Langue: allemand
10.2.1922 (vendredi)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 10.2.1922
Procès-verbal secret du Conseil fédéral (PVCF-S)
Vu l’état des relations entre la Russie soviétique et plusieurs Etats de l’Europe, vu la perspective de la Conférence de Gênes et les modifications intérieures enregistrées dans le régime soviétique, la Suisse ne devrait-elle pas renouer des liens commerciaux avec la Russie soviétique? Les modalités de prise de contact suggérées par Schulthess, si possible avant la Conférence de Gênes. Après la discussion de solides arguments avan- [end of summary!]

Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS BILATERALES ET LA VIE DES ETATS
II.22. Russie
II.22.1. La question de la reprise des relations commerciales et des intérêts suisses
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Imprimé dans

Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Documents Diplomatiques Suisses, vol. 8, doc. 167

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Bern 1988

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Emplacement

dodis.ch/44809
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 10 février 19221

Aufnahme von Handelsbeziehungen mit Russland

Mündlich

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes weist auf einen Bericht der Gesandtschaft in Berlin hin, der hervorhebt, dass in Russland voraussichtlich die Sovietregierung vorläufig noch am Ruder bleibt und dass sie noch über beträchtliche Hülfsmittel zu verfügen scheint. Das jetzige Regime verschwindet schon deshalb nicht so bald, weil niemand da ist, der seine Nachfolge übernehmen will. Das wird sich erst ändern, wenn Russland mit der übrigen Welt wieder gewisse Beziehungen angeknüpft hat. Schweden, England, Italien haben schon weitgehende Schritte zur Aufnahme der Handelsbeziehungen mit Russland unternommen. Deutschland hat die Sovietregierung de jure anerkannt und es ist bekannt, dass Russland in Deutschland grosse Bestellungen gemacht hat. Frankreich verhandelt ebenfalls mit Russland, wenn es das auch noch nicht offen zugibt. In den Beschlüssen von Cannes, auf Grund deren die Sovietregierung aufgefordert wurde, eine Delegation an die Wirtschaftskonferenz in Genua zu entsenden, liegt, wie unser Gesandter in Rom mit Recht betont, die tatsächliche Anerkennung der gegenwärtigen russischen Regierung durch die wesentliche Mächtegruppe. Nicht zu verkennen ist auch, dass die Anschauungen und Regierungsgrundsätze der Soviets in der letzten Zeit eine gewisse Wandlung erfahren haben.

Tatsache ist also, dass weitherum das Bestreben sich geltend macht, in Handelsbeziehungen mit Russland zu treten. Da ist es denn doch angezeigt, ernstlich zu prüfen, ob es nicht auch für die Schweiz an der Zeit wäre, in der gleichen Riehtung vorzugehen. Die wirtschaftliche Lage der Schweiz erfordert gebieterisch eine Anregung von Handel und Verkehr durch Sicherung aller Absatzmöglichkeiten, die sich finden lassen. Auf die Länge kann der Staat nicht mit Notstandsarbeiten und -Krediten wirtschaften. Die Lage gestaltet sich von Tag zu Tag schlimmer; schon jetzt gehen den Gemeinden die Mittel aus, die Kantone sind nicht wesentlich besser daran und in absehbarer Zeit werden auch die Mittel des Bundes erschöpft sein. Demgegenüber gibt es nur eine Abhülfe: es müssen Aufträge und mit den Aufträgen muss Geld ins Land kommen. Es lässt sich nicht länger verantworten dass die Schweiz tatenlos zusieht, wie Russland Bestellungen in allen möglichen Ländern aufgibt, ohne dass auch für die Schweiz etwas abfällt.

