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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 366
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001A#1000/45#2* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(A)1000/45 1 | |
Dossier title | Nr. 2. Rundfrage betr. die Behandlung der auswärtigen Angelegenheiten durch die verschiedenen Departemente (1912–1913) | |
File reference archive | A.1 |
dodis.ch/43221
Durch Beschluss des Bundesrates vom 26. November 1912 sind die schweizerischen Departemente, Gesandtschaften und Berufsgeneralkonsulate eingeladen worden, dem Politischen Departement eine Aufstellung der wichtigeren ihnen zur Behandlung vorliegenden Geschäfte, welche die Beziehungen der Schweiz zum Auslande beeinflussen können, einzureichen.
Departemente, Gesandtschaften und Generalkonsulate sind dieser Aufforderung nachgekommen, und in Nachachtung einer weiteren Verfügung des Bundesrates beehrt sich das Politische Departement, über die Angelegenheit hiernach zu referieren, indem es die ihm zugegangenen Verzeichnisse im Wesentlichen und von kurzen Bemerkungen begleitet wiedergibt.
I. Departement des Innern.
1. Abschluss einer neuen Übereinkunft betreffend die Schutzmassregeln gegen die Pest und die Cholera im Januar 1912.
Über den Gang der am 6. November 1911 in Paris zusammengetretenen Konferenz wurde das Politische Departement in keiner Weise unterrichtet. Desgleichen blieb ihm der durch die Konferenz ausgearbeitete Entwurf zu einem Übereinkommen unbekannt. Durch Auszüge aus dem Protokoll der Sitzungen des Bundesrates vom 5. und 9. Januar 1912 erhielt das Politische Departement einfach davon Kenntnis, dass der schweizerische Gesandte in Paris ermächtigt sei, den Entwurf unter Ratifikationsvorbehalt zu unterzeichnen.
2. Wasserkraftanlage an der Rhone bei Pougny-Chancy (Kanton Genf).
Eine am 28. Juni 1912 in Genf versammelte internat, schweizerisch-französische Kommission hat zur Regelung der Angelegenheit den Entwurf einer Vereinbarung aufgestellt. Letzterer wurde dem Politischen Departement zur Vernehmlassung mitgeteilt.
3. Korrektion der Rhone bei Pougny.
Am 15. und 16. Februar 1912 hat diesbezüglich in Genf eine internationale Konferenz stattgefunden, an welcher Vertreter der Eidgenossenschaft und des Kantons Genf mit den französischen Delegierten verhandelten. Die Beschlüsse jener Konferenz über die vorzunehmenden Arbeiten und die Kostenverteilung zwischen Frankreich und der Schweiz hat der Bundesrat am 23. April genehmigt. Das Politische Departement ist in der Sache nicht begrüsst worden. Es ist dies in sofern ohne Belang, als diese Angelegenheit rein technischer Art ist.
4. Wasserkraftanlagen am Doubs an der Grenze der Kantone Bern und Neuenburg.
Seit kurzem erst arbeiten das Politische Departement und das Departement des Innern in dieser Sache Hand in Hand. Von 1907 bis September 1912 behandelten die beiden Departemente, ohne irgendwelche Fühlung mit einander zu haben, zwei analoge Angelegenheiten: das Departement des Innern, die Frage der Anlage von Wasserwerken am Doubs, da wo dieser Fluss die Grenze zwischen Frankreich und dem Kanton Neuenburg bildet, das Politische Departement, gewisse aus der Anlage des Refrain-Kraftwerkes am französisch-bernischen Doubs entstehende Fragen. Erstere Angelegenheit hatte sogar im Jahre 1909 zur Aufstellung eines Konventionsentwurfes durch eine schweizerischfranzösische Kommission geführt, zwar ohne dass derselbe bis anhin von den beiden Regierungen gutgeheissen worden wäre. Es besteht dermalen die Absicht, die beiden erwähnten Angelegenheiten, gegebenenfalls noch andere der gleichen Art miteinander zu verknüpfen, um sie in Verhandlungen mit Frankreich einer möglichst einheitlichen Lösung entgegenzuführen.
5. Regelung der Wasserstände des Luganersees.
Eine schweizerisch-italienische Kommission befasste sich im vorigen September in Lugano mit dieser Sache. Über ihre Arbeiten ist dem Politischen Departement keinerlei Mitteilung zugegangen.
