Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.14 RUSSIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 296
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#586* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 282 | |
Dossier title | Moskau, Berichterstattung, insbesondere aus Warschau, Paris, London, Berlin und Bukarest, Band 3 (1920–1920) |
dodis.ch/44507 Aide-Mémoire de l’Adjoint de la Division des Affaires étrangères du Département politique, W. Thurnheer1
Herr Frick, Delegierter des Internationalen Roten Kreuzes, macht mir die Mitteilung, dass er dieser Tage wegen der Organisation des Heimtransportes von Russen aus Deutschland und Deutschen aus Russland sich nach Berlin und Reval begebe. Ich benütze die Gelegenheit, um mit ihm allgemein über die Lage in Russland zu sprechen. Er ist der Ansicht, dass der russische Staatskörper innerlich total verfault sei, dass sich zur Zeit aus denjenigen bolschewistischen Kreisen, die es verstanden hatten, in kurzer Zeit sich ein grosses Vermögen auf diese und jene Art zu verschaffen, eine Art bürgerliche Schicht kristallisiert. Lenin und die ihn umgebenden Spitzen der Bolschewiki hält er nach wie vor für konsequente Verfolger ihrer Theorien, der ganze Unterbau aber versage. In keinem Lande wütet die ruchloseste Spekulation so sehr wie zur Zeit in Russland. Die Juden schwimmen natürlich hier oben auf. Eine Änderung der Verhältnisse sei nur dann zu erwarten, wenn entweder die gegenwärtige Regierung, und vor allen Dingen deren Unterbeamtenapparat, gestürzt werde, oder wenn der Fäulnisprozess noch derart weitergehe, dass sich die massgebenden Kreise nur noch dadurch zu helfen wissen, dass sie ausländischen Interessenten alle möglichen Konzessionen abtreten, so dass sich nach und nach von aussen in den kranken Körper hinein gesunde Organisationen einschieben. Ein erspriessliches Arbeiten dieser letzteren sei allerdings nur dann denkbar, wenn sie mit entsprechendem Schutz resp. Gewalt verbunden. Die getroffenen Institutionen müssten in der Lage sein, sich durch eigene Truppen oder Polizei zu schützen und ihrem Willen Nachachtung zu verschaffen. Ich teile Frick mit, dass wir bereits ziemlich umfassende Vorbereitungen für eine derartige Arbeitsmethode getroffen. Er begrüsst dies, hält aber den Zeitpunkt zu deren Realisierung noch für verfrüht, allerdings müsste man auch sehr vorsichtig sein, um nicht zu spät zu kommen. Russland sei momentan allerdings noch nicht in der Lage, uns irgendwelche Kompensation für Warenlieferungen etc. zu geben. Getreide sei von den Bauern nur das allernotwendigste angebaut, in den Minen werde nicht viel gearbeitet, so dass man nicht hoffen könne, gleich am Anfang viel aus dem Lande herauszuholen. Er ist der Ansicht, dass aus diesem Grunde die von mir angeregte Entsendung eines Beobachterpostens nach Russland in Gestalt des Vertreters des Schweizerischen Roten Kreuzes sehr nützlich wäre. Er rät, diese Entsendung bald vorzunehmen, da es nicht ausgeschlossen sei, dass die Bolschewikiregierung Dr. Bagotzky demnächst aus Bern zurückziehe und dann die Anwesenheit Bagotzkys in der Schweiz nicht mehr oder nur schwieriger als Vorwand für die Entsendung eines Schweizers nach Russland benutzt werden könnte. Frick lässt im übrigen durchblicken, dass er hofft, demnächst einen Auftrag zu erhalten, der ihn persönlich nach Russland bringe.
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