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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 358
volume linkBern 1988
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#293* |
Dossier title | Beschlussprotokolle des Bundesrates Oktober - Dezember 1924 (1924–1924) |
dodis.ch/45000 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 17 octobre 19241 2283. Verhandlungen mit Deutschland über die Handhabung der Einfuhrbeschränkungen
Procès-verbal de la séance du 17 octobre 19241
I. Allgemeine Lage
Zu den ausserordentlichen Massnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet, zu denen Deutschland während des Krieges gegriffen hat und an welchen es bis heute festhielt, gehört insbesondere die Verordnung vom 16. Januar 19172, durch welche die gesamte Wareneinfuhr unter Verbot gestellt und von der Einholung von Einfuhrbewilligungen abhängig gemacht wird. Die Rückwirkungen dieser Massnahme auf den schweizerischen Export waren besonders deshalb verhängnisvoll, weil ihre Handhabung für zahlreiche Zweige unserer Industrie einer absoluten Sperre des deutschen Absatzgebietes gleichkam. Neben ändern Gründen ist gerade in diesem Umstand eine Hauptursache zu suchen, weshalb die schweizerische Ausfuhr nach Deutschland, die sich im Jahre 1913 auf 305 Millionen Franken belief, trotz der inzwischen eingetretenen starken Preissteigerungen, im Jahre 1923 auf 123 Millionen Franken zurückging. Noch augenfälliger werden die der Schweizer Volkswirtschaft erwachsenen Verluste, wenn der prozentuale Anteil Deutschlands am schweizerischen Export in Betracht gezogen wird: Er betrug 1913 22,2%, 1923 nur noch 7%.
Seit Beginn dieses Jahres hat nun Deutschland begonnen, den Schutzwall seiner Einfuhrverbote etwas abzubauen. Allein zur Hauptsache änderte damit lediglich die Form der Absperrung, indem die Einfuhrverbote einfach durch tatsächliche Zollerhöhungen abgelöst wurden. Auch scheint der weitere Abbau, auf den alle Freunde eines regen Warenaustausches gehofft hatten, in den letzten Monaten wieder ins Stocken geraten zu sein, was hauptsächlich darauf zurückgeführt wird, dass die Reichsbank aus Sorge um die Stabilität der deutschen Währung ihren Einfluss im Sinne der Aufrechterhaltung der Abschliessungsmassnahmen geltend machte. Es ist nicht daran zu zweifeln, dass die deutsche Regierung gewillt ist, mit der Zeit die völlige Freiheit der Einfuhr wieder herzustellen, da sie selbst, wie aus offiziellen Auslassungen genügsam hervorgeht, das System der Einfuhrverbote als einen handelspolitischen Notbehelf ansieht, der nur so lange Berechtigung habe, als Deutschland durch den Friedensvertrag einseitig zur Meistbegünstigung verurteilt sei und keine autonome Zollpolitik treiben könne. Wenn demnach auch in absehbarer Zeit mit dem Wegfall dieser Massnahmen gerechnet werden darf, so ist doch für den schweizerischen Handel der Nachteil, bis dahin in wichtigen Branchen vom deutschen Markt sozusagen ausgeschlossen zu sein, noch gross genug, wobei im Hintergrund stets die Gefahr von Zollerhöhungen droht.
Die Einfuhrbeschränkungen der Schweiz tragen, verglichen mit den deutschen Massnahmen, wesentlich liberaleren Charakter. Dieser Unterschied zeigt sich in materieller Beziehung schon darin, dass die Schweiz von den 1185 Positionen ihres Zolltarifes nur 253 ganz oder teilweise einer Einfuhrbeschränkung unterstellt hat, während vom deutschen Tarif, der 964 Positionen zählt, noch 523 ganz oder teilweise gesperrt sind. In formeller Beziehung ist es für das Vorgehen Deutschlands bezeichnend, dass seine Einfuhrverbote auf zahlreichen Positionen sozusagen als absolute Sperre gehandhabt werden (so z.B. für Anilinfarben, gewisse Wirkwaren, Leinengarne, Hüte, Schuhe, Isoliermaterialien, Uhren etc.). Dagegen bezwecken die schweizerischen Einfuhrbeschränkungen lediglich, den anormalen Warenandrang aus dem Ausland auf ein erträgliches Mass, in der Regel auf das der Vorkriegseinfuhren, herabzusetzen. Diese Aufgabe der schweizerischen Schutzmassnahmen setzt als selbstverständliche Regel voraus, dass nach allen Seiten in wesentlichem Umfang Einfuhrbewilligungen erteilt werden müssen und auch gegenüber Deutschland erteilt werden.