6. Regelung der Wasserstände des Langensees.
Dem Politischen Departement ist vom derzeitigen Stande der Angelegenheit nichts bekannt.
7. Förderung der Rheinschiffahrt.
Dem politischen Departement wurde Gelegenheit gegeben, die Entwicklung dieser Angelegenheit zu verfolgen.
8. Fischerei im Bodensee.
Diese Frage ist dem Politischen Departement sowohl als dem Justiz- und Polizeidepartement zur Mitbehandlung überwiesen worden.
9. Internationale Rheinregulierung von der Illmündung bis zum Bodensee.
In dieser wichtigen Angelegenheit, welche die Beziehungen der Schweiz zu Österreich zu beeinflussen vermag, wurde und wird jetzt noch das Politische Departement nicht auf dem Laufenden erhalten.
10. Regulierung der Wasserstände des Bodensees.
Das Departement des Innern behandelt diese Angelegenheit, die zur Vereinigung einer internationalen Konferenz geführt hat, ohne Beiziehung des Politischen Departements.
11. Justiz- und Polizeidepartement.
1. Vereinheitlichung des Wechsel- und Checkrechts.
Die Instruktion der schweizerischen Delegierten an der internationalen Wechselrechtskonferenz im Haag erfolgte ausschliesslich durch das Justiz- und Polizeidepartement. Der einzige Antrag, den das Politische Departement dem Bundesrate zu unterbreiten Gelegenheit hatte, betraf den Vorschlag der deutschen Delegation hinsichtlich der Errichtung eines internationalen Gerichtshofes zur Wahrung des Wechselrechts.
2. Haager Vormundschaftskonvention über Minderjährige.
Die aufgeworfene, wichtige Frage der Kündigung dieser Übereinkunft wurde ohne Herbeiziehung des Politischen Departements geprüft.
3. Vereinfachung des Geschäftsverkehrs zwischen schweizerischen und deutschen Vormundschaftsbehörden.
Dem Politischen Departement ist hierüber nichts bekannt.
4. Von Russland vorgeschlagene Übereinkunft zur Ordnung der Verlassenschaften.
Das Politische Departement ist zur Abgabe eines Mitberichtes eingeladen worden.
5. Vereinbarung eines Auslieferungsvertrages mit Uruguay.
Diese Angelegenheit wird vom Justiz- und Polizeidepartement allein behandelt.
6. Niederlassungsvertrag mit Deutschland.
Es ist zur Genüge bekannt, dass das Politische Departement anlässlich der Verhandlungen zum Abschluss des Vertrages in keiner Weise begrüsst wurde.
Zur Zeit sollen Unterhandlungen mit Deutschland im Gange sein wegen der Kontroversen und Friktionen, zu denen die Vollziehung des Vertrages Anlass gibt. Das Politische Departement wusste von diesen Unterhandlungen rein nichts, trotzdem anfangs Oktober 1912 eine Konferenz stattfand, an der auch das deutsche Auswärtige Amt vertreten war.
7. Verhandlungen mit Italien über die unentgeltliche Verpflegung von unbemittelten Kranken werden vom Justiz- und Polizeidepartement gepflogen, ohne irgend welche Information an das Politische Departement.
8. Seit Jahren schweben mit Frankreich Unterhandlungen über den Abschluss einer «Convention d’assistance». Das Politische Departement ist nicht auf dem Laufenden erhalten worden, obwohl es die Sache bei der französischen Botschaft unterstützen sollte.
9. Pariser Konferenz betreffend Ausländer-Armenpflege vom November 1912. Die an die schweizerischen Delegierten zu erteilenden Instruktionen wurden vom Bundesrate auf die alleinigen Vorschläge des Justiz- und Polizeidepartements festgelegt.
10. Errichtung eines internationalen Amtes für Kinderschutz.
Durch Zustellung eines Auszuges aus dem Protokoll des Bundesrates vom 31. Dezember 1912 ist das Politische Departement über den Stand der Angelegenheit unterrichtet. Die diesfälligen, ziemlich delikaten Verhandlungen mit Belgien hat aber das Justiz- und Polizeidepartement allein geführt.
11. Schweizerisch-französische Erklärung über direkte Übermittlung von Requisitionen.
Diese Vereinbarung kam am 1. Februar abhin zu Stande, ohne dass das Justizund Polizeidepartement in der Sache mit dem Politischen Departement Fühlung genommen hätte. Auch der schweizerischen Gesandtschaft in Paris wurde keine Gelegenheit gegeben, sich vernehmen zu lassen.
