Language: German
19.10.1920 (Tuesday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 19.10.1920
Secret minutes of the Federal Council (PVCF-S)
Préparation des instructions destinées aux délégués suisses à la Conférence franco-suisse sur les zones.

Classement thématique série 1848–1945:
IX. LA QUESTION DES ZONES DE HAUTE-SAVOIE ET DU PAYS DE GEX
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Jacques Freymond, Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 420

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Bern 1984

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dodis.ch/44631
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 19 octobre 19201

Zonenfrage. Instruktionen für die Besprechung mit den französischen Sachverständigen

Das Volkswirtschaftsdepartement legt die den schweizerischen Delegierten zur Besprechung mit den französischen Sachverständigen zu erteilenden Instruktionen vor, wie sie an der Fachkonferenz vom 13. Oktober 1920 bereinigt wurden, die unter dem Vorsitz des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartements tagte, und an welcher im Beisein des Vorstehers des politischen Departements Vertreter Genfs, des politischen Departements, des Volkswirtschaftsdepartements, sowie Vertreter von Handel und Landwirtschaft teilnahmen.

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements betont, dass diese Instruktionen nur als Leitsätze für diesen bestimmten Anlass zu gelten haben, die nicht unter allen Umständen festgehalten werden müssen. Er weist darauf hin, dass es schwer sei, sich über die Stimmung, die in Genf in bezug auf die Zonenfrage herrsche, Rechenschaft zu geben. Zurzeit betonen die Genfer, die an der Konferenz teilnahmen, viel weniger die wirtschaftliche Seite der Frage als die Aufrechterhaltung der kleinen Zonen, die zu einer Angelegenheit der Eigenliebe Genfs geworden zu sein scheine. Komme man auf der in den Instruktionen festgelegten Grundlage zu keiner annehmbaren Einigung und tauche das Begehren nach einer schiedsgerichtlichen Behandlung der Sache neuerdings auf, so müsse man sich doch darüber klar sein, dass ausschliesslich die Frage nach dem Fortbestand der Verträge von 1815/16 und damit nach dem Fortbestand der kleinen Zonen dem Schiedsspruch unterstellt werden könne, niemals aber die Neuregelung der Beziehungen zu Frankreich nach Art. 435 des Versailler Vertrags im ganzen. Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements hält auch die Meinung, es werde anlässlich der Völkerbundsversammlung möglich sein, die britischen Vertreter zu einer Verwendung zugunsten der Schweiz bei Frankreich in der Zonenfrage zu gewinnen, für unbegründet. Wenn eine annehmbare Einigung mit Frankreich auf der Basis der Instruktionen nicht möglich sei, so werde man der Sache unter Protest gegen die Vorschiebung des französischen Zollkordons an die politische Grenze ihren Lauf lassen müssen, was letzten Endes immer noch einem ungünstigen Abkommen mit Frankreich vorzuziehen wäre, das den Genfern fortgesetzt Anlass zur Unzufriedenheit gäbe. Die Frage, auf welche Dauer ein Abkommen mit Frankreich abzuschliessen sei, wenn es zu einer Einigung komme, lasse sich vorläufig nicht wohl beantworten, da sie natürlich davon abhänge, welche Konzessionen Frankreich namentlich hinsichtlich unseres Exports nach den Zonen machen werde.

Schliesslich macht der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements noch darauf aufmerksam, dass die Zonenfrage Ende dieser Woche im Genfer Grossen Rat zur Sprache kommen soll und bezeichnet es als wünschenswert, diese Debatte zu verschieben, bis die Genfer durch die Bundesbehörde Bericht über das Resultat der Besprechung mit den französischen Sachverständigen erhalten haben.

Der Bundespräsident sichert zu, dass er diese Frage im Auge behalten und bei Genf eine Verschiebung der Beratung über die Zonenfrage anregen werde, wenn sich zeigen sollte, dass eine solche Debatte für die Behandlung der ganzen Angelegenheit gefährlich wäre.

Der Rat genehmigte hierauf die vom Volkswirtschaftsdepartement vorgelegten Instruktionen. Sie lauten:

1. Die Diskussionen mit den französischen Delegierten haben nicht den Charakter von offiziellen Verhandlungen, sondern von offiziösen Besprechungen, durch welche festgestellt werden soll, ob eine Lösung auf dem Boden des französischen Systems (Zollkordon an der Grenze) möglich ist. Die Besprechungen sind möglichst formlos zu gestalten.

