Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 247
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E7350#1000/1104#157* | |
Dossier title | Verhandlungen mit dem Ausland betr. Kohlenlieferungen in die Schweiz: Deutschland, England, Belgien und Frankreich (1914–1918) | |
File reference archive | 5.3.05 |
dodis.ch/43522
Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich heute den Besuch des Herrn von Romberg hatte, welcher mir mitteilte, dass seine Reise nach Berlin zum Teil durch die Schwierigkeiten veranlasst worden sei, welche den verabredeten Lieferungen von Kohlen, Stahl und Eisen entgegenstehen. Deutschland habe ihre Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben, die Ausfuhr gewisser Quantitäten zu gestatten, und habe die Lieferanten angewiesen, die betreffenden Lieferungen den Militärlieferungen gleichzustellen. Allein, mit bestem Willen seien Kohlen und Eisen in benötigtem Umfang nicht zu beschaffen. Militärische Verhältnisse der letzten Monate hätten einen nicht vorgesehenen Verbrauch zur Folge gehabt, so dass manche deutsche Fabriken ihren Betrieb verringern oder ganz einstellen müssen, auch für den Heeresbedarf. Er könne die bestimmte Versicherung abgeben, dass die
Reichsregierung gerne die Ausfuhr von grossen Mengen dieser Erzeugnisse gestatten würde, die es im September in Aussicht gestellt hat. Wenn sie es nicht tut und die verabredeten Quantitäten nicht zur Verfügung stellte, so sei dies lediglich diesen Umständen zuzuschreiben. Die deutsche Regierung liefert gerne an die
Schweiz und sie habe den Beweis dafür erbracht, dass sie grosse Quantitäten Kartoffeln nach der Schweiz liefern liess, und zwar zu einer Zeit, wo in Deutschland
die Kartoffelernte missraten war. Mit Bezug auf Eisen und Stahl würde sie mit gleicher Bereitwilligkeit dasselbe tun, wäre es ihr möglich. Manche schweizerische
Industrielle in der Schweiz verstehen noch nicht, dass Deutschland im Kriege sei,
dass ausserordentliche vitale Interessen, welche oft von Tag zu Tag ändern, befriedigt werden müssen und die Grenze des Möglichen einengen.
Ich erinnerte aber, dass manche Lieferungen fertig sogar an der Grenze liegen,
was den Unmut der Interessenten errege. Herr von Romberg erwiderte hierauf,
dass einzelne Fälle gleich benutzt werden, um in übertriebener Weise zu exemplifizieren; er würde dankbar sein, wollte man ihm die einzelnen Fälle mitteilen, damit dieselben sofort untersucht würden.
Jedenfalls sei die Reichsregierung geneigt, den Wünschen der Schweiz möglichst gerecht zu werden, allein die Notwendigkeit des Krieges sei derart, dass
Einschränkungen sowohl im In- als dem Ausland gegenüber nicht zu vermeiden seien, und es dürfe nicht angenommen werden, dass deutscherseits die Lieferwerke mit Instruktionen nicht versehen worden seien, oder gar dass übernommene
Verpflichtungen willentlich verletzt worden seien.
Wie Sie sehen, Herr Bundesrat, die in der liebenswürdigen Weise vorgetragenen
Mitteilungen des Herrn von Romberg sind im Wesentlichen eine Paraphrase des
Inhaltes der Note des Auswärtigen Amtes, von welcher ich Ihnen mit Schreiben vom 21. d.M.2 Kenntnis gegeben habe. Ob der Zweck seines Besuches etwa der war, uns auf weitere Beschränkungen der bewilligten Lieferungen vorzubereiten,
glaube ich eher nicht, da er wiederholt von den Schritten sprach, die er hier bei den zuständigen Amtsstellen getan, um etwas mehr für unseren Bedarf zu erlangen. Sie werden Herrn von Romberg wohl bald Wiedersehen, da er morgen abend direkt nach Bern reist.
- 1
- Lettre: EVD Zentrale 1914-1918/56 + 57. Paraphe: KW. Remarque manuscrite du DPF en tête du document: Konfidentiell an N. R. Schmidheiny, Dr. Locher und N.R. Hirter Abschriften übermittelt.↩
- 2
- Non reproduit.↩
Tags
Economic and financial negotiations with the Central Powers (World War I)