Das Volkswirtschaftsdepartement hat von Anfang an, Hand in Hand mit der liberalen Durchführung der Einfuhrschutzmassnahmen und in Übereinstimmung mit der Tendenz des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 19213, dem Abbau der bestehenden Verordnung seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Zahlreich waren die Erleichterungen, die dem Handel auf dem Wege genereller Einfuhrbewilligungen gewährt werden konnten. Auch in letzter Zeit haben sich in einigen geschützten Produktionszweigen die Verhältnisse so gestaltet, dass entweder ohne weiteres oder unter bestimmten Voraussetzungen an eine Ausserkraftsetzung von Einfuhrbeschränkungen gedacht werden konnte. Jedoch im Hinblick auf die schon seit langem wünschenswert erschienenen Verhandlungen mit Deutschland über den gegenseitigen Abbau der Einfuhrschutzmassnahmen hielt es das Departement sowohl als die Expertenkommission für die Einfuhrbeschränkungen in taktischer Beziehung für unklug, Massnahmen rückgängig zu machen, die unter Umständen geeignet sein können, als Kompensationsobjekte unserem Export wertvolle Dienste zu leisten. Mit der Aufrechterhaltung von Einfuhrbeschränkungen in diesem Sinne wird unserer Volkswirtschaft keinerlei Opfer zugemutet, da die Schutzmassnahme lediglich nach aussen bestehen bleibt, während die Handhabung nach innen dergestalt ist, dass mit der liberalen Bewilligung der eingehenden Gesuche alle irgendwie nachteiligen Begleiterscheinungen ausgeschaltet werden.
Eine Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen oder die Erteilung genereller Einfuhrbewilligungen gegenüber Deutschland in jüngster Zeit hätte das Rüstzeug, das der Schweiz zu Verhandlungen mit Deutschland zur Verfügung steht und das, verglichen mit dem der Gegenpartei, schon rein materiell weniger wirksam ist, nur schwächen können. Dazu kommt, dass mehrere der geschützten Branchen so lange auf den Schutz durch Einfuhrverbote angewiesen sind als ihnen das lebenswichtige deutsche Absatzgebiet verschlossen bleibt. Voraussetzung für den Abbau ist in all diesen Fällen, dass Deutschland Gegenrecht hält. Ein einseitiges Vorgehen der Schweiz erschien hier also von vornherein nicht als vorteilhaft.
II. Vorbereitung der Verhandlungen
Die Versuche der Schweiz, durch Vermittlung ihrer Gesandtschaft in Berlin eine Milderung oder Aufhebung einzelner deutscher Einfuhrverbote zu erzielen, sind zahlreich und gehen auf mehrere Jahre zurück. Die Interventionen verliefen in der Regel ohne Erfolg. Der übliche ablehnende Bescheid der deutschen Einfuhrstellen lautete gewöhnlich, dass «die Einfuhr nicht erwünscht» sei, ohne dass man es für notwendig hielt, diesen Standpunkt näher zu begründen.
Als dann die Klagen der betroffenen schweizerischen Exportindustrien immer dringlicher wurden, liess das Departement im Sommer 1921 der deutschen Regierung ein Memorandum4 übergeben, das die schweizerischen Begehren betreffend die deutschen Einfuhrverbote enthielt. In seinem Auftrag liess die Schweizerische Gesandtschaft die deutschen Behörden wissen, dass es dem Departement angenehm wäre, wenn die hängigen Fragen in einer gegenseitigen Aussprache abgeklärt werden könnten. Auch diesem Versuch war ein Erfolg nicht beschieden. Deutschland bekundete wenig Lust zu einem Entgegenkommen und die gewünschte Aussprache kam deshalb nicht zustande. Seitdem hat sich die Situation zu ungunsten Deutschlands verschoben. Seine Exportmöglichkeiten, durch die Währungsentwertung jahrelang künstlich angeregt, begannen mit der Markstabilisierung nachzulassen. Den massgebenden deutschen Kreisen drängte sich allmählig die Überzeugung auf, dass sich ein gesunder Export in Zukunft nur auf handelsvertraglichen Grundlagen entwickeln könne und dass die Beibehaltung des Systems der Einfuhrverbote die kommenden Verhandlungen mit fremden Staaten in unnötiger Weise erschwere. Es lag deshalb in der Entwicklung der Dinge, dass die deutsche Regierung im April dieses Jahres den schweizerischen Vorschlag wieder aufgriff, im gegenseitigen Einvernehmen die Frage zu prüfen, wie die Einfuhrbeschränkungen der beiden Länder gemildert werden könnten. Das Departement erklärte sich grundsätzlich bereit, das Problem zu diskutieren, nahm aber den Standpunkt