bis jetzt folgende Ergebnisse:
1. Einfuhrbeschränkungen. Österreich erklärt sich bereit, seine Einfuhrbeschränkungen auf der ganzen Linie der Schweiz gegenüber nicht mehr zu handhaben, wobei die Form, in welcher dies geschehen soll, noch offen bleibt. Die schweizerische Delegation hat demgegenüber das Zugeständnis gemacht, dass diejenigen Positionen, die in der Schweiz formell noch unter Einfuhrbeschränkung stehen, aber auf Grund des Abkommens mit Deutschland diesem Land gegenüber nicht mehr angewendet werden, auch Österreich gegenüber materiell fallen gelassen werden sollen. Mit Rücksicht auf die von Deutschland abweichende Struktur der österreichischen Volkswirtschaft wird aber die Schweiz Österreich gegenüber noch an einigen Einfuhrbeschränkungen festhalten, die im schweizerisch-deutschen Abkommen bereits fallen gelassen worden sind, so z.B. an denjenigen für Zellulose und für Glas. Andererseits wird es aber möglich sein, Österreich gegenüber in einigen Positionen durch materielle Aufhebung der Beschränkung entgegenzukommen, die Deutschland gegenüber immer noch geschützt bleiben müssen. Eine definitive Bereinigung der Liste der schweizerischen Einfuhrbeschränkungen, die Österreich gegenüber noch gehandhabt werden sollen, hat bis jetzt nicht stattgefunden, da die Erledigung einiger wichtiger Differenzpunkte, insbesondere der Kontingente für Holz, Zellulose und Papier, von Seiten der schweizerischen Delegation vom österreichischen Entgegenkommen in der Frage der Zölle und der Ausfuhrverbote abhängig gemacht wurde. 2. Österreichischer Zolltarif. Wie der Bundesrat am 13. Januar. beschlossen hat2, versuchte die schweizerische Delegation, Österreich zum Zurückziehen der schärfsten gegen die Schweiz gerichteten Spitzen seines Tarifes zu veranlassen und dies ausschliesslich im Austausch gegen den Abbau einzelner schweizerischer Einfuhrbeschränkungen. Der von österreichischer Seite zu Beginn der Verhandlungen geäusserte Wunsch, auch Ermässigungen auf dem schweizerischen Gebrauchstarif zu erhalten, wurde von der schweizerischen Delegation als undiskutierbar zurückgewiesen. Es ist selbstverständlich, dass der schweizerische Gebrauchstarif, der ohnehin dem neuen österreichischen Verhandlungstarif gegenüber ein ungleich schwächeres Instrument ist, nicht vor Beginn der eigentlichen Handelsvertragsunterhandlungen in Diskussion gezogen werden darf. [..J3
Die von Österreich bis jetzt angebotene Konzession beim Käsezoll ist unseres Erachtens vollständig ungenügend. Ein Ansatz von 40.- Goldkronen per Doppelzentner für Emmenthalerkäse wird unseren Export nach Österreich ausserordentlich empfindlich einschränken, wenn nicht ganz unterbinden. Auch die bis jetzt für Stickereien und Seidengewebe erreichten Reduktionen sind unbefriedigend. Was die Uhrenzölle betrifft, so erklärte die österreichische Delegation, dass die Erträgnisse aus diesen Zöllen einen festen Bestandteil des österreichischen Budgets ausmachen und so angelegt seien, dass möglichst grosse Einnahmen garantiert würden. Eine Herabsetzung dieser Zölle wurde deshalb als aussichtslos erklärt. Die schweizerische Delegation wird deshalb fortfahren, auf ein weiteres Entgegenkommen in der Zollfrage von österreichischer Seite hinzuarbeiten.
3. Handelsvertragsunterhandlungen. Wie schon bei der Vorbereitung der gegenwärtigen Verhandlungen vorausgesehen werden konnte, liegt eine besondere Schwierigkeit für die Schweiz und für Österreich darin, dass die Verhandlungen, welche zu einer Ermässigung des österreichischen Tarifes führen sollen, zeitlich und formell getrennt werden mussten. Die Gründe, welche zu dieser Trennung führten und die hauptsächlich damit Zusammenhängen, dass die Schweiz den österreichischen Kampfansätzen nur ihre Einfuhrbeschränkungen gegenüber zu stellen hat, wurden schon in unserem Antrag vom 8. Januar erörtert. Um die sich aus dieser Inkonvenienz ergebenden Schwierigkeiten soweitgehend als möglich zu mildern, sind die beiden Delegationen übereingekommen, die Vorbereitungen zum Abschluss eines definitiven Handelsvertrages tunlichst zu beschleunigen. Vorläufig wurde vorgesehen, die Verhandlungen in der zweiten Hälfte März aufzunehmen4. Durch das möglichst nahe Zusammenrücken der Verhandlungen über die Einfuhrbeschränkungen und derjenigen über einen Tarifvertrag werden die Konsequenzen gemildert, die dadurch entstehen, dass die Wünsche der einen schweizerischen Interessengruppe früher als diejenigen einer anderen Berücksichtigung finden können5.
- 1
- E1001 1, EVD, 1925.↩
- 2
- In seiner Sitzung vom 13.1.1925 genehmigte der Bundesrat die Instruktionen für die schweizerische Verhandlungsdelegation (E 1004 1/294, Nr. 79).↩
- 3
- Es folgt eine Liste der Tarifkonzessionen, zu welchen Österreich sich bis zum Abschluss eines Handelsvertrages bereit erklärte.↩
- 4
- Vgl. Nr. 20.↩
- 5
- Der Bundesrat nahm am 20.2.1925 in zustimmendem Sinn von den Ausführungen des Volkswirtschaftsdepartementes Kenntnis (E 1004 1/294, Nr. 366).↩