Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.14 RUSSIE
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 7-II, doc. 397
volume linkBern 1984
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001B#1000/1501#3330* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 97 | |
Titre du dossier | Handel mit Russland, Handelsbesprechungen, Baumann W., Bern (1918–1920) | |
Référence archives | C.24 • Composant complémentaire: Russland |
dodis.ch/44608 Aide-Mémoire de l’Adjoint du Département politique, W. Thurnheer1 MEMORANDUM
Das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten in Moskau richtet durch Vermittlung des bolschewistischen Gesandten Goukowsky in Reval das Gesuch an den schweizerischen Bundesrat, er möchte Dr. Schlowsky die Einreise in die Schweiz für 2 Wochen gestatten. Als Reisezweck wird bezeichnet: Erledigung gewisser, das Rote Kreuz betreffender Fragen sowie einiger persönlicher Angelegenheiten. Schlowsky ist der bekannte ehemalige Legationsrat der bolschewistischen Gesandtschaft, die auf Weisung des Bundesrates, da sie sich entgegen den Versprechungen des Chefs, intensiv politischer Propaganda widmete, plötzlich die Schweiz verlassen musste. Da Berzine aus Gesundheitsrücksichten die meiste Zeit in den Bergen sich aufhielt, war Schlowsky der eigentliche Leiter der Gesandtschaft. Er pflegte in allen Fragen auf dem Departemente vorzusprechen, Berzine sah man sozusagen nie. Schlowsky ist ein kleiner, schlauer Jude mit Spitzbart, ca. 45 Jahre alt, der ursprünglich sehr primitiv bolschewikihaft gekleidet vorsprach, zusehends eleganter wurde und Bern seinerzeit genau wieder im ursprünglichen Anzug verliess. Die beiden Reisezwecke, die er vorgibt, mögen wahr sein, da Bagotzky, der Chef des Soviet-Roten-Kreuzes in Bern, in der Tat verschiedene Fragen pekuniärer Natur mit seiner Regierung zu besprechen hat. Letzterer teilte mir erst kürzlich mit, dass er zu diesem Zwecke eine Reise nach Kopenhagen zu machen wünscht, um dort mit Litwinov Rücksprache zu nehmen. Was die personellen Geschäfte anbetrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Frau Schlowsky und deren Kinder sich in der Schweiz befinden. Die Reisezwecke dürften aber nur einen Vorwand bilden, um nach der Schweiz zu kommen und sich dann hier mit ändern Fragen zu befassen, wozu jedenfalls neben ändern eine intensive Fühlungnahme mit schweizerischen sozialistischen Kreisen gehört. Dass Schlowsky jedenfalls auch noch andere Absichten verfolgt, ergibt sich aus einer vertraulichen Mitteilung, die Jakubovitch, die rechte Hand Karachans im Auswärtigen Amte in Moskau, dem Rechtskonsulenten des ehemaligen schweizerischen Konsulats in Moskau, Dr. Wehrlin, machte. Nach dieser soll Schlowsky für alle Fälle mit Vollmachten für Verhandlungen mit der schweizerischen Regierung ausgerüstet sein.
Wir haben es somit bereits mit 3 Delegierten der Sovietregierung zu tun: Platten, Bratmann und Schlowsky, davon sitzt der erste hinter Schloss und Riegel. Bevor an einen der beiden letzteren eine Einreisebewilligung zwecks Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen etc. erteilt wird, sollte festgestellt werden, ob überhaupt die Wiederaufnahme dieser Beziehungen wünschenswert ist. Von dieser Überlegung ausgehend, ist vorläufig Bratmann die Bewilligung zur Einreise nicht erteilt worden, desgleichen wäre auch das Einreisegesuch Schlowskys schon aus diesem Grunde abzulehnen. Dazu kommt aber noch des weitern, dass unserer Ansicht nach der Bundesrat unmöglich einem so prominenten Mitglied derjenigen Mission, die er seinerzeit aus dem Lande ausgewiesen hat, schon nach 2 Jahren die Bewilligung zur Einreise wieder erteilen kann, da die gleichen Gründe, die damals für die Ausweisung massgebend waren, auch heute noch fortbestehen. Denn man darf nicht annehmen, dass ein Mann von 45 Jahren innerhalb zweier Jahre seinen Charakter vollständig ändert, seine politische Gesinnung ja vielleicht eher, aber auch dies dürfte nicht der Fall sein, wurde doch Schlowsky von seiner Regierung während dieser Zeit mit wichtigen Vertrauensposten bedacht. Er war Kommissär der Moskauer Regierung in Petersburg und späterhin in gleicher Eigenschaft in Nord-Russland.
Innerpolitisch würde eine solche Bewilligung jedenfalls grosses Aufsehen erregen und auch im Ausland nicht unbeachtet bleiben. Ist doch die Tatsache, dass die schweizerische Regierung sich genötigt sah, die Soviet-Mission auszuweisen, seinerzeit im englischen Parlamente besprochen und in einer wichtigen englischen Note betreffend Russland ausdrücklich erwähnt worden.
Es wäre unserer Ansicht nach das Telegramm an den Bundesrat wie folgt zu beantworten:
Bedauern Einreise Schlowskys zur Zeit nicht bewilligen zu können. Bagotzky Vertreter Ihres Roten Kreuzes Schweiz begibt sich dieser Tage zwecks Regelung Rotkreuzfragen nach Kopenhagen. Ausreise Familie Schlowsky aus Schweiz wird auf Ansuchen jederzeit bewilligt.
- 1
- E 2001 (B) 1/97. Paraphe: AL.↩
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