ein, dass der gegenwärtige Zustand so lange nicht als paritätische Verhandlungsbasis erscheine als Deutschland nicht eine ganz wesentliche Erhöhung seines Uhreneinfuhrkontingentes vorgenommen habe. Dieser Beweis des Entgegenkommens musste verlangt werden, um vor den Verhandlungen einigermassen das Prinzip der Parität wieder herzustellen. Wenn auch von deutscher Seite keine formelle Zusicherung im verlangten Sinne einging, so konnten wir doch nach einigen Monaten feststellen, dass die deutschen Einfuhrverbote wenigstens teilweise im ersten Halbjahr 1924 gegnüber der Schwciz in etwas liberalerem Geist gehandhabt worden sind als zuvor. Das Departement glaubte deshalb weniger Grund mehr zur Zurückhaltung zu haben und drängte, da die Lage nach wie vor unsicher blieb, auf baldige Aussprache. Nach längerem Meinungsaustausch wurde der Beginn der Verhandlungen auf den 21. Oktober festgelegt. Dieselben werden in Berlin stattfinden müssen, da die in Frage kommenden deutschen Beamten durch gleichzeitige Handelsvertragsverhandlungen mit Belgien, Frankreich, England etc. in ausserordentlicher Weise in Anspruch genommen seien. Die Verhandlungen werden sich verabredungsgemäss auf die Frage des Abbaus bezw. der weiteren Handhabung der gegenseitigen Einfuhrschutzmassnahmen beschränken.
III. Zusammensetzung der Delegation
(Erledigt durch Bundesratsbeschluss vom 13. Oktober 19245)
Mit Bezug auf die den Delegierten und Experten zu gewährende Entschädigung nimmt das Departement grundsätzlich in Aussicht, dass der Bund die Kosten der Reise, der Hotelzimmer und repräsentativen Auslagen übernimmt, während die Delegierten ihren persönlichen Unterhalt durch ein Taggeld zu bestreiten haben, das nachher festzusetzen ist.
IV. Instruktionen
Als Instruktionen denkt sich das Departement zur Hauptsache die Befolgung des schweizerischen Standpunktes und die Verfechtung der schweizerischen Begehren, wie sie aus den folgenden Ausführungen hervorgehen:
a) Prinzipielle Rechtfertigung der schweizerischen Massnahmen
Auf Grund des bisher ergangenen Meinungsaustausches ist zu erwarten, dass von deutscher Seite die Klage erneuert wird, das System der schweizerischen Einfuhrbeschränkungen stehe im Widerspruch zur Meistbegünstigungsklausel des schweizerisch-deutschen Handelsvertrages, da die meisten Positionen des schweizerischen Tarifes, die Deutschland gegenüber gesperrt sind, für den Verkehr über die schweizerisch-französische und schweizerisch-italienische Grenze frei bleiben. Zum mindesten könne heute, wo sich die Produktionskosten in Deutschland denjenigen des Weltmarktes angenähert hätten, die Einfuhr deutscher Waren nicht mehr als Dumping oder Valutaeinfuhr bezeichnet werden. Eine differenzierte Behandlung deutscher Produkte, für die während der Periode der Währungsentwertung gewisse Gründe gesprochen haben mögen, sei im jetzigen Augenblick unter keinen Umständen mehr zu rechtfertigen.
Das Departement hat der deutschen Regierung wiederholt auseinandergesetzt, dass ein Abweichen von der Meistbegünstigung in der Erteilung genereller Einfuhrbewilligungen für gewisse Grenzen nicht erblickt werden könne. Der Standpunkt des Departements, den auch die Delegation weiterhin vertreten muss, war in grossen Zügen folgender: Es wird nicht bestritten, dass einzelne Einfuhrbeschränkungen Deutschland gegenüber gehandhabt werden, ändern Ländern gegenüber dagegen nicht. Hingegen wird bestritten, dass diesem Vorgehen eine materielle Ungleichheit der Behandlung zugrunde liegt. Der Zweck der schweizerischen Schutzmassnahmen ist die Zurückdämmung eines das Normale überschreitenden Warenandranges auf ein Mass, das ungefähr der Lage vor dem Kriege entspricht. Wo sich diese Zurückdämmung notwendig erwies, wurde sie angewendet ohne Rücksicht auf das Herkunftsland der Ware. Die Schweiz darf für sich das Zugeständnis in Anspruch nehmen, dass sie gleichen Verhältnissen gegenüber immer gleiche Massnahmen ergriffen hat. Generelle Einfuhrbewilligungen wurden rein sachlich nach den gleichen Gesichtspunkten erteilt. Die in zahlreichen Fällen verfügte Ausserkraftsetzung von Einfuhrbeschränkungen auch Deutschland gegenüber, wie sie im Verlaufe der Jahre 1922 und 1923 eingetreten ist, darf hiefür als Beweis angesehen werden.
