Classement thématique série 1848–1945:
I. LA SUISSE ET LA SOCIÉTÉ DES NATIONS
I.6. Questions relatives au désarmement
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 8, doc. 354
volume linkBern 1988
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11987* | |
Titre du dossier | Beschlussprotokoll(-e) 28.09.-28.09.1924 (1924–1924) |
dodis.ch/44996
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 28 septembre 19241
2121. Völkerbund, Abrüstung
Procès-verbal de la séance du 28 septembre 19241
Der Präsident erteilt dem aus Genf herbeigeeilten Herrn Br. Motta das Wort zu der in den beiden letzten Sitzungen2 des Rates angeschnittenen und in der Schwebe belassenen Frage, welche Haltung die schweizerische Delegation bei der Abstimmung einnehmen soll, die voraussichtlich morgen in der Vollversammlung zum Entwurf eines Protokolls über die Beschränkung der Rüstung stattfinden wird.
Herr Motta hebt zunächst hervor, dass das in Ausarbeitung begriffene Protokoll über die Beschränkung der Rüstungen überhaupt erst dann in Wirksamkeit zu treten bestimmt sei, wenn die darin für das Jahr 1925 in Aussicht genommene internationale Abrüstungskonferenz zu Stande komme und ein greifbares Ergebnis zeitige. Er gibt sodann einen Überblick über den Gang der Verhandlungen in der 1. und 3. Kommission, die sich mit dem Entwurf eines Protokolls über die Beschränkung der Rüstung insbesondere zu befassen hatten. Die Delegation hat diese Verhandlungen sehr genau verfolgt und dabei stets die Londoner-Erklärung betr. die Wahrung der Neutralität der Schweiz auch beim Eintritt in den Völkerbund vor Augen gehabt. Sie sei dann, angesichts der im Protokollentwurf vorgesehenen weitgehenden Verpflichtungen für die Mitglieder des Völkerbundes einstimmig zu der Überzeugung gelangt, es sei angezeigt, in irgendeiner Weise in den Kommissionsverhandlungen auf die besondere Stellung der Schweiz hinzuweisen. Herr Bolli wurde dann beauftragt, sich mit Herrn Benès dahin zu verständigen, dass dieser in seinem Bericht an die Vollversammlung eine Bemerkung anbringe, wonach durch das Protokoll die der Schweiz durch die Londoner-Erklärung eingeräumte Stellung nicht verändert werde. Da es Herrn Bolli nicht gelang, vor der Kommissionssitzung mit Herrn Benès zu sprechen, stellte er dann den im Protokoll der letzten Sitzung des Bundesrates erwähnten Antrag zu Art. 18 des Abrüstungsprotokolls, erklärte sich aber klugerweise bereit, den Zusatzantrag fallen zu lassen, sofern in den Bericht zum Protokoll eine die Stellung der Schweiz wahrende Bemerkung aufgenommen werde. Hiezu erklärte sich Herr Benès sofort bereit und er hat Wort gehalten; denn in seinem Bericht, der gestern in der Kommission zur Verlesung kam, findet sich zu Art. 18 des Protokolles folgende Stelle:
«D’autre part, sur une suggestion faite par la Délégation suisse, il y a lieu de souligner que le présent Protocole ne porte en rien atteinte à la situation spéciale de la Suisse créée par la Déclaration du Conseil de Londres en date du 13 février 1920. Comme la situation spéciale de la Suisse s’accorde avec le Pacte, elle s’accordera avec le présent Protocole.»
Kann sich die Schweiz mit der Anerkennung ihrer besondern Stellung in dieser Form begnügen? Die Delegation ist einstimmig der Meinung, sie könne dies. Erstens wird diese Anerkennung ihrer besondern Stellung leichter durchgehen als eine besondere Bestimmung im Protokoll. Sodann ist die Neutralität der Schweiz zu einem anerkannten Satz des Völkerrechts geworden, auf den sich die Schweiz jederzeit berufen kann. Sie hat deshalb nicht nötig, bei jeder Gelegenheit sich dies wieder ausdrücklich bescheinigen zu lassen, und es scheint sogar klüger, dies nicht zu tun, weil man ihr sonst, wenn sie es einmal unterliesse, entgegenhalten könnte, sie habe in diesem Sonderfall ihre Stellung preisgegeben, da sie sie sonst immer ausdrücklich Vorbehalte. Die Ablehnung des Zusatzantrages Bolli hätte zu einer falschen Beurteilung in der öffentlichen Meinung führen müssen und zwar auch dann, wenn mit dieser Ablehnung keineswegs die Absicht verbunden gewesen wäre, die Sonderstellung der Schweiz anzutasten. All’diese Gründe sprechen dafür, dass sich die Schweiz mit der Anerkennung ihrer Sonderstellung im Bericht durchaus beruhigen kann.
