dodis.ch/44856
Le Chef du Département de l’Economie publique,
E. Schulthess, au Chargé d’Affaires de Suisse à
Rom e, Th. von
Sonnenberg1
Wir bestätigen den Empfang der telegraphisch übermittelten Note der italienischen Regierung, wonach sie, wie aus Ihren frühem Mitteilungen zu erwarten war, die Verhandlungen mit uns bis nach Beendigung der Besprechungen mit Frankreich hinausschieben will.2 Es geht aus der Note ferner hervor, dass nicht einmal eine Aufnahme der Verhandlungen auf Ende September als ganz sicher angenommen werden darf.
Aus den Ihnen schon früher mitgeteilten Gründen ist es uns leider nicht möglich, die Angelegenheit so lange hinauszuschieben. Der Bundesrat hat deshalb in der heutigen Sitzung beschlossen, den modus vivendi mit Italien auf Ende September zu kündigen. Wir haben sie deshalb telegraphisch ersucht, der italienischen Regierung durch Note3 von dieser Kündigung Kenntnis zu geben und Sie gebeten, dabei folgende Momente besonders zu betonen:
Der Bundesrat bedauert es ausserordentlich, dass die italienische Regierung glaubt, die Verhandlungen so weit hinausschieben zu müssen, nachdem doch schon bei Anlass der provisorischen Abmachung vom Juni 19214 die italienischen Delegierten den baldigsten Beginn von Besprechungen zum Abschluss eines definitiven Handelsvertrages in Aussicht stellten. Damals war der neue italienische Generalzolltarif nicht bekannt. Wir müssen leider konstatieren, dass derselbe fast auf der ganzen Linie Zölle aufweist, die weit über die Ansätze unseres Gebrauchstarifes hinausgehen und die für einen Grossteil der schweizerischen industriellen Produkte nahezu prohibitiv wirken. Es ist denn auch aus den Kreisen der schweizerischen Industrie immer und immer wieder an uns das Begehren gestellt worden, den unhaltbaren Zuständen ein Ende zu bereiten und die Besprechungen zum Abschluss eines neuen, für die schweizerische Industrie günstigeren Abkommens aufzunehmen. Die Lage unserer Industrie erlaubt uns nicht, die Neuregelung der Verhältnisse länger zu verschieben. Wir würden es aber ausserordentlich begrüssen, wenn es durch eine baldige Aufnahme von Besprechungen möglich wird, die Handelsbeziehungen der beiden Länder auf eine angemessene Basis zu stellen. Wir glauben, es sollte der italienischen Regierung nicht unmöglich sein, ihre Begehren in kürzester Frist zu redigieren, nachdem doch, wie Sie schreiben, die betreffenden Amtsstellen eifrig an der Arbeit sind. So könnten die Unterhändler im Laufe des September nach Zürich delegiert werden, damit die Besprechungen auf alle Fälle vor Ablauf der Kündigungsfrist aufgenommen werden können. Zeigt es sich dann bei diesen Verhandlungen, wie wir das hoffen, dass eine Einigung möglich ist, so steht nach unserer Ansicht einer Verlängerung des modus vivendi nichts im Wege, damit der bisherige provisorische Zustand in den neuen stabileren ohne Störung übergehen kann.
Wir sind deshalb, wie wir Ihnen schon berichteten, zum gegenseitigen Austausch der Begehrenlisten und zur Aufnahme von Verhandlungen in der Schweiz jederzeit bereit. Die gleichzeitige Übergabe der Wünsche ist schon deswegen nötig, damit auch unserer Verwaltung die Möglichkeit geboten wird, die italienischen Begehren wenigstens kurze Zeit vor Eröffnung der Verhandlungen zu kennen.
Wir glauben annehmen zu dürfen, dass die italienische Regierung unserer durch die Verhältnisse bedingten Massnahme Verständnis entgegenbringen wird, und dass sie durch die Möglichkeit einer baldigen Aufnahme der Besprechungen ihren Willen kundgibt, die beidseitigen Handelsverhältnisse zur gegenseitigen Befriedigung neu zu regeln.
Wir bitten Sie, uns von der Note, die Sie an die italienische Regierung richteten, umgehend Kenntnis zu geben.5