Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS BILATERALES ET LA VIE DES ETATS
II.4. Autriche
II.4.2. La question du Vorarlberg
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 8, doc. 47
volume linkBern 1988
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E2001B#1000/1503#176* | |
Titolo dossier | Vorarlberg. Anschlussbestrebungen. Akten von 501-788; Inhalt auf den Aktenumschlägen. (1919–1922) | |
Riferimento archivio | B.14.211.P.21.2 |
dodis.ch/44689
Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 26. Januar2 betreffend die Vorarlbergerfrage beehren wir uns Ihnen mitzuteilen, dass der zurzeit in Paris weilende ehemalige juristische Beirat unserer Gesandtschaft in Wien, Herr Dr. Wiedemann, einen eingehenden Bericht über die hoffnungslose finanzielle Lage Österreichs erstattet hat. Herr Wiedemann hat als ehemaliger Generalsekretär der Direktion der Orientalischen Bahnen in Finanz- und Regierungskreisen der europäischen Hauptstädte ausgezeichnete Beziehungen. Er kam in Paris mit vielen Persönlichkeiten, so auch mit Mitgliedern der Reparationskommission für Österreich und solchen die über die Absichten der Botschafterkonferenz genau unterrichtet sind, zusammen. Wir treten hier auf die mehr finanziellen Details seines Berichtes nicht ein, aus welchen hervorgeht, dass die Aussichten Österreichs auf neue Kredite so gut wie verschwunden sind.
Wir beehren uns aber zur Orientierung Ihnen mitzuteilen, dass Herr Wiedemann unter anderem ausführt:
«Es ist bekannt, dass Österreich in den letzten Wochen mit grossen Schwierigkeiten in Holland eine Kreditoperation durchführen konnte, indem es insbesondere das Gold und die Wertpapiere zu Pfand gab, welche die österreichischen Gesetze über die Ablieferung dieser Werte an den Staat in seine Hand gegeben hatten. Mit den so geschafften Lebensmittelkrediten kann Österreichbis zum 15. April, nicht aber darüber hinaus, auskommen.
Jedenfalls scheint mir festzustehen, dass die 125 Millionen Dollar, welche die Wiener Subkommission als diejenige Summe bezeichnete, die aufgebracht werden müsste, um Österreich als selbständigen Staat lebensfähig zu machen, unter keinen Umständen Zusammenkommen. Die eventuell einfliessenden Mittel werden so gering sein, dass sie politisch der Wiener Regierung nicht diejenige Plattform verschaffen, von der aus allein sie das Land als selbständigen Staat ruhig verwalten kann. Unter diesen Umständen ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit tiefgreifenden Veränderungen im Laufe des Frühjahrs gerechnet werden muss.»
Unser Gewährsmann empfiehlt unter diesen Umständen der Schweiz grösste Zurückhaltung mit der Bewilligung neuer Staatskredite an Österreich, legt die Realisierung der österreichischen Staats- und Gemeindetitel, über welche die Eidgenossenschaft verfügt, nahe und schliesst seine Ausführungen wie folgt:
«Politisch wird man sich darüber klar werden müssen, dass im Moment, wo infolge des Ausbleibens einer namhaften finanziellen Hilfe Österreich sich von den Entente- und Sukzessionsstaaten abandoniert fühlt und deshalb ganz oder teilweise den Anschluss an Deutschland durchführt, für die Schweiz die Vorarlberger Frage plötzlich akut wird. Es ist diesbezüglich daran zu erinnern, dass die konstituierende Nationalversammlung Österreichs vor den Neuwahlen im Oktober einstimmig den Beschluss gefasst hat, die Regierung habe innerhalb einer bestimmten Frist ein Plebiszit über die Frage des Anschlusses an Deutschland3 herbeizuführen. Sobald die Situation reif ist, wird die Regierung diesen Beschluss eventuell ausgraben und das Plebiszit veranstalten, wenn sie nicht vorzieht, auf revolutionärem Wege den Anschluss zu proklamieren. Es wird sich empfehlen, dass man schweizerischerseits rechtzeitig darüber klar wird, welche Massnahmen in einem solchen Fall aus politischen Gründen die Schweiz gegenüber dem Vorarlbergtreffen soll.»
Die Entente hat in der Zwischenzeit das Plebiszit verboten, doch geht die Anschlusspropaganda weiter, obwohl sie, besonders seit der durch die jüngsten Ereignisse auf der Londonerkonferenz entstandenen Krise, in Deutschland nicht ungeteilte Sympathien finden dürfte. Aus politischen Berichten unserer Gesandtschaften entnehmen wir, dass Italien und England sich gegenüber einem Anschlüsse Österreichs an Deutschland eher neutral verhalten dürften. Die verzweifelte Lage Österreichs kann aber, wie Herr Wiedemann richtig bemerkt, gegen die offizielle Willensäusserung der Entente die Ereignisse überstürzen, so dass es sich empfiehlt, auf diese Eventualität gefasst zu sein.
Tags
La questione del Vorarlberg (1919)