2. Die schweizerischen Delegierten werden zunächst den französischen Delegierten und durch diese der französischen Regierung dafür danken, dass die Besprechung in Bern ermöglicht wurde. Sie werden darauf hinweisen, dass sie im Auftrag der schweizerischen Regierung bereit seien, unter Vorbehalt des von der Schweiz bisher vertretenen Rechtsstandpunktes, mit den französischen Delegierten zu untersuchen, ob, und wenn ja, welche Lösung auf dem Boden der französischen Vorschläge gefunden werden könne. Dabei sollen die schweizerischen Delegierten erklären, dass sie von den Versicherungen ausgehen, die die französische Regierung wiederholt abgegeben hat und die auch Herr Millerand, der nunmehrige Präsident der französischen Republik, bestätige,2 wonach die Interessen Genfs gewahrt bleiben und seine bisherige ökonomische Situation aufrecht erhalten werden sollen. Die schweizerischen Delegierten werden betonen, dass Frankreich, um zu dem gewollten Ziele zu gelangen, weitgehende Konzessionen in Aussicht gestellt habe und dass sie dankbar wären, wenn die französischen Delegierten nun ihre Vorschläge über die Ausgestaltung der Verhältnisse machen wollten.

3. Nach Kenntnisnahme der französischen Vorschläge und bei der weiteren Besprechung der Angelegenheit sollen die schweizerischen Delegierten zu erfahren suchen, wie sich die französische Regierung zu den von der Schweiz als unumgänglich notwendig erachteten Konzessionen stellt. Im einzelnen sind diese Punkte folgende:

a. Der französische Abkommens-Entwurf vom März 19193 ist nicht annehmbar.

b. Die Versetzung der französischen Zoll-Linie an die politische Grenze bedeutet seitens der Schweiz eine so grosse Konzession, dass Frankreich als Kompensation dafür die Einfuhr im kleinen Markt- und Grenzverkehr für alle Waren ohne Ursprungszeugnisse, ohne Kontingentierung und ohne Unterschied der Nationalität zollfrei und unter Befreiung der Innenabgaben gestatten soll auf allen Strassen, die von den Kantonen Genf, Wallis und Waadt nach den Zonen und nach dem Pays de Gex führen.

c. Alle Bewohner der Schweiz und der Zonen sollen diese Erleichterungen ohne Unterschied der Nationalität geniessen.

d. Frankreich verzichtet darauf, den Markt- und Grenzverkehr durch Einfuhrverbote zu behindern (mit Ausnahme der in den Handelsverträgen vorgesehenen Fälle).

e. Befreiung der Kontrolle für den Touristenverkehr.

f. Frankreich gewährt für den Handelsverkehr freie Einfuhr in die Zonen für alle Waren schweizerischen Ursprungs, die aus den drei Grenzkantonen kommen, bei allen Zollbureaux ohne Begrenzung der Qualität. Kontingente könnten eventuell angenommen werden für eine Gruppe von Waren, die die Schweiz in grosser Menge produziert (Mehl, Bier, Mineralwasser, Backsteine, Dachziegel, Schuhwaren, Maschinen, Gewebe, Schokolade, Zuckerwaren u.s.w.).

g. Ursprungszeugnisse wären auszustellen gemäss Bundesratsbeschluss vom Jahre 1918.

h. Eventuell wäre in Aussicht zu nehmen die Erhebung reduzierter Zollsätze auf den Import gewisser Waren nach Frankreich.

i. Frankreich sichert die Möglichkeit des Transitverkehrs über die Lagerhäuser von Genf und Lausanne für Waren, die den französischen Zoll schon bezahlt haben.

k. Frankreich verpflichtet sich, die Ernten der Grenzbesitzer (propriétaires frontaliers) nicht mit Ausfuhrverboten zu belegen (Waren gemäss Konvention von 1882).

1. Es soll versucht werden, die Grenzzone von 10 auf 15 km. zu erweitern.

m. Für die Einfuhr aus der Zone nach der Schweiz ist mit gewissen Einschränkungen der bisherige Zustand in Aussicht zu nehmen.

1
E 1005 2/1. Etait absent: J.- M. Musy.
2
Cf. no 401.
3
Il s’agit sans doute du projet français, communiqué au Département politique par note du 26 avril 1919; cf. Affaire des zones franches de la Haute- Savoie et du pays de Gex, Mémoire présenté au nom du Gouvernement de la République française, Paris, Imprimerie nationale 1928, pp. 127 ss.