Der deutscherseits immer wieder vorgebrachte Hinweis darauf, dass Deutschland seine Einfuhrverbote gleichmässig nach allen Seiten hin anwende, mag formell richtig sein, ist es aber sicher nicht in materieller Beziehung. Denn für Deutschland handelt es sich nicht darum, seine Produktion vor billigen Importen zu bewahren, sondern überhaupt die Einfuhr, zum Teil aus valutarischen Gründen, auf das allernotwendigste zu beschränken. Die gleichmässig strenge Anwendung eines so begründeten Verbotes hat aber gerade gegenüber der Schweiz wenig Sinn, da die hohen Produktionskosten die beste Gewähr dafür bieten, dass die schweizerische Ausfuhr nach Deutschland sich in erträglichen Grenzen hält. Deutschland wendet also ungleichen Verhältnissen gegenüber das gleiche Mittel an. Es trifft in erster Linie die Schweiz, weil es gerade auf Warengattungen, wo fast nur die schweizerische Einfuhr in Frage kommt, ausserordentlich strenge Verbote durchführt (z. B. für Schokolade, Stickereien, Uhren).
Die Behauptung, von einem deutschen Dumping könne heute nicht mehr gesprochen werden, ist nur teilweise und sehr bedingt richtig. Die an die Markstabilisierung geknüpfte Hoffnung auf einen Ausgleich der deutschen Produktionskosten mit denen des Auslandes erwies sich leider zur Hauptsache als trügerisch. Gerade im Hinblick auf die Deutschland zu gewährenden Konzessionen mahnt dieser Umstand zur Vorsicht. Der deutschen Produktion ist es in weitem Umfang möglich gewesen, den Übergang zur Goldmarkwirtschaft dazu zu benützen, die Löhne für Arbeiter und Angestellte auf einer Basis festzulegen, die nicht einmal an das Vorkriegsniveau heranreicht, geschweige denn mit schweizerischen Verhältnissen verglichen werden kann. So betrugen z. B. in Frankfurt, nach den Erhebungen der Frankfurter-Zeitung, die Durchschnittsstundenlöhne im Juli in der Metall- und in der Schuhindustrie 55 Goldpfennige, gegenüber Ansätzen von 72 und 75 Goldpfennigen im Jahre 1913. Schon allein auf Grund der Löhne bestehen demnach auch weiterhin deutscherseits die Möglichkeiten des Unterbietens. Dazu kommt die besonders in den letzten Monaten vielfach in Erscheinung getretene Tatsache, dass einzelne deutsche Industriezweige infolge des grossen Geld- und Kreditmangels sich veranlasst sehen, zu jedem Preis ins Ausland zu liefern, was bei der Schweiz besonders leicht möglich ist, da sich ihr kleines Absatzgebiet verhältnismässig rasch überschwemmen lässt und eine Schadloshaltung hiefür am grossen deutschen Inlandmarkt keine Schwierigkeiten bietet.
b) Die schweizerischen Begehren und Konzessionen
Durch Vermittlung des Vororts des Schweizerischen Handels- und Industrievereins wurden die Wünsche gesammelt, welche die schweizerischen Produzentenkreise mit bezug auf die deutschen Einfuhrverbote anzubringen hatten.6 Ausserdem gingen der Handelsabteilung direkt von der Landwirtschaft, vom Gewerbe und von der Industrie zahlreiche Eingaben zu, sobald die Absicht, mit Deutschland zu verhandeln, bekannt wurde. Die eingelaufenen Begehren erstrecken sich auf 126 Positionen des deutschen Zolltarifes. Diese werden alle, gegebenenfalls nur mit den in Frage kommenden statistischen Untergruppen, auf der Liste stehen, für welche von Deutschland Freigabe verlangt wird.
