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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 6, doc. 270
volume linkBern 1981
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11056* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 264 | |
Titre du dossier | Beschlussprotokoll(-e) 09.02.-09.02.1917 (1917–1917) |
dodis.ch/43545
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 9 février 19171
329. Antwort-Note an Deutschland betreffend die Blockade
Procès-verbal de la séance du 9 février 19171
Der Herr Vorsteher des Politischen Departementes legt den Entwurf zu einer Antwort auf die deutsche Note vom 31. Januar2 über den verschärften Unterseeboot-Krieg zur Genehmigung vor.
Herr Bundesrat Motta äussert gegenüber der vom Politischen Departemente in seinem Entwürfe vertretenen Auffassung seine Bedenken. Diese sind bei ihm durch den Vergleich mit der in der spanischen, denselben Gegenstand behandelnden Note vertretenen Beurteilung des deutschen Vorgehens bestärkt worden. Spanien bestreitet augenscheinlich und grundsätzlich die Zulässigkeit des deutschen Verfahrens, an Stelle des Aufbringens der in das Sperrgebiet eindringenden Schiffe deren Zerstörung zu setzen, währenddem das Politische Departement, wenn auch nicht ausdrücklich, doch sinngemäss die Zulässigkeit des angegebenen Verfahrens zugibt.
Bessere Belehrung Vorbehalten, würde er es vorziehen, die Fassung der Note so zu wählen, dass diese Frage offengelassen würde.
Redaktionell wünscht Herr Bundesrat Motta, dass die eingelegte Verwahrung nachdrücklicher und feierlicher gestaltet würde.
Herr Bundesrat Hoffmann vertritt die Auffassung der Note.
An und für sich ist die verkündigte Blockade zulässig. Sie dürfte auch, wenn die Aktionsradien für eine entsprechende Zahl von Unterseebooten berechnet werden, praktisch durchführbar sein. Richtig ist, dass der Blockade-Macht vor allem das Aufbringen der in das Sperrgebiet dringenden Schiffe und nicht ihre Zerstörung einzuräumen ist. Immerhin ist, wenn das Aufbringen oder Einbringen des angehaltenen Schiffes für den Einbringenden mit Gefahr verbunden ist, die Beurteilung wiederum eine andere.
Mit Sicherheit ist soviel zu sagen: einmal, dass die Blockade, was allerdings eine reine Tatsachenfrage ist, eine effektive sein muss, gegenteiligenfalls die Vorkehrung mit ihren Folgen wie tatsächlich so auch rechtlich gegenstandslos wird; und zweitens, dass jedenfalls gegen die Blockade nichts einzuwenden ist, wenn sie mit Schonung für die Bemannung und Personen überhaupt durchgeführt wird, wenn also z.B. vor der Zerstörung des Schiffes Warnung erfolgt und Rettung von Bemannung und Personen ermöglicht wird.
Die spanische Note krankt nach der Auffassung von Herrn Bundesrat Hoffmann daran, dass sie, ohne dass hiefür die nötige Voraussetzung gegeben wäre, von vornherein annimmt, Deutschland werde ohne weiteres ein gegenteiliges Verfahren befolgen.
Was die redaktionelle Anregung des Herrn Bundesrat Motta anbetrifft, so erscheint es ihm als etwas weitgehend, von einer «feierlichen» Verwarnung zu reden.
Herr Bundespräsident Schulthess bemerkt, dass eine wirklich und vollständig durchgeführte Blockade praktisch schwerlich Vorkommen werde, da es immer Schiffe geben werde, die die Blockade werden brechen und werden durchschlüpfen können. Es ist dies eine Tatsachenfrage, über die im einzelnen vorkommenden Falle unter Umständen schwer eine Einigung werde erzielt werden können.
Eigenartig muss es berühren, wenn man feststellen muss, dass, je effektiver die Blockade ist, desto umfangreicher die Rechte der Blockade-Macht sind. Je effektiver die Blockade sein wird, um so grösser wird der Schaden der Neutralen sein, aber um so sicherer auch die Rechte Deutschlands gegenüber den Neutralen. Das lässt sich, wie die Verhältnisse liegen, nicht ändern.
Herr Bundesrat Calonder schlägt vor, den Satz: «insbesondere für den Fall, dass die tatsächliche Durchführung der Sperre sich als unvollständig erweisen sollte» zu streichen.
Die Tatsache, eine Blockade mit Tauchbooten durchzuführen, ist zum ersten Male eingetreten. Die Überwasser-Blockade ging von ganz ändern tatsächlichen Verhältnissen aus und musste daher zur Aufstellung von Grundsätzen führen, die sich auf die Ordnung der veränderten Kriegführung mit den Unterseebooten nicht gut übertragen lassen. Die Frage, ob und inwieweit man das angekündigte Verfahren im Seekriege als völkerrechtlich zulässig anerkennen soll, erscheint ihm nicht abgeklärt, was die Streichung des Satzes, wie beantragt, rechtfertigen würde.
Herr Bundesrat Forrer steht auf demselben Boden und unterstützt die Anregung.
