Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.14 RUSSIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 124
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1501#952* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 25 | |
Dossier title | Mission Moor nach Russland. (Beziehungen zu den Bolschewiki.) (1918–1920) | |
File reference archive | B.21.172.02 |
dodis.ch/44335
L’Adjoint de la Division des Affaires étrangères du Département politique, W. Thurnheer, au Ministre de Suisse à Berlin, A. von Planta1
Wir beehren uns, Ihnen Ihr Schreiben vom 15. Oktober, VII Nr. 2 und dasjenige von Herrn Legationssekretär Egger vom 17. Oktober, P/Mr.3 zu verdanken. Wir haben aus dem Briefe des Herrn Radek an den schweizerischen Genossen Moor gerne entnommen, dass es der Sovietregierung vollkommen ferne liegt, ausländische Bürger als solche zu verfolgen und dass unsere Kolonie im allgemeinen nur dann Schwierigkeiten zu befürchten habe, wenn sie sich der Spekulation oder der Contre-Revolution hingebe. Aus den Ausführungen des Herrn Radek entnehmen wir des weitern, dass die Sovietregierung bereit wäre, einen Vertreter der Schweiz zu empfangen, wenn wir unsererseits ihr das gleiche Recht zugestehen wollten. Es ist dies nicht das erste Mal, dass die Sovietregierung seit Abbruch unserer Beziehungen mit derartigen Vorschlägen an uns gelangt. Wir haben uns aber bis anhin diesen gegenüber immer ablehnend verhalten und es liegt keine Veranlassung vor, gerade jetzt, wo das Régime der Bolschewiki seinem Ende entgegenzugehen scheint, von unserer bisherigen Politik abzuweichen. Die wichtige Frage des Heimtransportes, die ja zwischen uns und der Sovietregierung im Prinzipe geregelt ist, dürfte dadurch kaum eine besondere Förderung erfahren. Für die Organisation des Transportes in Russland selbst werden sich in unserer dortigen Kolonie genügend tüchtige Leute finden. Was die Wahrung der übrigen Interessen unserer Kolonie anbetrifft, so versprechen wir uns auch hierin von der Entsendung eines besonderen Vertreters nicht allzu viel. Die persönliche Sicherheit scheint nach den Ausführungen Radeks im allgemeinen gegeben zu sein. Ob ein offizieller schweizerischer Vertreter für die Wahrung schweizerischen Eigentums erfolgreich wirken könnte, scheint sehr zweifelhaft, sagt doch Radek in seinem Briefe an Moor, dass die Blockade durch die Entente die Sovietregierung nötige, alle Reserven an Waren, Rohstoffen etc. in den Händen des Staates zu konzentrieren und dass auf die ausländischen kapitalistischen Elemente in Russland keine Rücksichten genommen werden könnten. Mit ändern Worten, Privateigentum wird nicht geschont. Vorteile sind demnach von der Entsendung eines schweizerischen Vertreters nach Russland nicht viel zu erwarten, wohl aber könnte die Annahme eines russischen Vertreters in der Schweiz aussen- wie innenpolitisch grosse Schwierigkeiten bereiten.
In Würdigung dieser Erwägung möchten wir Sie bitten, nicht weiterhin auf den Vorschlag, den Herr Moor Ihnen übermittelte, einzutreten. Da für uns nicht ausgeschlossen ist, dass die Demarche Moor-Radek nur ein Glied eines grösseren planmässigen Vorgehens von Seiten der Sovietregierung oder sovietfreundlicher Elemente bildet – es hat sich nämlich neulich auch in Bern ein Schweizer präsentiert, der mit Radek in Verbindung steht und sich bereit erklärte, in unserem Aufträge nach Russland zu reisen; weiterhin ist von verschiedenen, scheinbar voneinander unabhängigen Seiten die Anregung gemacht worden, dass wir einen Vertreter nach Russland senden sollten –, so möchten wir, bis mehr Klarheit herrscht, eine direkt ablehnende Antwort vermeiden und entweder Herrn Moor keine oder dann nur eine dilatorische Antwort erteilen, etwa in dem Sinne, dass der Bundesrat zur Zeit im Hinblick auf die besonderen politischen Verhältnisse in Russland nicht in der Lage sei, sich zur Anregung Radeks définitif zu äussern.