Von Anfang soll gegenüber Deutschland darauf gedrungen werden, dass mindestens diejenigen deutschen Positionen zur Einfuhr freigegeben werden, die vor dem Krieg einen besonders regen schweizerischen Import aufwiesen. Es sind dies in der Hauptsache dieselben, die auch am stärksten unter dem deutschen Einfuhrverbot gelitten haben: Uhren und Uhrengehäuse, Stickereien, Anilinfarben, Karbid, Ferrosilicium, Schokolade, Schuhe, elektrische Maschinen und Apparate, Wollgewebe etc.
Als selbstverständlich soll der Grundsatz befolgt werden, dass von Deutschland in allen Zweigen Gegenrecht verlangt wird, für welche es uns Zugeständnisse zumutet. So wird eine Aufhebung der schweizerischen Einfuhrbeschränkung auf Wirkwaren nur in Frage kommen können, wenn auch Deutschland bereit ist, die Wirkwareneinfuhr frei zu geben. Auch wird danach zu streben sein, bei allen deutschen Positionen, worüber verhandelt wird, die völlige Freigabe der Einfuhr zu erlangen und es wenn immer möglich zu vermeiden, auf eine Abfindung mit Kontingenten einzutreten. Das Kontingentsystem erschwert die gegenseitigen Handelsbeziehungen, gibt zu häufigen Reibungen Anlass und bietet dem Handel gerade diejenige Sicherheit nicht, die mit dem bevorstehenden Abkommen Deutschland gegenüber erzielt werden soll.
Was die schweizerischen Einfuhrbeschränkungen betrifft, so liegen teilweise Milderungen in ihrer Handhabung Deutschland gegenüber durchaus im Bereich der Möglichkeit, wenn schon in jedem einzelnen Falle die Verhältnisse besonders liegen und mit Rücksicht auf die geschilderten deutschen Zustände Vorsicht geboten erscheint. Dabei ist damit zu rechnen, dass beim Abbau einzelner Einfuhrbeschränkungen gewisse Härten nicht vermieden werden können, besonders wenn ohne dieses Opfer Zugeständnisse zum Vorteil unserer Ausfuhr von Deutschland nicht erhältlich sind. Im Hinblick auf allfällige Deutschland zu gewährende Zugeständnisse lassen sich die bestehenden Einfuhrbeschränkungen in folgende vier Kategorien einteilen:
1. Zollpositionen, die freigegeben werden können, ohne dass der Abbau in diesen Fällen für die betreffenden Industrien schwerwiegende Folgen haben wird;
2. Zollpositionen, deren Freigabe die beteiligten Industrien zwar empfindlich treffen, aber voraussichtlich nicht in ihrer Existenz bedrohen wird. Diese Zollpositionen sollten daher nur gegen entsprechende wichtige Gegenleistungen Deutschlands freigegeben werden;
3. Zollpositionen, deren Freigabe noch nicht möglich ist, oder bei denen ein abschliessendes Urteil über die Abbaumöglichkeiten noch nicht vorliegt, bei denen aber eine Erhöhung der gegenwärtigen Einfuhr zulässig erscheint, sofern dafür von Deutschland entsprechende Gegenleistungen erhältlich sind;
4. Zollpositionen, bei denen ohne Schädigung der beteiligten Industrien weder eine Freigabe noch eine wesentliche Erhöhung der gegenwärtigen Einfuhr in Frage kommen darf.
Um bei der Gewährung von Konzessionen nicht durch allzu viele Bedenken, besonders mit Rücksicht auf die Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung, gehemmt zu sein, ist beabsichtigt, in die Vereinbarung mit Deutschland eine Bestimmung aufzunehmen, die allgemeine Sicherheit bietet gegen eine übermässige Ausnützung der gewährten Verkehrserleichterungen. Nach dieser Bestimmung soll jedem Staat das Recht zur Wiederinkraftsetzung einer Einfuhrbeschränkung Vorbehalten bleiben für den Fall, dass die Gesamteinfuhr aus dem ändern Staat innert drei Monaten wesentlich die entsprechende Einfuhr des Jahres 1913 übersteigt. Mit dieser Sicherheitsklausel werden auch in solchen Fällen Abbaumassnahmen verantwortet werden können, die sonst angesichts der gegenwärtigen Lohn- und Kreditverhältnisse in Deutschland kaum gewagt werden dürften. Die Bewegungsfreiheit der schweizerischen Unterhändler wird durch eine solche Bestimmung stark erhöht.
c) Inhalt der Vereinbarung
Nach dem vom Departement aufgearbeiteten Entwurf soll eine allfällige, am besten in Protokollform gehaltene Vereinbarung mit Deutschland zunächst eine allgemeine Erklärung enthalten, wonach beide Teile ihre Einfuhrbeschränkungen als nur durch die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse bedingte Massnahmen vorübergehenden Charakters betrachten und sich verpflichten, bei der Handhabung der noch bestehenden Einfuhrbeschränkungen nach Möglichkeit den Bedürfnissen des Handels und Verkehrs Rechnung zu tragen und durch eine liberale Praxis die Wiederherstellung regelmässiger Handelsbeziehungen zu erleichtern.