12. Abschluss eines Auslieferungsvertrages mit Brasilien.
Das Politische Departement ist nicht auf dem Laufenden.
III. Das Militär département pflegt nur durch Vermittlung des Politischen Departements oder des Bundesrates mit den schweizerischen Vertretungen im Auslande sowohl als mit den ausländischen Vertretungen in der Schweiz zu verkehren.
IV. Das gleiche dürfte vom Finanzdepartement gelten, das dem Politischen Departement in Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 26. November 1912 keine Mitteilung hat zukommen lassen.
In letzter Zeit insbesondere hat das Finanzdepartement das Politische Departement wiederholt um seine Mitwirkung angegangen bezüglich der Auswechslung und Beschaffung von Silberscheidemünzen.
V. Zolldepartement.
1. Erstellung einer Zufahrtsstrasse zum italienischen Zollhause in Ponte Chiasso.
2. Internationaler Bahnhof in Vallorbe.
3. Internationales Abkommen betreffend Zolldienst auf internationalen Bahnhöfen.
4. Internationale Konferenzen für Zollwesen und Handelsstatistik in Paris und Brüssel.
Alle diese Angelegenheiten wurden im Verein mit dem Politischen Departement geprüft und behandelt.
VI. Handels département.
1. Internationale Saccharinkonferenz in Paris.
Über die Verhandlungen der beiden Saccharinkonferenzen in Paris von 1909 und 1913 wurde das Politische Departement nicht auf dem Laufenden erhalten, obwohl dieselben für uns in internationaler Hinsicht insofern von einer gewissen Bedeutung waren, als die Schweiz dabei eine Sonderstellung einnahm.
2. Weltausstellung in San Francisco 1915.
Über diese Angelegenheit und die damit verbundene Frage der Revision der amerikanischen Gesetzgebung über den Schutz der gewerblichen Muster und Modelle wird das Politische Departement durch die Überlassung von Abschriften der von den Gesandtschaften in Paris und Washington an das Handelsdepartement erstatteten Berichte teilweise auf dem Laufenden erhalten.
3. Anstand mit Frankreich betreffend die separate Verzollung der nahtlosen Röhren und Rohrschlangen in elektrischen Transformatoren und Kältemaschinen.
Das politische Departement erhielt von diesem seit 1910 pendenten Anstande erst im vorigen September Kenntnis, als es eingeladen wurde, sich an einer Konferenz zur Besprechung des weitern Vorgehens vertreten zu lassen. Über den dermaligen Stand dieser Angelegenheit ist das Politische Departement nicht mehr unterrichtet, indem das Handelsdepartement direkt mit der schweizerischen Gesandtschaft in Paris verkehrt.
Hier mag auch erwähnt werden, dass das Politische Departement über den nunmehr durch Schiedsspruch erledigten Anstand mit Frankreich betreffend Verzollung von Dampfturbinen in keiner Weise orientiert wurde, so dass in einer Konferenz zwischen dem Bundespräsidenten und dem schweizerischen Schiedsrichter, Herrn Prof. Borei, beinahe ein «faux pas» beschlossen worden wäre.
4. Transit von nach der Schweiz bestimmtem argentinischem Gefrierfleisch durch Österreich und Ungarn.
Diese seit 1911 hängige Frage wurde kürzlich mit derjenigen der Bewilligung des Transites französischen Schlachtviehes durch die Schweiz nach Österreich verquickt. Weder im ersten noch im jetzigen Stadium der Angelegenheit wurde das Politische Departement begrüsst, wiewohl der Österreichisch-ungarischen Regierung eine Verletzung unseres Handelsvertrages vorgeworfen wurde, wogegen sich jene Regierung verwahrte.
5. Vereinbarung mit Österreich-Ungarn betreffend das schiedsgerichtliche Verfahren bei Zollstreitigkeiten.
Die diesbezüglichen Verhandlungen wurden seit 1907 ohne die Mitwirkung des Politischen Departements weitergeführt. Indessen stellt das Handelsdepartement baldige Mitteilungen ans Politische Departement in Aussicht.
6. Rücktritt britischer Kolonien vom Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Grossbritannien vom Jahre 1855.
Das Politische Departement ist auf dem Laufenden.
