dodis.ch/44811
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 21 février 1922
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Aufnahme von Handelsbeziehungen mit Russland2
Wie der Vorsteher des politischen Departementes schon in der Sitzung vom 17. Februar 1922 mitteilte3, war Nationalrat Belmont bei ihm, um ihn wissen zu lassen, dass die russische Regierung bereit sei, mit der schweizerischen in Beziehung zu treten und mit ihr ein ähnliches Abkommen zu treffen wie mit Norwegen, all dies aber vor der Konferenz von Genua. Sofern der Bundesrat keine russische Mission in der Schweiz zu haben wünsche, könnte er den Gesandten in Berlin beauftragen, mit der dortigen Sovietmission zum angegebenen Zweck Fühlung zu nehmen.
Heute teilt nun der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes mit, vor einiger Zeit sei ein schweizerischer Ingenieur namens Beck bei ihm eingeführt worden, der sagte, er sei von schweizerischen Industriellen beauftragt, mit den Sovietleuten in Verbindung zu treten, zu welchem Zweck er in Berlin Krassin aufsuchen wolle. Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes teilte ihm mit, er habe ihm keinerlei Auftrag zu geben. Beck begab sich nach Berlin und sprach am letzten Samstag, nach seiner Rückkehr, wieder beim Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes vor. Beck konnte Krassins nicht habhaft werden, trat aber mit der Sovietmission in Verbindung. Die Frage, ob er einen Auftrag der schweizerischen Regierung habe, verneinte er, fügte aber, was ihm nicht geheissen worden war, bei, man wisse an massgebender Stelle, dass er in Berlin sei. Er kam dann mit einem Sekretär der Sovietmission zusammen und dieser eröffnete ihm, die Sovietregierung habe grosses Interesse daran und den lebhaften Wunsch, mit der schweizerischen Regierung in Fühlung zu treten; wenn ihr versichert werden könnte, dass sie auf eine Anfrage hin von Bern nicht von vornherein eine abschlägige Antwort bekommen werde, so wäre sie bereit, den ersten Schritt zur Anknüpfung von Beziehungen zu tun. Ingenieur Beck hat dem Volkswirtschaftsdepartement einen schriftlichen Bericht über diese Vorgänge in Berlin eingereicht und ihm überdies einen Brief, worin er über seine Persönlichkeit Aufschluss gibt, sowie eine Übersetzung des norwegisch-russischen Übereinkommens zukommen lassen.
Gestützt auf diese neuen Tatsachen und unter Hinweis auf das weitverbreitete Bestreben, mit Sovietrussland Beziehungen anzuknüpfen, sowie auf die immer schwieriger sich gestaltende Lage der schweizerischen Volkswirtschaft, macht der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes die Anregung, es sei Herr Ingenieur Beck zu ermächtigen, den Sovietleuten in Berlin, wohin er zurückkehrt, zu erklären, er wisse bestimmt, dass, wenn die Sovietregierung mit dem Vorschlag, Verhandlungen zur Anknüpfung handelspolitischer Beziehungen aufzunehmen, an die Schweiz herantrete, diese darauf eingehen werde.
Da sich aus der Beratung ergibt, dass der Rat sich nicht darauf einigen kann, vor der Konferenz von Genua in Beziehungen zu der Sovietregierung zu treten, oder auch nur diese zu einem Vorschlag zur Aufnahme solcher Beziehungen zu veranlassen, so verzichtet der Rat auf eine neuerliche Beschlussfassung in dieser Angelegenheit, wobei es die Meinung hat, dass vor der Wirtschaftskonferenz in Genua keinerlei Schritte zu einer Annäherung an Sovietrussland getan werden sollen.