Es folgt dann die Bestimmung über die gegenseitige Festlegung von Freilisten. Für die Zolltarifpositionen, die hierin aufgeführt sind, wird auf die weitere Anwendung der Schutzmassnahmen und auf die Durchführung des Bewilligungsverfahrens verzichtet. Die beiden Listen sollen als Anlagen A und B einen unerlässlichen Bestandteil der Vereinbarung bilden.
Artikel III enthält die schon besprochene Sicherheitsklausel, welche notwendig ist, um nicht vorauszusehenden allfällig eintretenden Missbräuchen der gewährten Einfuhrfreiheit ohne weiteres entgegentreten zu können.
Artikel IV und VI sehen die Fälle vor, die ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen zum Rücktritt von der Vereinbarung berechtigen sollen. In Frage kommen Erlass neuer Einfuhrverbote oder Widerruf genereller Einfuhrbewilligungen einerseits und Zollerhöhungen andererseits, also Massnahmen, die mit dem Zweck der Vereinbarung unvereinbar sind und deshalb unter Umständen als Verletzung verbindlicher Abmachungen zur einseitigen Auflösung berechtigen müssen.
Die Handhabung der deutschen Devisenvorschriften hat unseren Exporteuren schon vielfach Anlass zu Klagen gegeben. Neuerdings befasst sich die deutsche Regierung mit einer Abänderung dieser Vorschriften im Sinne gewisser Erleichterungen für den Aussenhandel. Trotzdem schien es angezeigt, eine Bestimmung in der Vereinbarung vorzusehen, wodurch sich Deutschland verpflichtet, sich nicht auf die bestehenden Devisenbestimmungen zu stützen, um die Bezahlung schweizerischer Waren, die sich in den Händen deutscher Abnehmer befinden, in irgend einer Weise zu hindern. Falls die Annahme dieser Bestimmung durchgesetzt werden kann, wird die Gefahr vermieden, dass die mit der Einfuhrfreigabe erreichten Vorteile durch die Devisenpraxis der Behörden hinfällig gemacht werden.
Der letzte Artikel regelt die Dauer der Vereinbarung, welche erst nach Genehmigung durch die beteiligten Regierungen in Kraft treten soll.
Auf Grund dieser Ausführungen wird beschlossen:
1...(Zusammensetzung der schweizerischen Delegation.) (Durch Bundesratsbeschluss vom 13. Oktober 1924 erledigt.7)2. Von der vorstehenden Umschreibung des schweizerischen Standpunktes und der schweizerischen Begehren wird in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen und die Delegation wird angewiesen, sich bei den Verhandlungen mit Deutschland danach zu richten.
3. Der vom Volkswirtschaftsdepartement vorgelegte Protokollentwurf wird als Verhandlungsgrundlage genehmigt.8
- 2
- Cf. DDS 6, nos 332, 336 et DDS 7/1, no 194, § 6.↩
- 3
- Cf. RO, 1921, Tome 37, pp. 129-131.↩
- 4
- Non reproduit. Sur les réclamations suisses, cf. l’aide-mémoire du DEP du 18 juin 1921. in: EVD KW Zentrale 1914-1918/28+29.↩
- 5
- Cf. E 1004 1/293, no 2247.↩
- 6
- Cf. E 7110 1/21.↩
- 7
- Cf. note 5 ci-dessus.↩
- 8
- Pour les rapports de la délégation suisse, cf. E7110 1/20.Dans sa séance du 25 novembre 1924, le Conseil fédéral approuvait le protocole germano-suisse concernant la restriction des importations (E 1004 1/293/2538). Les instruments de ratification ont été échangés à Berlin, le 26 novembre. Pour le Message du Conseil fédéral à l’Assemblée fédérale sur la prorogation de l’arrêté fédéral du 18 février 1921 concernant la restriction des importations, cf. FF, 1924, vol. III, pp. 921–936.↩