Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 6, doc. 199
volume linkBern 1981
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2001B#1000/1501#3291* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 95 | |
Titolo dossier | Wirtschaftsabkommen mit der Entente und Deutschland in den Jahren 1916-1917, I (1915–1916) | |
Riferimento archivio | C.21.51 |
dodis.ch/43474
La Légation de Suisse à Berlin au Chef de la Division du Commerce du Département politique, A. Eichmann1
Im Verlaufe der gestrigen Unterredungen im Auswärtigen Amt kam die Sprache auf die bisher erfolglose Tätigkeit der Pariser Delegation. Legationsrat Schmitt gab seiner Meinung Ausdruck, dass die Unterhandlungen resultatlos verlaufen dürften. Er erklärte, dass dann auch von deutscher Seite die Angelegenheit einschlafen würde. Auf mein Ersuchen, sich näher darüber zu erklären, führte er aus, in der Schweiz sei wohl die Meinung vertreten, Deutschland schliesse von einem Tag auf den ändern die Grenze. Dem sei nicht so, vielmehr höre die Zufuhr nach der Schweiz sukzessive mit der Zufuhr von Gegenlieferungen auf. Wenn für etwas Kompensation geleistet werden könne, werde die Ausfuhr bewilligt; schliesslich erhalte diese und jene Firma nichts mehr, weil man vorteilhafter gegen Kompensationen die Ware nach Skandinavien oder Rumänien geben könne, und so stocke nach und nach die ganze Versorgung. Ich bemerkte, dass allem Anscheine nach Deutschland diese Einschläferungspolitik schon seit letztem Herbst betreibe, denn es lägen noch Ausfuhrbewilligungsanträge seit 4, 5 und 6 Monaten und noch länger vor, die einfach nie ihre Erledigung fanden. Legationsrat Schmitt bemerkte, das sei zum Teil darauf zurückzuführen, dass, kaum sei die S.S.S. unter Dach gewesen, die Ausfuhr von Baumwollgarn etc. aus der Schweiz unter dem Drucke der Entente mit der Begründung der «infolge der Kriegslage eingetretenen Veränderungen» aufgehört habe. Ich unterliess nicht, zu bemerken, dass auch Deutschland mit der Motivierung «der durch die Kriegslage eingetretenen Veränderungen» die Ausfuhr bald für diesen oder jenen Artikel entweder ganz aufgehoben oder im Interesse der schlechten Valuta (auch als einer durch den Krieg mitgebrachten Erscheinung) von der Bezahlung höherer Preise weiterhin abhängig gemacht habe.
Wenn übrigens Schmitt als Grund der Verzögerung die Kompliziertheit der einzelnen Fälle, die Rücksichtsnahme auf die Inlandsversorgung, Verwendung zu Heereszwecken, Valutapolitik etc. als einen Komplex der durch die Kriegslage geschaffenen ausserordentlichen Umstände hinstelle, so dürfe anderseits die Schweiz die angeblich durch die S.S.S.-Kommission entstehenden Verzögerungen ebenfalls als aus der Kompliziertheit der sie tangierenden Verhältnisse herausgewachsen berücksichtigt verlangen.
Schliesslich bemerkte Schmitt, die Schweiz könnte überhaupt gegenüber der Entente ganz energisch auftreten und die S.S.S. aufheben, wie die Niederlande dies Grossbritannien gegenüber zu tun gedroht hatten. Ich erwiderte hierauf nur, dass unsere Interessen nicht auf einer Seite lägen und auch nicht in allen Beziehungen mit denen Hollands identisch seien.
Es ist dies das zweitemal, dass mehr oder weniger indirekt darauf angespielt worden ist, die Schweiz solle zu den Zentralmächten halten. Das erstemal, als Dr. Diethelm noch hier weilte und wir Leutnant Henneberg gegenüber betonten, die Entente liefere uns die Nahrung, sagte Henneberg mit scharfer Betonung: «Wir sind nun ebenfalls in der Lage, der Schweiz, wenn die Umstände es erfordern, alles Getreide, dessen sie bedarf, zur Verfügung zu stellen und ihr alles nötige Kupfer zu liefern.»
Um auf die Aussagen Schmitts betreffend das allmähliche Einschlafen der Ausfuhr nach der Schweiz zurückzukommen, so möchte ich in vielen Fällen in der Tat diese Erscheinung bereits beobachtet haben. Dieses Hinhalten, diese Ungewissheit für den schweizerischen Besteller, ob er die Ausfuhrbewilligung bekomme oder nicht, das zeitweilige Aussetzen der Erteilung von Bewilligungen, mag seine Ursache bald in valutapolitischen Absichten, um durch Entblössung der Schweiz von gewissen Waren, höhere Preise zu fordern, bald in Kompensationsforderungen, bald aber auch, wie der neueste durch das Zensurtelegramm des Vertreters der deutschen Glasindustrie bekanntgewordene Fall zeigt, in der deutschen Industrieschutzpolitik haben. Da alle diese Tendenzen gleichzeitig zur Geltung gelangen, ist es oft sehr schwer, ja unmöglich, im einzelnen Fall das Motiv der Ausfuhrverweigerung oder Verzögerung zu erkennen. Ich bin geneigt, die zum Teil gemeldete Sperre - ich schliesse dies aus den in Frage kommenden Artikeln - einer valutapolitischen Absicht zuzuschreiben, die durch die Meinung, es handle sich um einen indirekten Druck auf die Entente, der ja zweifellos auch zugleich beabsichtigt ist, verschleiert werden soll. So offen wie bei der Stabeisenangelegenheit wird wohl nicht ein zweites Mal vorgegangen werden; jener Fall wirkte in seiner Offenheit allzu brutal; zudem liegt in Zukunft die Sache ja insofern leichter, als es sich um Artikel handelt, die bereits einem Ausfuhrverbote unterworfen sind.
Ich wollte nicht ermangeln, bei dieser Gelegenheit Ihnen meine zuletzt geschilderten Eindrücke mitzuteilen. Meines Erachtens sollten wir, um diesen Tendenzen unter der Oberfläche ihre Wirksamkeit möglichst zu nehmen, bei allfälligen Verhandlungen auf Grund eines günstigeren Resultates der Pariser Delegation unbedingt auf grösserer Raschheit der Erledigung und genauerer Angabe der Gründe von Verzögerungen oder Ablehnung bestehen. Wenn auch ein praktischer Erfolg kaum anzunehmen ist, so darf doch durch unser Verlangen zum mindesten unsere Missbilligung oder unser Misstrauen in die Loyalität derartiger Verzögerungen zum Ausdruck gebracht werden.
- 1
- Lettre: E 2001 (B) 1,95. Deutsche Note. Le document est signé Haefliger.↩
Tags
Negoziati economici e finanziari con gli Imperi centrali (Prima Guerra mondiale)