Was soll nun in der Vollversammlung geschehen? Beabsichtigt war, ihr eine Empfehlung (recommandation) zu unterbreiten, wonach die Versammlung
1. allen Mitgliedern des Völkerbunds die Annahme des Protokolls über die Beschränkung der Rüstungen empfiehlt;
2. das Protokoll zur Unterzeichnung innerhalb der festgesetzten Frist auflegt;
3. den Völkerbundsrat ersucht, die Abrüstungskonferenz auf den vorgesehenen Zeitpunkt einzuberufen;
4. den Völkerbundsrat einlädt, ein Komitee mit der unverzüglichen Ausarbeitung der am Pakt anzubringenden Zusätze zu beauftragen.
Es ist nun aber, laut einem telephonischen Bericht aus Genf, der Gedanke aufgetaucht, diese Empfehlung durch eine einfache Schlussnahme (résolution) zu ersetzen, wonach die Versammlung das Abrüstungsprotokoll den Regierungen lediglich mit dem Wunsch übermitteln würde, das Protokoll ernsthaft zu prüfen. Diese Form der Schlussnahme wird aller Voraussicht nach gewählt werden, da sie den Regierungen grössere Freiheit lässt als die Form der eigentlichen Empfehlung des Beitritts. Einer solchen Schlussnahme kann die Schweiz offenbar ohne Bedenken vorbehaltlos zustimmen, da sie keinerlei Bindung bewirkt. Auch die übrigen, im Weltkrieg neutral gebliebenen Staaten, namentlich die nordischen Staaten und Flolland, werden einer so gefassten Schlussnahme ohne weiteres zustimmen.
Der Vorsteher des politischen Departementes ersucht daher den Rat, die schweizer. Abordnung zur Völkerbundsversammlung zu ermächtigen, einer solchen Schlussnahme in der Vollversammlung vorbehaltlos zuzustimmen.
Nach dem neuesten telephonischen Bericht aus Genf scheint auch noch beabsichtigt zu sein, einen Zusatz in das Protokoll über die Beschränkung der Rüstungen aufzunehmen, der bezwecken würde, die Rechte der Völkerbundsversammlung gegenüber dem Rat ausdrücklich vorzubehalten, vielleicht sogar auch die Möglichkeit eines Eingreifens in gewissen Fällen. Das mag mehr theoretische Bedeutung haben, weil die Völkerbundsversammlung doch wohl eine zu schwerfällige Einrichtung ist, als dass sie in einem Streitfall mit der wünschbaren Schnelligkeit eingreifen könnte.
In der Beratung wird auf die ganz ausserordentliche Bedeutung hingewiesen, die die durch das Protokoll über die Beschränkung der Rüstungen zur Erörterung gestellten Fragen für die ganze Menschheit haben. Letzten Endes wird die Lösung dieser Fragen aber durch einen Umschwung der Geister herbeigeführt werden müssen, mechanische Mittel, wie sie im Protokoll vorgesehen sind, werden dazu kaum ausreichen. Das hindert nicht, die Wichtigkeit der Tatsache anzuerkennen, dass diese Fragen vor aller Welt in der Völkerbundsversammlung zur Beratung gestellt werden und dass ein ernstlicher Versuch gemacht wird, sie einer Lösung zuzuführen; denn diese Tatsache zeigt schon, dass ein Umschwung der Geister sich vorbereitet.
Im Übrigen wird allgemein anerkannt, die Stelle des Berichtes Benès sei positiver ausgefallen als zu erwarten war und gebe der Schweiz alle wünschbare Genugtuung und Beruhigung. Dass die schweizerische Regierung ein ihr von der Völkerbundsversammlung übermitteltes Protokoll über die Beschränkung der Rüstungen ernsthafter Prüfung zu unterziehen habe, sei so selbstverständlich, dass keinerlei Bedenken dagegen bestehen können, die schweizerische Delegation zur vorbehaltlosen Annahme einer Schlussnahme zu ermächtigen, die diesen Gedanken zum Ausdruck bringt.
Auf Grund der Beratung wird beschlossen:
Die schweizer. Abordnung zur Völkerbundsversammlung wird ermächtigt, in der Vollversammlung vorbehaltlos einer Schlussnahme zuzustimmen, wonach die Völkerbundsversammlung den Regierungen das Protokoll über die Beschränkung der Rüstungen mit dem Wunsch übermittelt, es ernsthaft zu prüfen.