Notwendigkeit für die Schweiz, die Verhandlungen mit den Besatzungsbehörden der französischen Zone in Deutschland wieder aufzunehmen, um Fragen der Finanz-, Handels- und Verkehrsbeziehungen zu regeln.
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 17, Dok. 82
volume linkZürich/Locarno/Genève 1999
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1000/1571#3674* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1000/1571 340 | |
Dossiertitel | Deutschland: Wirtschaftsverhandlungen und Abkommen mit der Schweiz nach dem 8. Mai 1945 (1945–1948) | |
Aktenzeichen Archiv | C.45.111.0 • Zusatzkomponente: Deutschland |
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E7110#1967/32#19062* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 7110(-)1967/32 889 | |
Dossiertitel | Französische Zone (1948–1948) | |
Aktenzeichen Archiv | 890.F • Zusatzkomponente: Deutschland |
dodis.ch/4426
NOTIZ AN HERRN MINISTER HOTZ. WIRTSCHAFTSVERHANDLUNGEN MIT DER FRANZÖSISCHEN BESETZUNGSZONE DEUTSCHLANDS.
Auf Grund der heutigen Verhandlungssituation gegenüber der Bizone und im Zusammenhang mit der auf Mittwoch, den 9. Juni 1948 angesetzten internen konferenziellen Aussprache3 über die Revision der Elekrizitätszahlungsregelung im Verkehr mit der französischen Besetzungszone Deutschlands im Sinne einer Berücksichtigung des Transfers der Obligationenzinsen und Aktiendividenden erlaubt sich der Unterzeichnete, mit Bezug auf die Frage der Aufnahme neuer Verhandlungen mit der französischen Besatzungszone Ihnen folgende Überlegungen zu unterbreiten:
1. Das radikale Vorgehen zur Aufhebung des one-way traffic gegenüber der Bizone4 verlangt entsprechende Schritte auch in Baden-Baden und in Berlin bei den sowjetischen Besetzungsbehörden.
a) Bezüglich der Sowjetzone ist zu sagen, dass die derzeitige vertragliche Regelung noch bis 20. Juli 1948 läuft5. Ich habe bereits mit Herrn Dr. Troendle bezüglich der Aufnahme neuer Verhandlungen im gegebenen Zeitpunkt Fühlung genommen.
b) Wichtiger und dringender ist heute jedoch das Verhältnis mit der französischen Zone. Die Situation stellt sich hier fast noch schwieriger als mit Frankfurt a/Main, weil im Zusammenhang mit dem Grenzverkehr und den Grenzkraftwerken den unsichtbaren schweizerischen Exporten eine ganz spezielle Bedeutung zukommt und zudem diese Belange, wenn auch zum Teil unbefriedigend, bereits geregelt sind. Es wird also verhandlungstaktisch eher noch schwieriger sein, weiterzukommen, weil durch eine Kündigung bzw. vertragslosen Zustand die bisherige Position gefährdet würde. Der Grenzverkehr und die Elektrizitätszahlungsregelung vermöchten wohl die Einstellung der Zahlungen nicht so leicht ertragen.
2. Die als vordringlich zu bezeichnenden Verhandlungsprobleme im Verkehr mit der französischen Zone sind:
Regelung des Transfers der Obligationenzinsen und Aktiendividenden der Rheinkraftwerke6, ausserschiedsgerichtliche Erledigung des Streitfalles Reckingen7 (es könnte z. B. daran gedacht werden, den Obligationenzinsentransfer für Reckingen in die allgemeine Regelung einzubeziehen, was jedoch vermutlich für Lonza zur Folge hätte, dass gewisse Zahlungsverpflichtungen Baden-Baden gegenüber übernommen werden müssten. Der Unterzeichnete wird im Einvernehmen mit Herrn Dir. Hochreutiner und Herrn Dir. Fehr Ihnen hierüber noch vor dem 9. Juni d. J. konkrete Zahlen vermitteln.
Steigerung der Warenausfuhr, Bereinigung gewisser Punkte auf dem Grenzgängersalärtransfersektor8: Herr Dr. Oeri wird zweifellos die Aufhebung der Kürzungsbestimmungen, die im Februar 1946 eingegangen werden mussten9, verlangen. Die Kürzung der nach der Schweiz zu transferierenden Gehälter der schweizerischen Grenzgänger wird deshalb auch besonders hart empfunden, weil die schweizerischen Löhne gestiegen sind, in Deutschland aber immer noch der Lohn- und Preisstopp gilt.
Der Unterzeichnete glaubt, dass es nicht zu umgehen sein wird, die Verhandlungen wie diejenigen mit der Bizone auf eine breitere Basis zu stellen und auch den Versicherungs- und weitern Finanzinteressenten Gelegenheit zu geben, wenigstens intern sich auszusprechen. Es wird ferner wohl unerlässlich sein, dass bei den Warenbesprechungen auch der schweizerische Bauernverband vertreten ist.