Herr Bundesrat Müller befürchtet, es werde durch den Zwischensatz: «und insbesondere für den Fall usw.» der Inhalt des Vordersatzes unnötigerweise abgeschwächt, weshalb er eine andere Redaktion anregen möchte. Er spricht sich gegen eine Verschärfung der Verwahrung aus, da ihm Masshalten richtiger erscheint.
Herr Bundesrat Hoffmann hält an der Auffassung des Entwurfes fest, weil er in seinem Zusammenhang den geltenden Grundsätzen des Völkerrechts entspreche und für allfällige Rechtsansprüche eine praktische Basis abgebe.
In der Abstimmung wird mit Mehrheit gegen zwei Stimmen, die sich, Redaktion Vorbehalten, für Streichung des Satzes («insbesondere für den Fall usw.») gemäss Antrag des Herrn Bundesrat Calonder aussprechen, dem Entwürfe des Politischen Departementes der Vorzug gegeben.
Ohne Widerspruch wird der Protest als «nachdrücklich» bezeichnet und das Wort «insbesondere» durch «vorab» ersetzt.
Im übrigen wird die Note in folgender Fassung endgültig genehmigt:
«Mit Note vom 31. Januar haben Eure Exzellenz im Aufträge der Kaiserlichen Regierung in einlässlicher Weise die Gründe auseinandergesetzt, welche sie zu der Entschliessung führten, alle Beschränkungen fallenzulassen, die sie sich vordem in der Verwendung ihrer Kampfmittel zur See auferlegt habe. In der beigegebenen Denkschrift, auf welche die Note wegen der Einzelheiten der geplanten Kriegsmassregeln zur See Bezug nimmt, wird erklärt, dass vom 1. Februar 1917 an in bestimmt umgrenzten Sperrgebieten um Grossbritannien, Frankreich und Italien herum jedem Seeverkehr ohne weiteres mit allen Waffen entgegengetreten werden und dass neutrale Schiffe, die die Sperrgebiete befahren, dies auf eigene Gefahr tun. Wenn auch Vorsorge getroffen sei, dass neutrale Schiffe, die am 1. Februar auf der Fahrt nach Häfen der Sperrgebiete waren, während einer angemessenen Frist geschont werden, so sei doch dringend anzuraten, dass sie mit allen verfügbaren Mitteln gewarnt und umgeleitet werden. Neutrale Schiffe, die in Häfen der Sperrgebiete liegen, können mit gleicher Sicherheit die Sperrgebiete noch verlassen, wenn sie vor dem 5. Februar auslaufen und den kürzesten Weg in freies Gebiet nehmen.
Es konnte der Kaiserlichen Regierung nicht entgehen, dass durch diese in der Denkschrift aufgeführten Massnahmen ein schwerer Eingriff in das der Schweiz als neutralem Staate nach den Grundsätzen des Völkerrechts zustehende Recht des friedlichen Handels begangen wird. In der Tat bedeutet die Blockade fast aller für die Benutzung durch die Schweiz in Betracht fallenden Häfen eine ernste Gefährdung unserer Lebensmittel- und Rohstoffversorgung und unseres überseeischen Exportes. Auch wenn durch freundschaftliche Verständigung mit der französischen Regierung die Benützung des Hafens von Cette, der ausserhalb der blockierten Zone liegt, ermöglicht wird, sind die Seetransporte in einer Weise eingeschränkt, dass unserer Volkswirtschaft die empfindlichsten Schädigungen zugefügt werden.
Die von der deutschen Regierung verhängte Seesperre folgt auf eine ganze Reihe von Massnahmen, durch die im Laufe des Krieges von beiden kriegführenden Teilen in Widerspruch zu völkerrechtlichen und vertraglichen Normen unsere wirtschaftliche Bewegungsfreiheit bereits eingeengt worden ist und gegen welche wir vergebens unsere Stimme erhoben haben. Die Sperre ist unter diesen Umständen nur um so drückender und folgenschwerer.
Der Bundesrat sieht sich daher gezwungen, gegen die von der Kaiserlichen Regierung angekündigte Blockade und deren Durchführung, soweit dadurch nach den gemeingültigen Grundsätzen des Völkerrechtes Rechte der Neutralen verletzt werden, nachdrücklich Protest und Rechtsverwahrung einzulegen und vorab für den Fall, dass die tatsächliche Durchführung der Sperre sich als unvollständig erweisen sollte, alle Rechte vorzubehalten, wenn durch die von Deutschland und seinen Verbündeten angewandten Mittel schweizerische Staatsangehörige und schweizerische Ladung der Vernichtung preisgegeben werden sollte.
Der Bundesrat zweifelt im übrigen nicht daran, dass die deutsche Reichsregierung alles tun wird, um den für die Sicherheit der schweizerischen Staatsangehörigen und für das wirtschaftliche Leben der Schweiz aus der Blockade sich ergebenden schwierigen Folgen nach Möglichkeit vorzubeugen.
Eine gleichlautende Note ist der K.u.K. Österreichisch-Ungarischen Regierung zugestellt worden.»
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