7. Analyse des Käses bei der Einfuhr in Argentinien.
Diese Angelegenheit, die unter Umständen mit der Einfuhr des argentinischen Gefrierfleisches in die Schweiz in Zusammenhang gebracht werden soll, wird in direkter Korrespondenz zwischen dem Handelsdepartement und der schweizerischen Gesandtschaft in Buenos-Aires, ohne Beteiligung des Politischen Departements, behandelt.
VII. Post- und Eisenbahndepartement.
a. Postabteilung.
1. Überlassung von Diensträumen im badischen Bahnhof in Basel an die schweizerische Postverwaltung.
Die dermaligen Unterhandlungen zwischen der schweizerischen Postverwaltung und den badischen Staatsbahnen werden im Einverständnis und auf Grund der Vorschläge des Politischen Departements geführt.
2. Einige andere hängige Fragen, welche in den Geschäftskreis der Postabteilung fallen, werden direkt zwischen den beteiligten schweizerischen und ausländischen Verwaltungsstellen erörtert.
b. Eisenbahnabteilung.
1. Ostalpenbahn. Das Politische Departement ist nicht auf dem Laufenden.
2. Randenbahn. Das Politische Departement ist nicht auf dem Laufenden.
3. Ofenbergbahn. Das Politische Departement ist nicht auf dem Laufenden.
4. Bergellerbahn. Das Politische Departement hat nur durch Protokollauszug von der Angelegenheit Kenntnis.
5. Rückkauf des Genfer-Bahnhofes und der Linie Genf-La Plaine.
Das Politische Departement ist auf dem Laufenden.
6. Internationaler Bahnhof in Vallorbe.
Die nunmehr der französischen Regierung mitgeteilten Entwürfe von Verträgen über den Post-, Zoll-, Telegraphen-, Telephon-, Sanitäts- und Viehseuchenpolizeidienst im Bahnhof Vallorbe waren dem Politischen Departement zur Vernehmlassung unterbreitet worden.
7. Locarno-Domodossola-Bahn und Locarno-Fontotoce-Bahn.
Das Politische Departement hatte bisher keine Gelegenheit, sich mit diesen Projekten zu befassen.
8. Elektrische Schmalspurbahn Nyon-St. Cergues-Morez.
Das Eisenbahndepartement korrespondiert in Sachen direkt mit der schweizerischen Gesandtschaft in Paris.
9. Übereinkunft mit Italien betreffend die Schiffahrt auf dem Luganersee und dem Langensee.
Es wurde die Mitwirkung des Politischen Departements in Anspruch genommen.
10. Gotthardvertrag.
In jüngster Zeit hatte das Politische Departement verschiedentlich zu intervenieren, währenddem es, wie bekannt, an den Verhandlungen unbeteiligt blieb.
11. Brotversorgung der Schweiz.
Dem Politischen Departement wird Gelegenheit gegeben, sich bei diesfälligen Besprechungen vertreten zu lassen.
12. Internationales Übereinkommen über den Personen- und Gepäckverkehr.
Die pendente Frage der Gleichwertigkeit des deutschen und des französischen Textes wird vom Politischen Departement im Verein mit dem Eisenbahndepartement behandelt.
13. Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr - Anlage I.
Über die Form, in welcher die Vereinbarung hinsichtlich einer neuen Anlage I getroffen werden soll, ist das Politische Departement kürzlich zum Mitbericht eingeladen worden.
Die von den schweizerischen Gesandtschaften und Generalkonsulaten in Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 26. November abhin erstatteten Berichte enthielten keine neuen Angaben über pendente internationale Angelegenheiten, sondern bestätigten lediglich die Ausführungen der Departementsberichte.
Es mag beigefügt werden, dass allerdings die jährlichen Geschäftsberichte der Gesandtschaften über manche mit dem betreffenden Staate geführte Verhandlung Aufschluss geben; da es sich aber meistens um Rückblicke auf bereits erledigte Fragen handelt, sind diese Erläuterungen nicht geeignet, ein Eingreifen des Politischen Departements zu gestatten.
Da die Vorlage betreffend die Organisation der Bundesverwaltung bereits festgelegt ist, beschränken wir uns darauf, den Antrag zu stellen, es sei vom vorliegenden Berichte im Protokoll Vormerk zu nehmen.
- 1
- E 2001 (A), Archiv-Nr. 2.↩
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