Nun ist ja richtig, dass der Bundesrat jeder privaten Initiative auf diesem Gebiete günstig gesinnt und bereit ist, sie soweit immer möglich zu fördern. Allein es hat sich erwiesen, dass die Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Russland durch die Industrie selbst zur Zeit keine Aussicht auf Erfolg hat. Nur durch die Aufnahme gewisser Beziehungen zwischen den beidseitigen staatlichen Organen kann ein Erfolg erzielt werden. Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements regt daher an, es seien von Staatswegen Schritte zur Anbahnung wirtschaftlicher Beziehungen mit Russland zu tun. Eine de jure Anerkennung der Sovietregierung soll dabei nicht in Frage kommen sowenig wie eine Einmischung in die innern Verhältnisse Russlands. Es würde sich nur um eine Anerkennung de facto handeln. Es wäre den Soviets zu wissen zu tun, dass die Schweiz bereit wäre, in wirtschaftliche Unterhandlungen mit ihnen einzutreten und zu diesem Zwecke eine Handelsmission in die Schweiz zuzulassen. Zu verlangen wäre dann, dass eine gewisse Menge von Bestellungen in der Schweiz untergebracht und für deren Abnahme und Deckung in einer den Interessenten genügenden Weise Sicherheit geleistet werde, was durch Goldhinterlegung bei der Nationalbank geschehen könnte. Die Gefahr, die darin liegt, dass auf diese Weise einige bolschewistische Agitatoren ins Land kämen, wo solche übrigens auch schon vorhanden sind, darf nicht überschätzt werden, angesichts der viel ernsteren Gefahr, die aus der zerrütteten wirtschaftlichen Lage des Landes immer bedrohlicher emporwächst und die der Regierung die unabweisliche Pflicht auferlegt, Alles zu tun, was geeignet ist, um den Druck der Arbeitslosigkeit zu erleichtern.

Zur Frage, wie die Anknüpfung mit Russland gefunden werden soll, ist zu sagen, dass selbstverständlich eine Vermittlung durch einen schweizerischen Kommunisten ausgeschlossen ist. Zu denken wäre etwa, dass der Gesandte in Berlin beauftragt würde, dem dortigen russischen Vertreter einen halboffiziösen Wink zu geben, oder dass auf einem sonst gutscheinenden Weg in ähnlicher Weise Fühlung mit Krassin gesucht würde. Das Wesentliche ist, dass etwas geschieht; hinsichtlich des Weges, auf dem das Ziel erreicht werden soll, ist der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes bereit, auf jede zweckdienliche Anregung einzugehen.

Führen die anzubahnenden Verhandlungen zu einem Erfolg, so ist es gut: bleiben sie ohne Erfolg, so verlieren wir nichts und können uns wenigstens sagen, dass wir alles getan haben, was unsere Pflicht von uns verlangt.

Die Regelung der Beziehungen zu Russland wird an der Konferenz in Genua die allergrössten Schwierigkeiten bereiten. Da rechtfertigt es sich, unabhängig von den fraglichen Ergebnissen der Konferenz in bescheidenem Rahmen selbständig vorzugehen und zwar jetzt schon; denn wenn das russische Problem in Genua nicht zu einer Lösung kommt, so wird es später viel schwerer sein.

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes stellt den Antrag, zu beschliessen, es seien sofort offiziöse oder halboffiziöse Schritte zur Anbahnung wirtschaftlicher Beziehungen zu Sovietrussland zu tun.