3. Praktisch werden sich die Verhandlungen mit der französischen Besetzungszone konzentrieren auf den Elektrizitätszahlungsverkehr und die Warenfragen. Man könnte unter Umständen den ersten Fragenkomplex vorweg separat behandeln. Ich glaube jedoch, dass dies verhandlungstaktisch den Franzosen gegenüber, aber auch aus internen Gründen nicht angezeigt ist.
Es wäre empfehlenswert, wenn mit Baden-Baden vor Mitte Juli d. J. verhandelt werden könnte, da ansonst ein unbefriedigender Ausgang der am 12. Juli in Bern beginnenden Verhandlungen mit der Bizone die ablehnende Haltung der Franzosen ungebührlich stärken könnte10. Der ganze Fragenkomplex bedarf wohl einer näheren internen Abklärung, bevor den Franzosen die Aufnahme von Verhandlungen vorgeschlagen und beim Bundesrat Instruktionen eingeholt werden können. Für den Verlauf der internen Elektrizitätsbesprechung vom 9. Juni wäre es sicherlich von Vorteil, wenn man schon vorher über das weitere Vorgehen Baden-Baden gegenüber eine konkrete Vorstellung hätte.
Auf Grund dieser Ausführungen gestatte ich mir, Sie zu bitten:
mich zu ermächtigen, Ende dieser Woche oder anfangs der nächsten zu einer konferenziellen Aussprache über Wirtschaftsverhandlungen mit der französischen Besetzungszone einzuladen (EPD, Vorort, Bankiervereinigung, Nationalbank, Elekrizitätssektor, Versicherungsinteressenten, Gewerbeverband – von einer Einladung der Finanzverwaltung könnte jedoch wohl abgesehen werden)11; mich wissen zu lassen, ob diese Sitzung bei Ihnen stattfindet, oder ob ich in Ihrer Vertretung im Zimmer Nr. 74 die Aussprache leiten soll12. In diesem Falle würde ich mir dann erlauben, Ihnen einen zusammenfassenden Bericht zu erstatten.
- 2
- (Kopie): E 7110(-)1967/32/889.↩
- 3
- Vgl. das Schreiben von J. Hotz an H. R. Oeri vom 10. Juni 1948. Nicht abgedruckt.↩
- 4
- Vgl. DDS, Bd. 17, Dok. 112, dodis.ch/4427.↩
- 5
- Vgl. DDS, Bd. 17, Dok. 13, dodis.ch/1580. Vgl. auch das Schreiben von M. Troendle an F. de Diesbach vom 28. Juni 1948, E 2001(E)-/1/340 (dodis.ch/4386).↩
- 6
- Für einen Überblick über die einzelnen Rheinkraftwerke (deutsche bzw. schweizerische Beteiligung, Rechtssitz, Standort) und die Frage ihrer Unterstellung unter die Liquidation deutscher Vermögenswerte im Rahmen der Durchführung des Washingtoner Abkommens vgl. das Exposé der SVS vom 26. April 1948, E 7110(-)1967/32/885.Zu den Wirtschaftsverhandlungen mit den Besatzungszonen in Deutschland im allgemeinen vgl. auch E 2001(E) -/1/339 –340 sowie E 2001(E)1967/113/614 –615.↩
- 7
- Zum Schiedsverfahren zwischen den französischen Besatzungsbehörden und der Lonza AG über die Sonderstellung des Rheinkraftwerkes vgl. BR-Prot. Nr. 2879 vom 15. Dezember 1947, E 1004.1(-)-/1/488.Vgl. auch E 7110(-)1967/32/885.↩
- 8
- Vgl. E 2001(E)1968/78/418 und E 2001(E)1967/113/648; vgl. auch die Notiz von J. Hotz an R. Rubattel vom 19. Oktober 1948, E 2200.37(-)1967/51/8 (dodis.ch/4863).↩
- 9
- Vgl. Avenant au Protocole du 22 novembre 1945 concernant l’échange des marchandises et services et le règlement des paiements entre la zone frontalière allemande et la Suisse vom 20. Februar 1946, E 2001(E)1968/78/418, und BR-Prot. Nr. 584 vom 1. März 1946, E 1004.1(-)-/1/467 (dodis.ch/5660).↩
- 10
- Die in Baden-Baden laufenden Verhandlungen führten am 8. Juli 1948 zum Zusatzprotokoll betreffend den Waren- und Zahlungsverkehr mit der französischen Zone in Deutschland, vgl. K I/1001 (dodis.ch/2402). Das Zusatzprotokoll wurde nicht in der Amtlichen Sammlung publiziert.↩
- 11
- Vgl. die Notiz von K. Vannini vom 8. Juni 1948 über die interne Besprechung vom 4. Juni 1948 betreffend die Aufnahme von Besprechungen mit den französischen Besetzungsbehörden, E 2001(E)-/1/340.↩
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