dodis.ch/44370 Le Chef du Département de l’Economie publique, E.
Schulthess, au Chargé d’Affaires de Suisse à Bruxelles,
F. Barbey1
Bekanntlich dauert das belgisch-schweizerische Kohlenabkommen2 nur bis Ende dieses Jahres. Die Kohlenversorgung ist nach wie vor so ausserordentlich schwierig und unsicher, dass wir selbstverständlich den allergrössten Wert darauf legen müssen, auch nach dem 1. Januar 1920 belgische Kohle beziehen zu können. Es drängt sich deshalb ganz von selbst die Frage auf, ob und unter welchen Bedingungen das Abkommen erneuert, resp. verlängert werden könnte. Bis jetzt fehlt uns jede Mitteilung darüber, wie man sich in Brüssel hiezu verhält. Wir bitten Sie deshalb, an geeigneter Stelle in dieser Angelegenheit sondieren zu wollen und uns möglichst umgehend zu berichten. Dabei erlauben wir uns, schon jetzt darauf hinzuweisen, dass eine Weiterführung der an Belgien zu gewährenden Kredite angesichts der gespannten schweizerischen Finanzlage ausserordentlich schwierig, wenn nicht unmöglich sein dürfte. Wenn irgendwie möglich, sollte deshalb ein reiner Kohlenlieferungsvertrag ins Auge gefasst werden. Es scheint uns, dass Belgien auch hieran ein starkes Interesse haben sollte, da es doch gewiss grossen Wert darauf legen wird, durch Kohlenlieferungen nach der Schweiz hochwertige Schweizerdevisen zu bekommen.
Für heute möchten wir uns mit diesen kurzen Andeutungen begnügen und gewärtigen also Ihren baldigen Bericht, wie man sich in Brüssel die Neugestaltung dieser Verhältnisse denkt.3
Bei dieser Gelegenheit möchten wir noch kurz auf einen Vorfall zurückkommen, der Ihnen durch den Vertreter der Kohlengenossenschaft bereits gemeldet wurde. Aus transporttechnischen Gründen hat die Schweiz. Kohlengenossenschaft in Basel ein erhebliches Quantum belgischer Kohle im Transit durch Frankreich nach der Schweiz kommen lassen wollen. Diese Kohlen sind in Givet ohne weiteres von den französischen Behörden beschlagnahmt und für den französischen Konsum verwendet worden.4 Diese gewalttätige Massnahme hat in schweizerischen Kreisen grosse Entrüstung verursacht, da sie in der Tat einem einfachen Raubzuge gleichkommt. Unsere Presse beginnt sich ziemlich lebhaft mit dieser Angelegenheit zu befassen und es fallen gegenüber Frankreich harte Worte. Wir haben selbstverständlich unsere Gesandtschaft in Paris unverzüglich schärfsten Protest erheben lassen und heute bekommen wir von Herrn Dunant die Mitteilung, dass diese Verfügung der französischen Regierung nicht gegen die Schweiz, sondern gegen Belgien gerichtet gewesen sei, welches seine Verpflichtungen betreffend Kohlenlieferungen an Frankreich ganz ungenügend erfüllte.
Wir wollten nicht verfehlen, Ihnen hievon Kenntnis zu geben. Für uns bleibt diese Beschlagnahme, gleichgültig aus welchen Gründen sie erfolgt ist, ausserordentlich bedauerlich. Wir werden mit aller Energie daran festhalten, dass uns Frankreich diese Kohlen in Natura ersetzt, wozu man sich in Paris wahrscheinlich auch entschliessen wird.