In der Beratung wird die kritische Lage unserer Volkswirtschaft und die Bedeutung, die für sie eine erfolgreiche Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Russland hätte, allerseits anerkannt. Auch wird zugegeben, dass die Stellung der Sovietregierung gegenwärtig gefestigter erscheint als früher und dass die internationale Finanz stark dahin neigt, mit Russland anzuknüpfen. Sicher sei, dass Russland sich nicht mehr aus eigener Kraft aufzurichten vermöge; andere müssen dabei helfen und es liege also nahe, sich zu überlegen, wie sich die Schweiz dabei beteiligen könne. Dagegen wird eingewendet, mit Aufnahme von Deutschland, das sich Russland gegenüber in einer ganz besonderen Lage befindet, habe kein anderes Land bei der Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Sovietrussland irgend einen wirklichen Erfolg gehabt. Branting in Schweden sei gegenüber Russland ganz skeptisch, der Schweiz. Gesandte in Warschau rate direkt von der Aufnahme von Handelsbeziehungen mit Russland ab2 und der Minister van Karnebeek habe noch in den letzten Tagen erklärt, Holland habe keinen Anlass, seine Haltung gegenüber Russland zu ändern. Frankreich weist in der neusten Note an England über die Konferenz in Genua darauf hin, dass Russland bei der Zusage seiner Beteiligung an der Konferenz sich über die hiefür in Cannes aufgestellten Bedingungen (Schuldanerkennung, Anerkennung des Privateigentums, Gewährung von Sicherheiten für Ausländer in Russland) gänzlich ausgeschwiegen habe. Solange die Stellung Russlands zu diesen Bedingungen nicht bekannt sei, komme doch die Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit ihm kaum in Frage. Das Ziel, das die Sovietregierung mit ihrer Beteiligung an der Konferenz in Genua verfolge, sei ganz offensichtlich kein anderes als die Erwirkung der de jure Anerkennung ihrer Herrschaft. Wenn nun die Schweiz heute, einige Wochen vor der Konferenz in Genua, der Sovietregierung durch Anbahnung von handelspolitischen Beziehungen entgegenkäme, so würde das eine ganz wesentliche Stärkung der Stellung der Sovietvertretung auf der Konferenz zur Folge haben. Sie würde diesen Umstand ausnützen, um ihre Ansprüche mit vermehrter Kraft geltend zu machen. Ihr in der gegenwärtigen Stunde hiezu die moralische Hilfe eines Entgegegenkommens zu leihen, würde in der ganzen Welt einen schlechten Eindruck machen und wäre ein grosser politischer Fehler. Dazu komme aber noch, dass, nachdem die Sovietregierung nach Genua eingeladen worden sei, ein Entgegenkommen der Schweiz für sie, sofern es ihr nicht die de jure Anerkennung bringe, kaum grossen Wert haben dürfte, so dass die Schritte schon aus diesem Grund kaum Aussicht auf Erfolg hätten. Die ganze Aktion würde also im gegenwärtigen Zeitpunkt zu einem wirtschaftlichen und politischen Misserfolg führen. Aus all diesen Erwägungen empfehle es sich, zur Zeit von Schritten gegenüber Russland abzusehen und abzuwarten, welche Ergebnisse die Konferenz von Genua zeitige. Sollte diese Konferenz allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben werden, so müsste die Angelegenheit neuerdings zur Spache gebracht werden.

Betont wird auch, dass die Zulassung einer Handelsmission in der Schweiz doch gewisse Gefahren in sich berge, die nicht allzugering eingeschätzt werden sollten. Sei es doch bekannt, dass die Sovietleute in Deutschland die Hand bei allen Putschversuchen von Links im Spiel haben und dass gerade vor dem jüngsten Eisenbahnerstreik Radek-Sobelsohn ganz Deutschland bereist habe.

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes hält im wesentlichen an seiner Auffassung fest. Da die Beratung ergeben habe, dass doch allgemein die Anknüpfung handelspolitischer Beziehungen mit Sovietrussland im Interesse unserer Volkswirtschaft als wünschbar empfunden werde, während die taktische Frage des wann und die Frage des zu beschreitenden Weges bestritten sei, stellt er den Antrag, wenigstens grundsätzlich die Anbahnung handelspolitischer Beziehungen zu Russland zu beschliessen, wobei der Entscheid über den einzuschlagenden Weg bis zu neuer Prüfung der hiezu gegebenen Möglichkeiten Vorbehalten bliebe.

Der Rat beschliesst hierauf mit grosser Mehrheit, es sei zur Zeit von offiziellen oder offiziösen Schritten zur Anbahnung handelspolitischer Beziehungen zur Sovietrussland Umgang zu nehmen.

1
E 1005 2/2.
2
Le Ministre de Suisse à Varsovie, Hans von Pfyff er écrivait, le 5 janvier 1922, à Motta: M. Skirmunt et les milieux politiques et commerciaux sont d’avis que les résultats économiques des conventions conclues avec Moscou seront pratiquement nuls. Cette opinion se base sur l’expérience faite avec le traité de paix de Riga. On considère les Soviets comme dénués de toute sincérité et on est convaincu que leur gouvernement signera bien des accords ou des conventions, quitte ensuite à soulever des obstacles à leur exécution, car les relations internationales sont un danger pour le régime. C’est également l’opinion du Cardinal Kakowski, avec lequel je m’entretenais hier. Le Cardinal a été longtemps en Russie et la connaît bien (E 2300Varsovie 2).